Die dreiwöchige Hausbesetzung ist zu Ende

«Gundula» ist jetzt obdachlos

Die Villa an der Luzerner Obergrundstrasse ist wieder unbewohnt.

(Bild: jav)

Die Deadline ist abgelaufen – die Gruppe «Gundula» musste die Villa an der Obergrundstrasse am Samstagmittag räumen. Nach «geräumt» sieht es aber nicht wirklich aus. Und vorbei scheint es mit «Gundula» auch nicht zu sein.

Drei Wochen lang hatte Luzern diesen April wieder ein besetztes Haus. Die Villa an der Obergrundstrasse 99 wurde am 9. April 2016 von der Gruppe «Gundula» besetzt.

Jetzt ist es bereits wieder vorbei mit der Anarchie. Die Gruppe hatte auf die Forderung des Besitzers reagiert, das Haus sofort zu räumen, und ist diesen Samstag, 30. April, ausgezogen.

Die Staatsanwaltschaft informiert: «Am Samstag hat die Hausbesetzergruppe Gundula das Gebäude an der Obergrundstrasse 99 fristgerecht verlassen. Eine polizeiliche Räumung war nicht nötig. Die Staatsanwaltschaft Luzern führt nun die Strafuntersuchungen wegen Hausfriedensbruch.»

Und weg sind sie

Vor Ort ist es ruhig: Das Gartentor ist geschlossen, auf dem Gelände und auf der Veranda sind keine Menschen mehr zu sehen. Auch hinter den Fenstern bewegt sich nichts.

Trotzdem sieht es nicht sehr verlassen aus am Samstagmittag: Vor dem Haus stehen noch einige Fahrräder angekettet, am Boden Bierdosen und Gläser. Und auf der Veranda hinter dem Haus stehen noch improvisierte Möbel, Abfall, und ein Pulli hängt über der Brüstung; auf dem Fenstersims stehen noch die Kräuter. Auch einige Fenster stehen offen.

Die handgemalten Transparente an der Fassade hängen noch. Es lässt sich nur erahnen, wie es drinnen wohl ausschaut.

 

Diskussionen und Gesellschaftskritik

Die Meinungen zum besetzten Haus gingen in Luzern stark auseinander. Während sich die einen freuten, die Gruppe beklatschten und ihre Solidarität bekundeten, ärgerten sich die anderen über die illegale Aktion.

Auf jeden Fall polarisierte die Besetzung und gab einiges an Gesprächsstoff her. Über Besitz, Freiraum, über Recht und Ordnung, über Anarchie und über Wohlstandsverhältnisse.

Die Gruppe selbst schreibt auf ihrem Blog: «Gundula ist Kritik an den bestehenden Verhältnissen.» Sie kritisiert, dass Einzelne städtischen Raum besitzen und diesen der Allgemeinheit – durch Leerstand oder Kommerzialisierung – entzögen. Das sei Diebstahl, schreibt die Gruppe provokativ und weist dabei geschickt auf die lateinische Abstammung des Wortes «privat» hin. Dieses entwickelte sich nämlich aus dem Verb «privare», was so viel heisst wie «rauben».

Leerstehende, belebbare Gebäude sollen der Bevölkerung zur Verfügung gestellt und nicht zum Abriss freigegeben werden, fordert die Gruppe.

Macht «Gundula» weiter?

Und sie kritisiert, wie stark Eigentumswerte in den Köpfen der Bevölkerung verankert seien: «Eine Gesellschaft, die solche Zustände einfach so hinnimmt ohne zu hinterfragen, zeigt ihre allgemeine Passivität.»

Freiräume ohne Konsumzwang und Produktionsdruck gebe es in dieser Stadt keine – das gelte es, zu ändern. Und es scheint, als kündige die Gruppe Gundula damit an, dass man weiterhin von ihnen hören werde. Auf der Facebook-Seite heisst es auf jeden Fall: «Gundula wird obdachlos.» Die Gruppe scheint aber weiterhin aktiv bleiben zu wollen.

Von der Gruppe war am Samstag niemand zu erreichen.

Lesen Sie unsere Reportage aus der «Gundula»: «Auf ein Bier mit Besetzern und Alt-68ern»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von daniel.wehner
    daniel.wehner, 30.04.2016, 19:01 Uhr

    Frau Avanzini hat nach meiner Meinung ausgewogen berichtet. Das letzte Mal las ich eine Reportage aus dem Gundula, da war sie mehr auf der Seite der Besetzern. Jetzt schreibt sie ein wenig distanzierter und objektiver. Denn es gibt verschiedene Meinungen. Dass von diesen Besetzern keiner auf einem Foto zu sehen ist, spricht ja für sich, dass sie keine reine Weste haben und sich verstecken. Aber gratis wohnen, das tun sie gerne! Würde ich auch gerne! Wo kann ich einziehen, wessen Wonung in Luzern kann ich besetzen, die von Herrn Candan vieleicht?

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  • Profilfoto von Haesu
    Haesu, 30.04.2016, 17:13 Uhr

    Viele Argumente für Zwischennutzungen im städtischen Raum werden nicht erwähnt, das Ganze mit Anarchie abzustempeln ist billig und altbacken, heute geht es um was anderes. Die vielen Aktivitäten, welche das Quartier belebten sind nicht erwähnt. Haters gone hate, mehr gibt es nicht mehr zu sagen…

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