In Zug und Luzern (bisher) Einzelfälle

Gefälschte Covid-Zertifikate: Es drohen happige Strafen

Judith Aklin der Zuger Staatsanwaltschaft erzählt, dass Fälle von gefälschten Zertifikaten konsequent verzeigt werden. (Bild: ber/zvg)

Über 9’000 gefälschte Covid-Zertifikate sind kürzlich im Kanton St. Gallen aufgedeckt worden. In Zug und Luzern hat man bisher nur Einzelfälle entdeckt. Diesen Personen blühen aber happige Strafen.

Manchmal wünscht man sich in einen Sci-Fi-Film. In Zeiten, zu denen man immer und überall ein Covid-Zertifikat plus Ausweis zücken muss, wäre ein Hightech-Gadget praktisch. Zum Beispiel ein «psychic paper» à la Dr. Who, das dem Gegenüber immer genau das zeigt, womit man sicher hereingelassen wird. Zurück in der realen Welt führt der Weg in öffentliche Räume derzeit nicht an einer Impfung oder Genesung vorbei.

Bis auf wenige Ausnahmen zumindest nicht auf legalem Weg. Wie kürzlich medial publik wurde, sind in der Schweiz Zertifikatsfälscher am Werk. Und zwar im grossen Stil: Über 9’000 Fake-Zertifikate soll eine Gruppe Fälscher in St. Gallen produziert haben. Möglich wurde dies durch einen gekauften Zertifikatssoftware-Zugang eines Testcenter-Mitarbeiters.

In der Zentralschweiz bisher nur Einzelfälle

Auch in der Zentralschweiz wurde ein Fall von gefälschten Zertifikaten publik. Durch ein Missverständnis zweier Mitarbeiterinnen der Luzerner Dienststelle Gesundheit und Sport haben 254 Personen fälschlicherweise ein Genesen-Zertifikat erhalten (zentralplus berichtete).

Handel im grossen Stil wie im Fall von St. Gallen sei im Kanton Luzern bisher noch nicht vorgekommen, so das Luzerner Gesundheits- und Sozialdepartement (GSD). Man gehe zwar allen Hinweisen nach – «Bis jetzt hat sich daraus aber kein erhärteter Verdacht ergeben.» Um Fälschungen aufzudecken, macht das GSD Stichproben. Oder geht Hinweisen aus der Bevölkerung nach.

Auch die Luzerner Staatsanwaltschaft hat derzeit keine genaueren Zahlen zu gefälschten Covid-Zertifikaten. Eine genauere Auswertung werde es erst im Rahmen ihrer Jahresmedienkonferenz geben. Denn zurzeit werden alle Fälle von Urkundenfälschung gebündelt registriert. So viel nimmt Mediensprecher Simon Kopp jedoch vorweg: Bisher handle es sich nur um Einzelfälle.

Ähnlich tönt es auch bei der Gesundheitsdirektion des Kantons Zug: Mediensprecher Aurel Köpfli spricht von rund 20 Fällen, die sie zur weiteren Untersuchung an die Strafverfolgungsbehörden gemeldet hätten. Dabei handle es sich vor allem um gefälschte Impfnachweise aus dem Ausland. Aufgeflogen sind sie bei der Überprüfung, ob damit ein Schweizer Zertifikat ausgestellt werden kann. Wie die Zuger Staatsanwaltschaft präzisiert, sind derzeit zwei Verfahren gegen Käufer von gefälschten Covid-Zertifikaten hängig.

Bis zu fünf Jahre Haft bei Verurteilung

Urkundenfälschung ist kein Kavaliersdelikt – doch im Zusammenhang mit dem Covid-Zertifikat ist die rechtliche Lage noch nicht umfassend geklärt. Zumindest im Kanton Luzern. Für die 254 betroffenen Luzernerinnen damals hatte der Fauxpas keine rechtlichen Konsequenzen zur Folge. Der Dienststellenleiter David Dürr begründete den Schritt folgendermassen: «Auf eine Anzeige der betroffenen Personen hat die Dienststelle Gesundheit und Sport unter anderem aus Gründen der Verhältnismässigkeit verzichtet.» (zentralplus berichtete).

Auch die Luzerner Staatsanwaltschaft kann nicht genauer sagen, was allfällige Käufern oder Verkäuferinnen strafrechtlich erwartet. Bei Kenntnis eines gefälschten Covid-Zertifikats starte man eine Strafuntersuchung wegen Urkundenfälschung. Doch was den Fälschern letztlich blüht, hänge von verschiedenen Faktoren ab. So zum Beispiel die Menge der ausgestellten Zertifikate oder deren Preis.

Deutlichere Antworten erhält die Autorin von der Zuger Staatsanwaltschaft. Laut der Kommunikationsverantwortlichen Judith Aklin werden Fälle von gefälschten Covid-Zertifikaten «konsequent verzeigt» – auch bei Käufern. Der Tatbestand falle unter Urkundenfälschung. Beziehungsweise Erschleichung einer falschen Beurkundung für die Abnehmerinnen. Je nach Schwere des Falls droht bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Oder ein tiefer Griff ins Portemonnaie. Zudem wird das Urteil im Strafregister eingetragen.

Bund ergreift bald Vorsichtsmassnahmen

Der St. Galler Fall scheint auch die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich gezogen zu haben. Wie das GSD schreibt, plane der Bund, den Kantonen Auswertungen zur Ausstellung von Zertifikaten zukommen zu lassen. Aus denen würde ersichtlich werden, «welcher Nutzer welche Anzahl von Zertifikaten ausgestellt hat». Würden Dritte die Zertifikats-Software eines Mitarbeiters eines Test- oder Impfcenters missbrauchen, sollte das so schneller auffallen.

Weiter hat der Bund eine Arbeitsgruppe zur Eliminierung bekannter Schwachstellen der Zertifikatssoftware eingesetzt. Auch der Kanton Luzern ist mit einem Sitz in dieser Gruppe vertreten, «weil das Thema für uns wichtig ist», so das GSD.

Verwendete Quellen
  • Artikel im «Tages-Anzeiger» vom 27. Januar
  • Mail-Verkehr mit dem Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons Luzern
  • Mail-Verkehr mit Aurel Köpfli, Mediensprecher der Gesundheitsdirektion des Kantons Zug
  • Telefongespräch mit Simon Kopp, Medienverantwortlicher der Luzerner Staatsanwaltschaft
  • Mail-Verkehr mit Judith Aklin, Kommunikationsverantwortliche der Zuger Staatsanwaltschaft
  • Schweizerisches Strafgesetzbuch (Art. 251-253)
  • Medienberichte von zentralplus
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 03.02.2022, 16:04 Uhr

    Das übliche Wischiwaschi, Sich-Dämlich-Stellen und Nix-Tun-Wollen bei der Luzerner Verwaltung. Wann wird dieser Laden einmal ausgemistet? Den Lohn gibt es für die Arbeit, nicht für die Arbeitsverweigerung!

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