Ist geplante Adoption bloss ein Vorwand?

Grosseltern dürfen ihren Enkel nicht nach Zug holen

Die Grosseltern wollten ihrem Enkel ein Leben in der Stadt Zug ermöglichen – dank einer Adoption aus der Schweiz. (Bild: Andreas Busslinger)

Ein kosovarisches Ehepaar möchte, dass sein Enkelsohn in der Schweiz aufwachsen kann. Die Schweizer Behörden verhindern aber eine Adoption. Diese ist aus Sicht des Zuger Verwaltungsgerichts rechtsmissbräuchlich.

Die beiden sind im Pensionsalter. Sie möchten für ihren Enkel nur das Beste. Das dringt zwischen den Zeilen des Urteils hindurch, welches das Zuger Verwaltungsgericht jüngst veröffentlicht hat. Und doch wird ihr Antrag abschlägig beantwortet.

Der Ehemann lebt seit 23 Jahren in der Schweiz, seine Frau seit 13 Jahren. Vor drei Jahren hatten sie die Idee, ihren Enkel im Rahmen eines Familiennachzugs aus dem Kosovo zu sich nach Zug zu holen. Der Weg dazu: eine Adoption.

Der Bub war vor der Adoption nie in der Schweiz

Die kosovarischen Behörden stimmten dieser 2018 zu. Das ist einigermassen überraschend. Denn der damals 15-jährige Junge lebte zu dem Zeitpunkt mit seinen Eltern und seinem Bruder zusammen. Und zwar in stabilen familiären Verhältnissen. Er war noch nie zuvor in der Schweiz gewesen.

Trotzdem: Die Grosseltern beteuerten gegenüber den Schweizer Behörden, das Verhältnis zum Enkelsohn sei sehr eng. Mit den Eltern hingegen gebe es Probleme. Angeblich weil diese diesen Buben weniger lieben würden als seinen Bruder. Nachdem das Amt für Migration und der Regierungsrat die Anerkennung der Adoption abgelehnt hatten, wandten sich die Grosseltern ans Zuger Verwaltungsgericht.

Zwischen der Schweiz und der Republik Kosovo besteht kein Staatsvertrag, der vorschreiben würde, dass ein Staat die Entscheidung des anderen anerkennen muss. Auch das Übereinkommen über den Schutz von Kindern bei der internationalen Adoption hat keine Gültigkeit – weil Kosovo dieses nicht unterzeichnet hat. Die Schweizer Behörden wenden deshalb die hiesigen Regeln an. Und diese besagen unter anderem: Der Altersunterschied zwischen einem Kind und den adoptionswilligen Personen darf nicht mehr als 45 Jahre betragen. Vorliegend sind es drei mehr.

Ein Altersunterschied von mehr als 45 Jahren

Die Idee dahinter: Die Adoptiv-Eltern sollen das Kind begleiten können, bis es erwachsen ist. Und darüber hinaus. Ausnahmen gibt es natürlich. Beispielweise wenn die Grosseltern einen vaterlosen Enkel nach dem Tod seiner Mutter bei sich aufnehmen. Nur: Das ist hier nicht der Fall.

Die Behörden vermuten vielmehr, dass die Adoption nur ein Vorwand ist, damit der Junge in der Schweiz leben und hier seine Berufsausbildung machen kann. Das Verwaltungsgericht sieht jedenfalls keinen Grund für eine Adoption. «Es mag vielleicht zutreffen, dass die Eltern dessen Bruder mehr lieben als ihn selber», heisst es im Urteil. Aber: «Solche Verhältnisse, wie auch Eifersucht unter Geschwistern, gehören regelmässig zum Familienleben.»

Anzeichen für ein schlechtes Verhältnis zwischen dem Buben und seinen leiblichen Eltern sieht das Gericht nicht. «Die Tatsache alleine, dass sie bereit sind, mit dem eigenen Kind den Kontakkt abzubrechen – und gerade dies wird für die Gründung der neuen Familiengemeinschaft erforderlich sein –, so dass dieses eine bessere wirtschaftliche Zukunft und Ausbildungschancen hat, veranschaulicht gerade, dass den Eltern das Kindeswohl ihres Sohnes sehr wichtig ist», heisst es im Urteil weiter.

Dies wiederum spricht gegen die Anerkennung der Adoption und die Gewährung des Familiennachzugs. Das Verwaltungsgericht lehnt das Anliegen daher ab. Die Grosseltern müssen für ihre Anwaltskosten sowie 2'000 Franken Gerichtsgebühren aufkommen. Der Entscheid ist rechtskräftig.

Verwendete Quellen
  • Urteil des Verwaltungsgerichts Zug
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2 Kommentare
  • Profilfoto von mvonrotz
    mvonrotz, 07.02.2022, 09:59 Uhr

    Die Passage «Diese ist aus Sicht des Zuger Verwaltungsgerichts rechtsmissbräuchlich.» aus dem Kurztext findet sich im ganzen Bericht nicht mehr wieder. Das Gericht entscheidet sogar gleich wie die Behörden. Was passt da nicht?

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    • Profilfoto von Lena Berger
      Lena Berger, 07.02.2022, 10:05 Uhr

      Merci für die Nachfrage. Die Adoption ist aus Sicht des Verwaltungsgerichts, des Regierungsrats und des Amts für Migration rechtsmissbräuchlich – es sind sich also alle Instanzen einig. Das Wort «diese» in der zitierten Passage bezieht sich auf die Adoption und nicht auf die Entscheide der Schweizer Behörden beziehungsweise der Vorinstanzen.

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