Diesen Mai wird «Hand angelegt»

Feiern wir den «Internationalen Monat der Masturbation»!

Seit 1995 wird jährlich ein ganzer Monat der Masturbation gewidmet. (Bild: Fotolia)

Hätten Sie’s gewusst? Der Mai ist der Internationale Monat der Masturbation. zentralplus hat sich deshalb in die Geschichtsbücher und einen Luzerner Sex-Shop gestürzt, um diesen Feiermonat gebührend zu begehen. Machen Sie sich schon mal frei.

Es gibt den Internationalen Tag der Arbeit, des Unkrauts, einen Starwars- oder Weltkuscheltag. Und es gibt den Internationalen Monat der Masturbation. Gleich einen ganzen Monat wird in den USA seit 1995 der Monat der Masturbation im Mai begangen. Und wir gingen dazu in einen Sex-Shop – aber dazu später mehr.

Der Masturbationsmonat wird angeblich zu Ehren von Joycelyn Elders, einer Militärärztin, gefeiert. Sie wurde 1994 vom damaligen Präsidenten Bill Clinton gefeuert, weil sie sich öffentlich für die Masturbation eingesetzt hatte.

Todesstrafe, Blindheit, Krebs?

Eine Kündigung ist jedoch noch human, schaut man sich die Geschichte der Onanie – früher Selbstbefleckung genannt – an. In Connecticut wurde im 17. Jahrhundert Selbstbefriedigung gar mit der Todesstrafe geahndet.

Auch im katholischen Luzern erschienen im 18. bis ins 20. Jahrhundert diverse Schriften, und Moraltheologen der Universität äusserten sich zur Problematik der Selbstbefleckung. Die moralischen Schwierigkeiten und die theologischen Fragen im Bezug auf die Selbstbefleckung wurden dabei oft beschrieben. Wobei in Luzern besonders die Verbindung von Bettnässen und Onanieren untersucht wurde. Auch Mittel dagegen und die Folgen der Onanie waren Thema. In historischen Ausführungen sind behaarte Hände ein Beispiel für die Folgen. Und natürlich stand auch die weibliche Hysterie im Fokus (siehe Box ganz unten).

Ein Korsett zur Verhinderung von Masturbation aus Frankreich aus dem frühen 19. Jahrhundert.

Ein Korsett zur Verhinderung von Masturbation aus Frankreich aus dem frühen 19. Jahrhundert.

Doch am schlimmsten haben es damals nicht einmal die prüden Kirchenvertreter, sondern die Mediziner getrieben, welche die Selbstbefriedigung als Ursache für Krebs, Blindheit und Geisteskrankheiten verantwortlich machten.

Die Überzeugung, dass Masturbation die Gesundheit schädige, begann im Mittelalter und zog sich bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. Dass Akne durch Masturbation hervorgerufen werde, war bis in die 70er Jahre unbestritten. Der Mythos konnte sich wohl so lange halten, weil Jugendliche bekanntlich oftmals unter Akne leiden und gleichzeitig auch ziemlich häufig masturbieren sollen.

Gegen Stress, Krämpfe und Schlafstörungen

Dass sich die Geschlechtsorgane bei regelmässiger Masturbation abnutzen, war ebenfalls ein verbreiteter Irrglaube. Heute hingegen gibt es Theorien, dass die Grösse des Penis durch regelmässige sexuelle Beanspruchung im Alter weniger an Masse verlieren soll.

Onanieren, Masturbieren?

Das Wort Onanieren stammt ziemlich sicher von der biblischen Figur Onan ab. «Da sprach Juda zu Onan: Gehe zu deines Bruders Weib und nimm sie zur Ehe, dass du deinem Bruder Samen erweckest. Aber da Onan wusste, dass der Same nicht sein eigen sein sollte, wenn er einging zu seines Bruders Weib, ließ er’s auf die Erde fallen und verderbte es, auf dass er seinem Bruder nicht Samen gäbe. Da gefiel dem Herrn übel, was er tat, und er tötete ihn auch», steht im Buch Gottes.

Beim Wort Masturbieren hingegen ist die Wortherkunft nicht ganz geklärt. Die lateinische Herkunft aus der Vorsilbe «mas-» («männlich») mit dem Stammwort «turbare» («stören, heftig bewegen») ist eine Erklärung. Eine zweite ergibt sich mit der aus dem Mittellatein schwach belegbaren Ableitung von «manus» («Hand») und «stuprum» («Unzucht»). In dieser Form wird der Begriff als «Unzucht mit der Hand» übersetzt.

Studien aus den vergangenen zwei Jahrzehnten belegen weitere positive Effekte auf die Gesundheit: Masturbation hilft beim Abbau von Spannungen und Frustrationen. Masturbation stärkt die Beckenbodenmuskulatur, führt zu Glücksgefühlen und zu gestärkten Herzkranzgefässen. Masturbation senkt das Risiko für Diabetes, Prostatakrebs, Depression, Schlafstörungen und Gebärmutterhals-Infektion. Und eine wichtige Nachricht für alle Damen, die monatlich unter Menstruationskrämpfen leiden: Masturbation ist das effektivste und natürlichste Mittel zur Krampflösung.

Im 21. Jahrhundert ist die ehemalige Selbstbefleckung längst kein Tabu mehr. Eine Studie aus dem Jahre 2010 hat ergeben, dass 94 Prozent der Männer und 85 Prozent der Frauen regelmässig selbst Hand anlegen. Und der Mensch ist damit nicht alleine: Sogar Walrosse und Eichhörnchen wurden dabei gesehen. Und natürlich auch die Affen. Wissenschaftler haben weibliche Affen dabei beobachtet, dass sie Stöcke als Dildos einsetzten.

Farbige, vibrierende Spielzeuge und schicke, gläserne Aufsteller

Dildos gab es schon bei den alten Ägyptern oder in der Antike. Und es wurden steinzeitliche Phallusse gefunden, bei welchen die Verwendung jedoch – sie sind aus Stein – nicht eindeutig geklärt ist.

Und heute? Da ist der Dildo kaum mehr Thema. Die Technik hat auch hier Einzug gehalten, und der Vibrator hat den Dildo längst überholt. Das fällt auch auf, wenn wir in Luzern den MagicX-Store an der Theilingasse betreten. Die Vibratoren dominieren hier eindeutig das Angebot an Sexspielzeugen. Dass mittlerweile jede zweite Schweizerin einen Vibrator besitzen soll, das glaubt man hier, zwischen Bergen an hübsch verpackten Geräten, sofort. Die Auswahl überfordert beinahe.

Rotieren, Pulsieren, Flattern

Schon bei «Sex and the City» wurde man Ende der 90er Jahre darauf aufmerksam gemacht, dass Vibratoren einiges mehr können als nur vibrieren. Sie können auch rotieren und flattern, pulsieren und heute sogar: auf Musik reagieren.

Apropos Musik: Wer den Hype um dieses Video verpasst hat – es handelt von einer Frauenband, welche ihren Videoclip aufnahm, während sie auf laufenden Vibratoren sassen. Wirklich witzig anzuschauen.

 

Der neuste Schrei am Vibratorenhimmel ist nun auch in Luzern zu haben: Ein Kiltoris-Stimulator namens Womanizer. Das Ding arbeitet mit Vibration, Druckwellen und einer Art Saugnapf für die Klitoris, erklärt uns die Verkäuferin. Testen darf man es im Laden am Finger – macht nur schon dort Spass.

Oder wenn mans eher schicker mag: ein Dildo aus Glas oder aus handgeschliffenem Onyx-Stein mit 24-karätigem Gold überzogen für 489 Franken.

Für die Damen abstrakt, für die Herren naturgetreu

Nur selten findet sich ein Vibrator in fleischfarbener und anatomisch korrekter Ausführung. Die meisten gibt es in knalligen Farben, mit Mustern, in Tierformen, mit aufgesetzten Häschen für die klitorale Stimulation oder mit Glitzersteinchen. Und auch die Form wird immer abstrakter.

Ganz im Gegensatz zu den Spielzeugen für die Herren der Schöpfung. Hier geht es scheinbar um gefühlsechte und optisch möglichst naturgetreue Ausführungen. In Fleischfarben, mit Silikon, welcher sich wie echte Haut anfühlen soll – mit feinem Flaum und Poren. Einige Produkte sind gar mit Schamhaaren ausgestattet.

Und ebenfalls für Männer gibt es neben «Fünf gegen Einen» Regale voller vibrierender Penisringe, Prostatastimulatoren, Handmuschis und Analstöpsel. Von Filmchen und Heftchen wollen wir gar nicht erst anfangen.

Besonders beeindruckend ist aber die neuste Lieferung im MagicX-Store, welche in einer erleuchteten Glasvitrine präsentiert wird: Ein gefühlsechter Silikonhintern mit zwei benutzbaren Löchern, welcher nicht nur vibrieren kann. Er kann sogar twerken. Das muss man wirklich gesehen haben. Es sieht echt nicht schlecht aus. Und soll sich auch gut anfühlen – sagt man.

Hysterie und Vaginalmassagen

Unter Hysterie (Gebärmutter in altgriechisch) wurde ab dem 17. Jahrhundert eine psychische Frauenkrankheit verstanden. Da man davon ausging, dass der weibliche Unterleib die Probleme auslöste, wurde die Theorie aufgestellt, dass Vaginalmassagen helfen würden. Dafür wurden schliesslich auch die ersten strombetriebenen Handvibratoren erfunden.

Dass man gleichzeitig die Masturbation verbieten konnte, aber bei Vaginalmassagen niemand stutzig wurde, lag daran, dass weibliche Lust damals ohne männliche Penetration gar nicht denkbar war. Diese Behandlung konnte auf keinen Fall irgendetwas mit Sex zu tun haben – es war ja kein Penis involviert.

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