Debatte um Ukraine-Bundesgelder

Gewinn auf Kosten der Flüchtlinge? Kanton Luzern wehrt sich

Andere Kantone sind Flüchtlingen aus der Ukraine gegenüber grosszügiger als Luzern. (Bild: ber)

Die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen aus der Ukraine ist eine Herkulesaufgabe. Gegen den Vorwurf, dass der Kanton Luzern mit Bundesgeldern Profit macht, wehrt sich die zuständige Dienststelle. Was aber stimmt ist: Der Bund zahlt den Löwenanteil.

Flüchtlinge aus der Ukraine bekommen Asylsozialhilfe, wenn sie mittellos sind. Die finanzielle Hilfe für ukrainische Flüchtlinge liegt in Luzern aber weit unter dem Existenzminimum. Und das, obwohl der Kanton vom Bund monatlich 1’500 Franken pro Person bekommt – auch für diejenigen, die gar keine finanzielle Unterstützung erhalten (zentralplus berichtete).

«Ich werde den Verdacht nicht los, dass sich der Kanton am Elend der ukrainischen Flüchtlinge noch bereichert», schrieb deshalb kürzlich ein zentralplus-Leser in einem Kommentar. Stimmt das?

Die zuständige Dienststelle für Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) bestreitet es. «Vielmehr ist davon auszugehen, dass dem Kanton zusätzliche Kosten entstehen werden, auch wenn ein grosser Teil der Kosten durch die Globalpauschale des Bundes gedeckt werden», schreibt sie auf Anfrage.

Lange Wartezeit brachte zwei Familien in die Bredouille

Der Leser begründet in seinem Kommentar, warum er den Eindruck hat, dass sich der Kanton Luzern nicht mit Ruhm bekleckert, was die Bewältigung der Ukraine-Krise angeht. «Mir sind zwei Flüchtlingsfamilien bekannt, welche nach zehn Wochen nun erstmals vom Kanton finanzielle Unterstützung erhalten haben», schreibt er. Die Rechnung von der Serafe für Radio- und Fernsehgebühren sei schneller im Briefkasten gewesen.

«Ohne die materielle Unterstützung durch die Hausbesitzerin sowie mehreren Gönnern, welche die beiden Familien mit Naturalien unterstützt haben, wären die beiden Flüchtlingsfamilien wohl kaum über die Runden gekommen», so der Leser.

Wie kann es sein, dass einzelne Familien über zwei Monate auf finanzielle Unterstützung warten mussten? Die DAF bestreitet, dass dies generell so ist. «Vom Zeitpunkt der Anmeldung bis zum Aufnahmegespräch dauert es aktuell ca. drei bis vier Wochen», schreibt sie auf Anfrage.

«Während der Dauer der Wartezeit erhalten bedürftige Personen Überbrückungshilfe.» Wie lange dies dauere, hänge davon ab, ob alle benötigten Dokumente eingereicht wurden. «Ist dies der Fall, wird die Auszahlung der Asylsozialhilfe sofort in die Wege geleitet.» Zu dem vom zentralplus-Leser skizzierten Einzelfall können man ohne Kenntnis der Personalien leider nicht im Detail Stellung nehmen.

Sobald Lohn kommt, streicht Luzern den Flüchtlingen das Geld

Zurück zu den besagten Familie. Die Erwachsenen hätten sich sehr schnell Arbeit gesucht und üben Tätigkeiten im Stundenlohn und auf Abruf aus, schildert der Leser. Aber: «Dieser finanzielle Zustupf aus Lohnarbeit wird noch von der kantonalen Unterstützung abgezogen.» Ist das ein ungewollter Schwelleneffekt, der dazu führt, dass es sich für viele gar nicht lohn, arbeiten zu gehen?

Tatsächlich ist es so, dass Einnahmen bei der Bemessung von finanziellen Leistungen der Sozialhilfe berücksichtigt werden. Das gilt auch in der Asylsozialhilfe. «Es gibt für erwerbstätige Personen mit Status S jedoch sehr wohl einen finanziellen Anreiz von bis zu Franken je nach Arbeitspensum», schreibt die DAF.

Zudem gilt zu beachten, dass sich Arbeit nicht nur finanziell lohnt, sondern auch verschiedene immaterielle Vorteile bietet wie z.B. Beschäftigung, Tagesstruktur sowie Aufbau und Pflege eines sozialen Netzwerks.  

Verwendete Quellen
  • Leserkommentar
  • Mailkontakt mit der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF)
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3 Kommentare
  • Profilfoto von estermap
    estermap, 05.06.2022, 09:02 Uhr

    Es ist offenbar in den Genen des Kantons, alles zu bestreiten. Der Bund bezahlt, das Geld versickert in der Kantonskasse. Vor 2 Wochen stand der Kanton Bern in der SRF-Arena deswegen am Pranger.
    Aehnliche Problematik bei der Nothilfe für abgwiesene Asylbewerber. Aus dem Monitoringbericht des SEM, 2020 altrechtlich: «Die übrigen 17 Kantone weisen einen Überschuss zwischen 106 000 Franken (Appenzell Innerrhoden) und 20,2 Mio. Franken (Luzern) aus.» Der Monitoringbericht des SEM, 2020 neurechtlich (neues Asylrecht) enthält über den Kanton Luzern keine Zahlen. Der DAF-Chefstellvertreter ist Mitglied der Monitoring Begleitgruppe.

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  • Profilfoto von schaltjahr
    schaltjahr, 04.06.2022, 20:03 Uhr

    Seit Jahren und in verschiedensten Bereichen zeigt der Kanton Luzern ein sehr schlechtes Bild und es ist Fakt, dass hier auf sehr unanständige Art irgendwelche Gelder auf die Seite geschafft werden sollen und werden.
    Geht es um Anliegen der Regierungen wird munter Geld um sich geschmissen, ist es aber ein Problem der Schwächeren ( Prämienbeihilfen / Schutzsuchende ) wird geblockt ! Und zwar so, dass sich die Gerichte klar dazu geäussert haben.
    Dieser Stil ist absolut Schändlich und auf die Länge sehr Kontraproduktiv.

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  • Profilfoto von Richard Ephraim Scholl
    Richard Ephraim Scholl, 04.06.2022, 19:54 Uhr

    zwei Drittel der Unkraine ist nicht von den Russen bedroht. Warum aber flüchten die bedrohten Ukrainer nicht in diesen sicheren Landesteil, warum in die ferne Schweiz? Ich bezichtige sie der opportunistischen Heimatuntreue.

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