Luzern: Vorwurf der sexuellen Belästigung

«Gefährlichster Bodybuilder der Schweiz» wieder hinter Gittern

Eine Gefängniszelle im Grosshof Kriens.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Seit über 20 Jahren befindet sich ein Vergewaltiger im Gefängnis, weil er gemäss psychiatrischen Gutachten noch immer gefährlich ist. Im August sollte er entlassen werden. Doch bereits im offenen Vollzug soll es zu einem Rückfall gekommen sein.

Der «Blick» bezeichnete ihn einst als den «gefährlichsten Bodybuilder der Schweiz» – zeitweilig wurde er sogar verwahrt. Am 13. August sollte er freikommen, so hatte es das Bundesgericht entschieden. Doch daraus wird vorerst nichts.

Der Vollzugs- und Bewährungsdienst wehrt sich gegen die Freilassung. Die stationäre Massnahme, in der sich der Mann seit 2007 befindet, soll erneut verlängert werden. Der Antrag ist derzeit beim Kriminalgericht Luzern hängig.

Bis dieses Verfahren abgeschlossen ist, bleibt der Mann in Sicherheitshaft. Das hat jetzt das Kantonsgericht entschieden. Die Gründe für die erneute Inhaftierung gehen aus einem aktuellen Urteil hervor.

Persönlichkeitsstörung mit psychopathischen Anteilen

Demzufolge wurde der Mann in den letzten Monaten systematisch auf das Leben in Freiheit vorbereitet. Erst gab es mehrere Freigänge, dann kam er in den offenen Vollzug und trat eine Arbeitsstelle an. Er verhielt sich angepasst und zeigte sich bereit, eine Therapie zu machen.

Zahlreiche Gewaltdelikte und eine Vergewaltigung
Die schwere Persönlichkeitsstörung des Mannes zeigte sich schon früh. Es brauchte nicht viel, dass er zuschlug. 1997 vergewaltigte er eine Frau und bedrohte sie mit einem Messer. Kurze Zeit später zertrümmerte er trotz Hausverbot die Wohnung seiner Exfreundin und drohte, deren neuen Freund umzubringen. Er schlug Touristen spitalreif, verprügelte grundlos einen VBL-Chauffeur und überfiel einen Techniker in seiner Wohnung. Schlagzeilen machte, dass er fünfmal einen IV-Rentner überfiel und ausraubte. Für diese Taten wurde er 2002 zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Weil er gemäss mehreren Gutachten als brandgefährlich gilt, wurde er 2003 verwahrt. 2007 gaben ihm die Richter eine Chance, seine Freiheit zurückzubekommen. Sie wandelten die Verwahrung in eine stationäre Therapie um, mit welcher die Rückfallgefahr gebannt werden sollte. Diese fruchtete allerdings nie, die Gutachter gehen bis heute von einem erhöhten Risiko für Gewalttaten aus. 2012 und 2017 wurde die Massnahme erneut verlängert. Aufgrund eines aktuellen Verlaufsgutachten liegt erneut ein Antrag auf Verlängerung beim Luzerner Kriminalgericht, der auch von der Konkordatlichen Fachkommission zur Beurteilung der Gemeingefährlichkeit von Straftätern unterstützt wird.

Den zuständigen Psychiatern entging allerdings nicht, dass er die Behandlung innerlich nach wie vor ablehnt. Er habe keine Krankheitseinsicht und mache nur der Form halber eine Therapie, heisst es im Verlaufsgutachten.

Er nehme wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer Menschen, spanne diese in manipulativer Weise für seine Anliegen ein, halte sich für etwas Besonderes, beanspruche bevorzugte Behandlung und überschätze sich selber masslos. Der Grund dafür sei eine narzisstische Persönlichkeitsstörung mit psychopathischen Anteilen.

Mehrere Zwischenfälle im offenen Vollzug

Der Betroffene selber macht geltend, alle Beziehungs-, Besuchs- und Ausgänge seien reibungslos verlaufen und auch das Arbeitszeugnis sei voll des Lobes. Er habe nie sanktioniert werden müssen und habe deshalb nun das Recht, freigelassen zu werden.

Aus dem Urteil geht allerdings hervor, dass er wegen seiner Verweigerungshaltung im Vollzug verwarnt werden musste. Er musste ausserdem sanktioniert werden, weil er jemanden beleidigt hatte und die Staatsanwaltschaft schickte ihm einen Strafbefehl wegen eines Strassenverkehrsdelikts.

Aufhorchen lässt aber vor allem, dass gemäss Urteil der dringende Tatverdacht besteht, dass der Mann eine sexuelle Belästigung begangen hat. Eine Frau wirft ihm vor, er habe per Whatsapp Fotos von ihrem Geschlechtsteil verlangt. Die polizeilichen Ermittlungen laufen noch.

Im Kontext mit dem Krankheitsbild des Mannes sei dieser Vorfall aber «ernst zu nehmen», wie das Kantonsgericht schreibt. Es verlängert daher die Sicherheitshaft des Mannes, bis das Kriminalgericht darüber entschieden hat, ob die stationäre Massnahme erneut verlängert wird.

Opfer ist bis heute traumatisiert

Eines der Opfer des Mannes hat übrigens Anfang Jahr rund 300 Unterschriften gesammelt, um den Fall öffentlich zu machen und eine Freilassung zu verhindern. Das Opfer war damals in der eigenen Wohnung von dem Mann überfallen und zusammengeschlagen worden – und ist bis heute traumatisiert.

Die Petition wurde im Juni im Kantonsrat behandelt, zeigte aber keine Wirkung, weil es Sache der Justiz und nicht der Politik ist, über die Entlassung von Straftätern zu entscheiden.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


2 Kommentare
  • Profilfoto von Gewaltopfer, heute IV
    Gewaltopfer, heute IV, 30.09.2019, 19:02 Uhr

    Jeder, welcher kritiklos jede Legislatur immer wieder den gleichen Filz ins Parlament wählt (oder gar nicht wählt) ist mitschuldig an diesem Skandal. Das Volk wählt die Politik, die Politik stellt das Gericht, Polizei und den Behördenapparat und diese entscheiden dann. Punkt. Die Lethargie, Willkür und Arroganz in all diesen Institutionen ist teilweise unglaublich und sprengt den Umfang dieses Posts. Ich habe alle Abgründe kennenlernen müssen. Danke nochmals an alle welche die Petition unterstützt haben.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Rolf Oehen
    Rolf Oehen, 30.09.2019, 14:26 Uhr

    Ich lese hier:

    «Die stationäre Massnahme, in der sich der Mann seit 2007 befindet…» und, «Seit über 20 Jahren befindet sich dieser Vergewaltiger im Gefängnis…»

    Hierbei handelt es sich offensichtlich um einen untherapierbaren Verbrecher im Regelvollzug. Wer kommt für diese gigantischen (Extra-)kosten auf? Wie lange sollen bzw. können Richter und Gutachter noch weiter experimentieren und Geld verschleudern?
    Bei «Carlos» entstanden Kosten von Fr. 700.- bis 1’200.- pro Tag (= Fr. 250’000.- ++ /Jahr) und einen landesweiten Aufschrei. Wann endlich ist es für die Sozial- und Unterhaltungsindustrie und für die Justiz im Kanton Luzern endlich genug? Oder wollen Sie wieder eine Steuererhöhung initiieren?
    Gemäss Bericht schlug er Touristen spitalreif, verprügelte grundlos einen VBL-Chauffeur und überfiel einen Techniker in seiner Wohnung. Schlagzeilen machte er auch, dass er 5x (!!!) einen IV-Rentner überfiel und ausraubte. Für diese Taten wurde er 2002 zu einer Gefängnisstrafe von nur fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Weil er, gemäss mehreren (!!) Gutachten, als brandgefährlich gilt, wurde er 2003 sogar verwahrt.
    2007 gaben ihm der Richter schon wieder eine Chance, seine Freiheit nach nur knapp 4 Jahren zurückzubekommen. Sie wandelten die Verwahrung in eine stationäre «Carlos-Therapie» um, mit welcher die Rückfallgefahr hätte gebannt werden sollen… Mir brennt der Hut!
    Genug ist genug – Herren Gutachter und Richter!

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon