Kinder dampfen E-Zigaretten

Experten wollen Vapes von Luzerner Schulhöfen verbannen

Das Spiel mit dem Rauch: Vapes boomen – insbesondere bei Teenies. (Bild: Symbolbild: Yoann Boyer/Unsplash)

Bereits zwölfjährige Kinder rauchen Vapes – also dampfende, meist nikotinhaltige Varianten zur Zigarette. Nun fordern Experten ein Verbot an Luzerner Schulhöfen. Gegenüber zentralplus beantworten sie die drängendsten Fragen.

Sie sehen aus wie Leuchtstifte und sind auch in manchen Schultaschen zu finden: Vapes. Sie sind violett, pink, rot – schmecken nach Himbeeren, Cola und Bananenmilkshake.

Vapes sind bei Teenies beliebt – denn anders als bei Zigaretten bleibt das Kratzen beim Inhalieren aus. Ungefährlich sind sie aber nicht. Denn die E-Zigaretten enthalten Nikotin und weitere Giftstoffe, deren Langzeitfolgen noch nicht bekannt sind. Sie sind selbst für Kinder einfach erhältlich, weil Vapes unter das Lebensmittelgesetz fallen und demnach von allen legal am Kiosk oder online gekauft werden können.

Der Trend macht auch vor den Jüngsten nicht halt. So warnte eine Fachperson des Schulwesens gegenüber zentralplus, dass vor, während und nach der Schule Vapes konsumiert würden. Sie kenne eine Schülerin, die bereits mit zwölf Jahren mit dem Vapen begonnen habe. Was die Schulen dagegen machen würden? Nicht viel, denn sie hätten das Problem gar nicht auf dem Radar, so die Person (zentralplus berichtete).

In einem Videocall nehmen Bettina von Holzen und Adrian Schuler Stellung zu den drängendsten Fragen. Bettina von Holzen ist Bereichsleiterin Förderangebote und Schuldienste der Luzerner Dienststelle Volksschulbildung, Adrian Schuler ist vom Ressort Jugendalter von der Fachstelle Akzent Prävention und Suchttherapie.

1. Wie verbreitet sind Vapes auf Luzerns Pausenplätzen?

Tatsache ist: Was in Luzerns Schulen und auf deren Pausenplätzen passiert, wissen nur die Schulen selbst. So ist die Dienststelle Volksschulbildung darauf angewiesen, Rückmeldungen von Schulen zu kriegen – was auch passiert ist.

Gemäss Adrian Schuler haben sich einzelne Schulen an Akzent gewandt, weil Vapen bei ihnen ein Thema ist und sie sich darüber informieren wollen. «Wir beobachten eine Zunahme, dass gerade Kinder und Jugendliche vermehrt auf Vapes zurückgreifen», so Schuler.

«Wir empfehlen Schulen, in ihren Schulhäusern und auf dem Schulareal ein Vape-Verbot auszusprechen.»

Bettina von Holzen, Dienststelle Volksschulbildung

Verlässliche Zahlen gibt es aber nicht. Eine Studie von Sucht Schweiz vom vergangenen Herbst zeigte, dass 36 Prozent der 15-Jährigen in den letzten 30 Tagen vor der Befragung mindestens ein nikotinhaltiges Produkt konsumiert haben. Schuler geht davon aus, dass dieser Anteil in den vergangenen Monaten nochmals angestiegen ist.

2. Wie besorgt sind Fachleute?

Beiden bereitet diese Entwicklung Sorgen. Zumal Vapes einfach erhältlich sind. «Für mich herrscht deswegen höchste Alarmstufe, weil das Problem bereits die Primarstufe betrifft», sagt Bettina von Holzen. Im Prinzip könnten wegen der Gesetzeslücke bereits Kindergartenkinder Vapes kaufen.

«Ein Verbot allein ist sicher nicht die Lösung.»

Adrian Schuler, Fachstelle Akzent

Schuler zeigt sich betroffen, weil Kinder früh mit Nikotinprodukten in Kontakt kämen. Durch Präsenz in den sozialen Medien wie Tiktok erscheine der Eindruck, dass Vapen nicht schädlich sei. «Vapes haben durch die fruchtigen Geschmacksrichtungen und bunten Farben eine Art Süssigkeiten- und Spielzeugcharakter erhalten.»

3. Was machen Schulen dagegen?

Schulregeln werden von Schulleiterinnen in Zusammenarbeit mit Lehrern aufgestellt. Es sei wichtig, dass Schulen ihre Regelwerke überprüfen – und dies auch klar kommunizieren würden, so Bettina von Holzen. «Wir empfehlen Schulen, in ihren Schulhäusern und auf dem Schulareal ein Vape-Verbot auszusprechen.» Damit würden dieselben Regeln für neue wie etablierte Tabakprodukte gelten, da Tabakzigaretten in den Schulen bereits verboten sind. Auch im Rahmen einer Online-Infoveranstaltung des Kantons in Zusammenarbeit mit Akzent riet man zu einem Vape-Verbot an Schulen. Teilgenommen haben laut von Holzen über 50 Personen aus dem Schulwesen.

Ob es Schulen gibt, die bereits ein solches Vape-Verbot ausgesprochen haben, weiss von Holzen nicht. Auch die Kommunikationsstelle des Luzerner Bildungs- und Kulturdepartements (BKD) kann keine Zahlen liefern. Die meisten Kantonsschulen würden zurückmelden, dass es «nur wenige Vaper und Vaperinnen» an den Schulen gebe. «Dennoch wollen die Schulleitungen bei einer Neuauflage oder Revision der Hausordnungen andere Formen des Tabakkonsums explizit erwähnen», schreibt Vera Bergen, stellvertretende Leiterin Kommunikation des BKD.

Doch was bringt ein solches Verbot überhaupt? Zumal Vapes kaum bleibende Gerüche hinterlassen und eine Schülerin auch heimlich auf dem Klo vapen könnte. «Ein Verbot allein ist sicher nicht die Lösung», betont Schuler. Genauso wichtig sei es, das Thema an Schulen zu behandeln, über die Gefahren aufzuklären und Schüler in ihren Lebenskompetenzen zu fördern. So beispielsweise, wie sie mit Druck von Mitschülern umgehen würden.

4. Wie gefährlich sind Vapes?

«Kinder und Jugendliche sind sehr gefährdet, eine Nikotinabhängigkeit zu entwickeln», weiss Adrian Schuler. Konsumiert der Mensch Nikotin, schüttet das Gehirn unter anderem Dopamin aus. Im Körper macht sich ein Wohlgefühl breit. Sinkt der Nikotinspiegel, kann man innerlich unruhig werden – ein Entzugssymptom.

Nikotin ist für Kinder und Jugendliche deswegen so gefährlich, weil es die Hirnentwicklung beeinflusst und auch schädigen kann. So können laut Schuler etwa Impuls-, Aufmerksamkeits- und Lernstörungen entstehen. «Je früher der Einstieg passiert, desto grösser ist das Risiko einer Abhängigkeit und desto anspruchsvoller ist auch der Ausstieg.» Zumal enthalten Vapes Stoffe, bei denen man schlichtweg nicht weiss, wie sich diese langfristig im Körper auswirken. Zudem sind Vapes auch für die Umwelt nicht gut. Die meisten Einweg-E-Zigaretten enthalten einen Akku, der nicht wieder aufgeladen werden kann. 

5. In Australien wurden Vapes verboten – und in der Schweiz?

In Australien geht die Regierung hart gegen Vapes vor. So sagte der australische Gesundheitsminister Mark Butler Anfang Mai, dass künftig die Einfuhr von allen Vapes verboten sei, die nicht für Apotheken bestimmt seien. Künftig soll in Australien also nur noch dampfen dürfen, wer von der Zigarette loskommen will. Auch bestimmte Verpackungen und Geschmacksrichtungen werden verboten. Butler forderte: «Keine Kaugummiaromen mehr, keine rosa Einhörner oder E-Zigaretten, die als Textmarker getarnt sind, damit Kinder sie in ihren Federmäppchen verstecken können.»

Auch in den USA hat sich etwas getan. 2022 verbot die US-Gesundheitsbehörde dem E-Zigarettenanbieter Juul den Verkauf von E-Zigaretten.

«Die Gesetzgebung hinkt definitiv hinterher.»

Adrian Schuler, Fachstelle Akzent

Und in der Schweiz? Hierzulande diskutieren Politikerinnen erst über ein solches Produkt. Im März reichten Politiker eine Motion ein, welche ein Verbot von E-Zigaretten fordert. Derzeit gibt es keine Verkaufseinschränkungen für Kinder beim Kauf von E-Zigaretten. Diese Gesetzeslücke wird laut Akzent voraussichtlich erst 2024 mit dem neuen Tabakproduktgesetz geschlossen.

Hat man in der Schweiz das Problem verschlafen? «Die Gesetzgebung hinkt definitiv hinterher», so Schuler. Dass Vapes so einfach verfügbar seien, sei ein grosses Problem. Denn die Verfügbarkeit habe einen Einfluss auf den Gebrauch von Suchtmitteln. «Deswegen freuen wir uns umso mehr auf den Tag, an dem die Verkaufseinschränkung für Kinder und Jugendliche endlich eingeführt wird.» Damit sei es aber nicht getan. Weitere Massnahmen, wie zum Beispiel Werbeeinschränkungen, Abgaben und eine bessere Versorgung mit Hilfsangeboten für Kinder und Jugendliche, seien essenziell.

6. Was können Eltern tun?

Neben Schulen kommt auch den Eltern eine wichtige Rolle zu. Schuler rät zu Folgendem: «Eltern sollten eine klare Haltung einnehmen und ihren Kindern sagen, dass sie gegen Vapes und Zigaretten sind, weil es sich dabei um keine Produkte für Kinder und Jugendliche handelt.»

Hätten Eltern etwas beobachtet oder den Verdacht, dass ihre Kinder vapen würden, lohne sich ein offenes Gespräch, in dem Eltern auch über die Risiken aufklären würden, die in Social Media meistens verharmlost würden. «Falls sie etwas beobachtet haben, sollten sie nachfragen, Interesse zeigen – und Sorge bekunden. Und nicht einfach die Rucksäcke ihrer Kinder durchwühlen und den Kindern nachspionieren.» Bei Unsicherheiten lohne es sich, Unterstützung aus dem Umfeld oder bei einer regionalen Beratungsstelle zu holen.

Hier findest du Hilfe

SafeZone.ch bietet kostenlos und anonym Onlineberatung zu Suchtfragen an.

Jugendlichen und Eltern wird auch bei Contact – Jugend- und Familienberatung geholfen.

Verwendete Quellen
  • Videocall mit Bettina von Holzen, Bereichsleiterin Förderangebote und Schuldienste der Dienststelle Volksschulbildung, und Adrian Schuler, Ressort Jugend bei Akzent
  • Schriftlicher Austausch mit Vera Bergen, stellvertretende Leiterin Kommunikation Bildungs- und Kulturdepartement
  • Studie von Sucht Schweiz
  • Youtube-Video der Infoveranstaltung des Kantons zum Thema Vapes
  • «SRF»-Medienbericht
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Karin
    Karin, 07.06.2023, 16:46 Uhr

    Wieso Experten

    Sache des Lehrers der klare und deutliche
    Worte spricht. Meldung an die Eltern mit einer Verwarnung.
    Wenn das nichts bringt: Wegweisung von der Schule
    Ganz klar muss die Schulleitung dahinter stehen.

    Experten benötigt es hier klar nicht.Stundenlanges Palaver bringt nichts, ausser dass sich das Portemonnaie füllt.

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