50-Jahre-Jubiläum: Die wichtigsten Fakten

Frauenstimmrecht in Zug: So warben Zugerinnen um das Ja der Männer

Margrit Spillmann (*1944), die erste Zuger Kantonsrätin und Stadträtin. (Bild: Zuger Frauengeschichte(n). Hrsg. Zuger Frauenzentrale. Zug 1992, S. 121.)

Seit 50 Jahren dürfen Zugerinnen an die Urne gehen. Schweizweit stimmten die Männer am 7. Februar 1971 der Verfassungsänderung zu, dass künftig alle Schweizerinnen die gleichen politischen Rechte wie sie haben. Wir spulen in der Geschichte zurück und zeigen euch, wie es damals in Zug war.

Es ist ja nicht wirklich ein Grund zu feiern, dass Schweizer Frauen erst seit 50 Jahren politisch mitbestimmen dürfen. Am 7. Februar 1971 legte fast jeder zweite Schweizer Mann ein Ja in die Urne und führte damit das Frauenstimmrecht in der Schweiz ein.

Die Zuger nahmen das nationale Frauenstimmrecht mit 59,9 Prozent an. Allerdings waren die Männer nur in vier der elf Gemeinden mehrheitlich dafür: nämlich in Zug, Steinhausen, Baar und Cham.

Anlässlich des Jubiläums hat das Stadtarchiv Zug in Zusammenarbeit mit der Bibliothek Zug einen Kalender zur Geschichte des Frauenstimmrechts in Zug produziert. Dieser beginnt nicht etwa am 1. Januar wie «normale» Kalender, sondern mit dem 7. Februar – dem Tag, als der Kanton Zug das eidgenössische sowie das kantonale Frauenstimm- und -wahlrecht auf Gemeindeebene eingeführt hat.

So warben die Zugerinnen für das Ja der Männer

Mit ganz viel Charme – und herzförmigen Pins. Die Zugerinnen schlossen sich überparteilich zusammen und bastelten aus Schokoladenherzen Pins, mit der Aufschrift «Für ein herzhaftes Ja». Iris Blum, Archivarin beim Stadtarchiv Zug und Präsidentin des Vereins «50 Jahre Frauenstimm- und -wahlrecht», sagt: «Die Aktion kann – ähnlich wie die Nelkenverteilung in Luzern – als Charmeoffensive bezeichnet werden, um sich bei den Männern bereits im Voraus für ein Ja zu bedanken.»

Die herzförmigen Pins steckten die Frauen den Männern an den Kragen. Scheinbar nicht immer zu deren Entzücken, wie Iris Blum sagt. «Gerade in den ländlichen Gemeinden waren die Männer zurückhaltender als in der Stadt. Einige entfernten den Herzanstecker bereits wieder an der nächsten Ecke, wie sich Gret Henggeler, eine der treibenden Kräfte im Kanton Zug, in einem Interview erinnerte.»

Und mit welchen Slogans wurde ums Frauenstimmrecht geworben? Die Zuger Historikerin Stephanie Müller hat in den Archiven gestöbert und verschiedene Slogans zusammengetragen. Das Zugerische Aktionskomitee Frauenstimmrecht lancierte folgenden Leitspruch:

«Au im Zugerland
Ma und Frau mitenand!»

Und da der Kanton Zug nicht Zug wäre ohne seinen Kirsch, wurde natürlich auch damit geworben:

«Wie Zuger Kirsch, so hell und klar,
isch’s Ja für d’Fraue im Februar!»

Oder die Zugerin Elsi Vetter, deren Namen im «Zuger Tagblatt» unter folgendem Spruch stand:

«Nüd no choche und Wösch ufhänke,
mer wänd au öppis anders dänke!»

Das waren die Kämpferinnen aus Zug fürs Frauenstimmrecht

Gret Henggeler (1918-2014) war eine der aktiven Befürworterinnen aus Ägeri. «Die Frauen waren je länger, je besser ausgebildet. Immer mehr studierten und viele konnten mitdiskutieren und nicht nur auf der Ebene des Kochherdes», sagt sie in einem Bericht der «Neuen Luzerner Zeitung» vom 7. Februar 1996.

Doch wer war diese Greth Henggeler? Iris Blum sagt, dass Henggeler, aus Zürich kommend, in die Industriellendynastie Henggeler eingeheiratet hat. Ihr Mann war technischer Direktor der Spinnerei Ägeri gewesen.

Weitere Kämpferinnen waren Stefanie Arheit, Klara Horber und Margrit Opprecht-Zellweger.

Darum scheiterten frühere Versuche

Mehrere frühere Versuche, den Frauen das Stimmrecht zu gewähren, scheiterten kläglich. National kam das Thema am 1. Februar 1959 aufs Tapet. Da schickte das Schweizer Stimmvolk eine eidgenössische Vorlage bachab. Die Zuger Männer lehnten die eidgenössische Vorlage in allen Gemeinden mit einem wuchtigen Nein-Anteil von 76 Prozent ab. Auch die Kantonalparteien FDP und die frühere CVP hatten damals die Nein-Parole beschlossen.

Die meisten waren damals der Ansicht, eine Frau gehöre an den Herd, müsse sich um Kinder und Haushalt kümmern und habe in der Politik nichts zu suchen. Und es gab auch erbitterten Widerstand von Frauen.

Am 20. Januar 1959 bildeten Frauen das überparteiliche Aktionskomitee gegen das Frauenstimmrecht. Auch die Zuger Hauswirtschaftslehrerin Klara Kaiser war dabei. Im Kalender des Stadtarchiv Zug und der Bibliothek Zug heisst es, dass Klara Kaisers Kollegin Helen Engeler-Muther aus Oberwil hoffte, dass Kaiser mit «ihrem charmanten Wesen» das Wort an einer Parteiversammlung ergreifen würde.

Die Gegnerinnen stützten sich auf eine Broschüre von Josefine Steffen-Zehnder. Diese war promovierte Historikerin, Mutter dreier Kinder und leitete das Studentenheim in Luzern. Wie die Luzerner Historikerin Silvia Hess in einem früheren Interview sagte, muss Steffen-Zehnder eine gute Rednerin gewesen sein (zentralplus berichtete). «Eine blitzschnelle Frau, die keine Angst hatte, vor anderen ihre Meinung zu sagen. Ihr soll es gefallen haben, wenn der Saal brodelte.»

Gerade einmal sechs Jahre später gab es im Kanton Zug einen neuen Anlauf. Im Herbst 1965 reichte Andrew Müller im Zuger Kantonsrat eine Motion und ein Postulat für die Einführung des Frauenstimmrechts ein. Mit einer weiteren Motion wurde gefordert, vorgängig die Frauen zu befragen. Die Regierung lehnte die Befragung ab – betonte aber auch, «dass nur die absolute politische Gleichberechtigung der Frauen sinnvoll und zeitgemäss» sei, schreibt Sibylle Omlin in «Zuger Frauengeschichte(n)». Der Kantonsrat habe die Motion nach reger Diskussion erheblich erklärt. Später habe der Rat diesen Beschluss jedoch widerrufen.

So ging es nach dem Ja in Zug weiter

Mit dem Ja am 7. Februar 1971 vergrösserte sich der Topf der Stimmberechtigten im Kanton Zug massiv: Zuvor waren es 5'871 stimmberechtigte Männer, danach 13'113 Zugerinnen und Zuger.

Der Zuger Stadtrat legte nach dem Ja am 7. Februar 1971 grossen Tatendrang an den Tag. Nur ein Monat später fand eine «Orientierungsversammlung» statt, um die Zugerinnen über ihre neuen Rechte zu orientieren.

Frauen konnten auf städtischer Ebene ab dem Herbst 1974 gewählt werden. Fünf Frauen zogen für die neue Legislatur in den Grossen Gemeinderat ein. Erste Zuger Kantonsrätin wurde die Freisinnige Margrit Spillmann. 1978 wurde sie als erste Frau Zuger Stadträtin (zentralplus berichtete).

Margrit Spillmann (*1944), die erste Zuger Kantonsrätin und Stadträtin. (Bild: Zuger Frauengeschichte(n). Hrsg. Zuger Frauenzentrale. Zug 1992, S. 121.)
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