Baar

Fragwürdiger Führungsstil im Pflegezentrum Baar

Der Gemeinderat von Baar schützt die Leiterin des Pflegezentrums weiterhin. Ob und was wirklich falsch läuft, bleibt vermutlich für immer unklar. (Bild: dog)

Im Pflegezentrum Baar kündigten vor noch nicht allzu langer Zeit zahlreiche Mitarbeitende. Der Grund: der Führungsstil der neuen Geschäftsleiterin. Eine Frau, die laut Aussagen Dritter kompromisslos ihr Konzept über das Wohl ihrer Angestellten stellt. Damit führt sie in Baar eine Geschichte weiter, die im Aargau ihren Anfang nahm.

Die 160 Mitarbeitenden des Pflegezentrums Baar (PZB) brauchen eine dicke Haut. Vor zweieinhalb Jahren übernahm Stephanie Schär die Leitung des 90-Betten-Zentrums und führte laut mehreren Informanten sogleich einen fragwürdigen Führungsstil ein. Wie Insider bestätigen, sollten Workshops, Seminare und externe Coaches der Belegschaft die neue Unternehmensphilosophie einprägen. Der Kontakt zwischen der Geschäftsleitung und dem Personal wurde immer seltener, konstruktive Dialoge mussten einer «mit mir oder gegen mich»-Devise weichen. Für Kompromisse bleibe in Schärs Diktat kein Platz.

«Das Arbeitsklima war vergiftet»

Diese Umstellungen gingen an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des PZB nicht spurlos vorbei. Während einige die neue Leitung stillschweigend akzeptierten, konnten sich andere nicht mit der neuen Situation abfinden. Nach einer Zeit des Abwartens, mit der vergeblichen Hoffnung auf Besserung, kam für einige nur noch die Kündigung infrage, erinnert sich Lara*. Auch für die langjährige PZB-Mitarbeiterin wurde die Arbeit zunehmend schwieriger. Letztendlich kündigte auch sie.

«Das Arbeitsklima war vergiftet und das vertrauliche Verhältnis untereinander hat sehr gelitten», sagt Lara, «das System zu befriedigen wurde wichtiger als die individuellen Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner.» Zudem seien Mitarbeitenden, die nicht den Systemvorstellungen der Geschäftsleiterin entsprochen hätten, Aufgaben entzogen worden, welche die Stärken der jeweiligen Person besonders zum Vorschein brachten. Die Freude an der Arbeit sei verloren gegangen, und die Konsequenz war nicht selten die Kündigung.

Gute Miene zum bösen Spiel

«So lief das öfters ab», sagt Lara. «Mitarbeiter, die nicht in ihr Konzept zu passen schienen, wurden dazu veranlasst, ihre Stelle aufzugeben.» Dabei hätte Schär stets gute Miene zum bösen Spiel gemacht, so Lara. «Nach aussen gab sie sich stets freundlich und verständnisvoll, zum Teil regelrecht liebenswert. Diese Kunst, sich dermassen verstellen zu können, machte sie unantastbar,» wirft ihr Lara vor. Und weiter: «Es gab keine Beweise. Sie könne ja auch nichts für die Kündigungen.»

Stephanie Schär sei eine Alleinherrscherin, die jedoch vorgebe, dass ihr die Meinung ihrer Mitarbeitenden wichtig sei. Die leitenden Mitarbeitenden seien zwar immer wieder nach ihrer Meinung gefragt worden. Wer aber anderer Ansicht war als Schär, wurde als inkompetent bezeichnet. Schlussendlich hiess es nur: «mit mir oder gegen mich.» Das blieb letztlich auch im Kader nicht ohne Konsequenzen: mehrere leitende Angestellte, darunter die Pflegeleiterin, die Hotellerieleitung sowie der leitende Arzt haben das PZB verlassen.

Stiftungsrat steht hinter Schär

Hat sich das Personal denn zu wehren versucht? «Doch», sagt Lara, «etwa 20 Mitarbeitende haben der Stiftung des PZB einen Brief geschrieben und um eine Klärung der angespannten Situation gebeten. Genützt hat es aber wenig. Der Stiftungsrat stellte sich hinter seine Geschäftsleiterin.»

Paul Langenegger, PZB-Stiftungsratspräsident und CVP-Gemeinderat von Baar (Exekutive), bestätigt, relativiert aber zugleich: «Zu Beginn sind einige Mitarbeiter gegangen, das ist richtig, aber seit über eineinhalb Jahren hat sich die Situation beruhigt», so Langenegger. Man habe zwar über die damalige Personalfluktuation diskutiert, aber keinen Handlungsbedarf gesehen. «Wir sind mit Schärs Arbeit zufrieden», ist der Stiftungsratspräsident von den Kompetenzen seiner Geschäftsleiterin überzeugt.
Vordergründig hat der Stiftungsrat auch keinen Grund zu klagen. Die Geschäfte laufen gut und das PZB geniesst einen hervorragenden Ruf.

Gerüchte werden dementiert

Hat sich die Personalsituation wirklich beruhigt? Es gibt Gerüchte in Baar, dass das PZB vor Kurzem zehn aus Rumänien stammende Pflegekräfte, die kaum Deutsch sprechen, eingestellt sowie die Kommunikationsleiterin gekündigt hätte. «Das ist absolut falsch», dementiert Paul Langenegger die Gerüchte. «Natürlich haben wir auch ausländisches Personal, aber dieses ist schon seit längerer Zeit bei uns angestellt. Auch die Kündigung der Kommunikationsleitung ist Quatsch.»

Die Geschichte wiederholt sich

Seit Dezember 2010 leitet Stephanie Schär die Geschäfte des Pflegezentrums Baar. Nach der turbulenten Anfangszeit hat sich die Personalfluktuation im PZB seit gut einem Jahr wieder auf einem normalen Niveau eingependelt. Dennoch: ein fader Beigeschmack bleibt – vor allem, wenn man Schärs vorherigen Arbeitsplatz etwas genauer unter die Lupe nimmt. Denn die Geschichte wiederholt sich praktisch eins zu eins.

Von 2007 bis November 2010 leitete Schär die Geschäfte des Alterszentrums Rohrdorferberg-Reusstal in der Gemeinde Fislisbach im Kanton Aargau. Während dreieinhalb Jahren führte sie das 115-Betten-Zentrum mit rund 100 Mitarbeitenden. Erstaunlicherweise kam es auch dort zu einer Kündigungswelle. Der Grund war derselbe wie in Baar: verunsichertes Personal, das nicht mit der «Führungsphilosophie» der Geschäftsleiterin zurecht kam.

«Schärs Führungsstil nicht praxisnah»

Fritz Krähenbühl, Präsident der Trägerschaft AZ Fislisbach, erinnert sich noch gut: «Stephanie Schär hat alles auf den Kopf gestellt. Es interessierte sie nicht, wie das Zentrum vorher geleitet wurde, sondern sie drückte einfach ihre Anweisungen durch. Ihr Führungsstil war nicht praxisnah.»

Zudem habe Schär Massnahmen ergriffen, die viel gekostet, aber wenig gebracht hätten. «Vielfach wurden Workshops und Seminare organisiert oder ein externer Coach herbeigezogen. Der Nutzen dabei war sehr bescheiden, die Kosten aber hoch. Sie hat nicht gut gewirtschaftet», sagt Krähenbühl. Das kommt auch Lara sehr bekannt vor: «Ja, ja, diese Workshops hat sie bei uns auch eingeführt. Auch einen Coach haben wir vor die Nase gestellt bekommen. Wirklich gebracht hat es aber nichts.» 

Personalfluktuation von fast 30 Prozent

Wie in Baar, führte Schär auch das Alterszentrum im Aargauer Fislisbach mit eiserner Hand und setzte ihre Pläne kompromisslos durch. Die Folge war eine Personalfluktuation von fast 30 Prozent. «Daraufhin haben wir vom Vorstand beschlossen, eine Ombudsfrau zu engagieren, an die sich Mitarbeitende und Pensionäre wenden können», so Krähenbühl. Zudem seien obligatorische Austrittsgespräche durch eine externe Fachstelle eingeführt worden. «Damit war Frau Schär zwar überhaupt nicht einverstanden, musste sich aber dem Entscheid des Vorstandes fügen. Drei Monate später hat sie ihre Kündigung eingereicht», sagt Krähenbühl. 

Und was sagt Stephanie Schär selbst zu den Verwürfen? Auf Anfragen von zentral+ hat sie nicht reagiert und konnte zu keiner Stellungnahme bewogen werden.

*Name von der Redaktion geändert. 

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4 Kommentare
  • Profilfoto von AM Arrigoni Schiavo
    AM Arrigoni Schiavo, 01.02.2024, 10:51 Uhr

    Es ist nicht verwunderlich, dass ältere Menschen sich sorgen um ihre Zukunft. Alt werden ist eh nur etwas für mutige Menschen. Wenn sie dann noch in einer Institution landen welche beinahe wie eine Firma geführt und möglicherweise noch gewinnbringend sein muss, kann dies Aengste auslösen. Warum kann man in einer Institution, in welcher Menschen, die auf Pflege und Fürsorge angewiesen sind, nicht einfach das geben was sie brauchen. Pflege und Fürsorge. Dafür braucht es keine Coaches und X-welche Führungsseminare.
    Der Pflegende braucht die Ausbildung (auf neuem Stand) das Zuhören können. Die Heimleitung Teamfähigkeit und Organisationsfähigkeit.
    Es sind Menschen in Heimen und keine Ware….Das sollte man endlich mal verstehen. Mit Menschen umzugehen ist eine Fähigkeit, welche man haben muss. Das kann kein Bacheler in Pädagogik, Psychologie oder sonstiges richten.
    Die Kombination einer Ausbildung und vor allem «die Menschen gern zu haben» ist die fundamentale Ausrichtung.
    Menschen sind keine Ware» und daher auch keiner gewinnbringenden Idee zu zuordnen. Menschen werden heute nun mal älter… Na und? Wenn die Gesellschaft volle Verantwortung übernimmt, sollte sich auch in Zukunft kein einziger alter Mensch überflüssig und weggestellt fühlen. Denn eines ist klar: Jeder von uns muss sich dem Alter stellen, doch wenn die Kräfte schwinden, ist die Gesellschaft in der Pflicht und zwar ohne wenn und aber und zu teuer….

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  • Profilfoto von Hans Werder
    Hans Werder, 30.03.2023, 14:08 Uhr

    Ja Hallo
    dieser Madame Schär bin ich schön auf den Leim gekrochen! Selbstverständlich möchte ich Stephanie Schär nicht im voraus verurteilen und warte bis später.

    Hans Werder

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  • Profilfoto von hwerder databaar.ch
    hwerder databaar.ch, 25.10.2014, 11:04 Uhr

    Sehr geehrter Herr Graf

    Ihr Artikel «Fragwürdiger Führungsstil im Pflegezentrum Baar» welcher im zentral+ und anderen
    Zeitungen erschienen ist, bewegt mich als Bewohner und Betroffener des «Pflegezentrum Baar» Stellung zu nehmen.

    Die fragwürdigen Anschuldigungen in Ihrem Artikel und die daraus entstandene Polemik ist ungerecht und ich bin als direkt Betroffener, damit nicht einverstanden.

    Ich unterhalte mich viel mit meinem Pflegeteam und die von Ihnen gemachten Vorwürfe
    werden in keinster Weise bestätigt und sind schlicht nicht korrekt.

    Auch meine eignen Beobachtungen diesbezüglich, ergeben ein ganz anders Bild. Es herrscht ein sehr positives Klima.

    Mit der neuen Geschäftsführung von Stephanie Schäer ist Ruhe eingekehrt und ich fühle mich
    in meiner Abteilung wohl und umsorgt.

    Fazit: Mit der Arbeit der gesamten Belegschaft (Führung, Pflege, Küche, Technik, Büro, Reinigung usw. ist gut Leben im Pflegezentrum Baar.

    In diesem Zusammenhang möchte ich Sie herzlich einladen, mich zu besuchen und meine Sicht der Dinge zu erfahren und zu schauen wie es in einem Pflegezentrum, einem Vierundzwanzig-
    Stunden Betrieb, abläuft.

    Gruss
    Hans Werder

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  • Profilfoto von Peter Trumpf
    Peter Trumpf, 21.08.2013, 12:26 Uhr

    LeiterInnen und ManagerInnen von privaten Einrichtungen und Firmen werden halt an dem ökonomischen Code rentabel/nicht-rentabel gemessen. Das Unternehmen kann dabei noch so als eine soziale Einrichtung dargestellt werden. Es ist keine. Es ist eine ökonomische Einrichtung im sozialen Bereich. Das bedeutet nicht, dass ökonomische Führung grundsätzlich schlecht ist. Die Verantwortung der Leitung ist aber eine andere. Verantwortlich ist man für die Rentabilität und nicht für den Personenverschleiss, die Entlassungen, die Kündigungen. Deshalb wir auch kein Leiter entlassen, weil er tausende von Stellen streicht, denn es geschieht im Wohl der Rentabilität der Firma. Die Arbeiter gehören nicht mehr zur Firma, es sind nur noch Leiharbeiter. Rentabilität? ja, aber zu welchem Preis? Und wer trägt eigentlich die Kosten? Wofür haben Leiter also die Verantwortung und wofür sollten sie sie haben?

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