Bodum-Besetzung: Konzertveranstalter vor Gericht

Eugen Scheuch: «Ich habe nichts Unrechtes getan»

Eugen Scheuch vor dem Luzerner Bezirksgericht.

(Bild: giw)

Der Luzerner Eugen Scheuch kann kein Unrecht darin finden, vor zwei Jahren die Bodum-Villa an der Obergrundstrasse betreten zu haben. Am Dienstag stand der Boa-Aktivist deswegen vor dem Bezirksgericht. Die Verhandlung zeigte: Dem Konzertveranstalter geht es um mehr als seine Unschuld.

Rund zwei Jahre nach der ersten Besetzung der Bodum-Villa an der Obergrundstrasse 99 tritt das juristische Nachspiel der Ereignisse in eine nächste Phase. Vor dem Luzerner Bezirksgericht musste sich am Dienstagnachmittag der freie Konzertveranstalter und letzte Booker der Boa, Eugen Scheuch, verantworten. Bisher wurden im Zusammenhang mit der Besetzung 28 Personen wegen Hausfriedensbruch verurteilt, doch Scheuch akzeptierte den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft nicht und hat Einsprache eingereicht.

Medienberichte als argumentatives Schutzschild

Der Angeklagte bestreitet nicht, sich in der Nacht von Montag, 26. April, auf den Dienstag in der Villa an der Obergrundstrasse aufgehalten zu haben. Dort wurde er beim Verlassen des Gebäudes gegen drei Uhr morgens von der Polizei festgehalten. Scheuch, der auf einen Anwalt verzichtete, argumentierte während der Verhandlung, dass ihm an jenem Montagabend nicht bewusst gewesen sei, etwas Illegales zu tun. «Ich habe zu dem Zeitpunkt nicht damit gerechnet, Gesetze zu brechen», sagte Scheuch.

Er bezog sich dabei in seiner Verteidigung auf einen Bericht von zentralplus vom 22. April 2016. Dort habe die Polizei über die Medien mitgeteilt, zumindest bis Mittwoch die Zwischennutzung zu tolerieren. «Ich habe nichts Unrechtes getan.» Wenn er gewusst hätte, dass ein Besuch illegal gewesen sei, so hätte er die Liegenschaft nicht betreten. Er habe nicht mit Vorsatz gehandelt, so Scheuch.

Einer von vielen

Aus dessen Sicht herrschte an jenem Tag immer noch ein Klima der Akeptanz gegenüber den Besetzern: «Ich ging davon aus, dass es sich zu diesem Zeitpunkt um eine legale Zwischennutzung handelt – so wie es wohl Tausende andere Luzerner auch dachten», rechtfertigt sich der 42-Jährige vor Gericht. Zahlreiche Menschen seien in der Zeit im Haus ein- und ausgegangen und diverse Aktivitäten hätten dort stattgefunden. Obwohl er sich alleine verteidigte, zeigte Scheuch während den Ausführungen keine Nervosität. Er legte seine Position ruhig und bedacht dar.

Seine Absichten begründet Scheuch mit persönlichen und beruflichen Überlegungen: «Als Kulturveranstalter wollte ich mir ein Bild verschaffen.» Aus illegalen Besetzungen respektive dem Untergrund entstünden regelmässig Kulturzentren. Er erinnert dabei an die Rote Fabrik in Zürich, das Neubad oder auch die Boa. Für Scheuch handelte es sich bei Gundula auch um einen kulturellen Ort, er habe am Puls der Zeit sein wollen.

Die Verhandlung fand am Montag vor dem Bezirksgericht Luzern statt.

Die Verhandlung fand am Dienstag vor dem Bezirksgericht Luzern statt.

(Bild: giw)

Facebook-Post belastet Scheuch

Bei der Privatklägerschaft hielt man nichts von den Ausführungen: «Der Beschuldigte kann nicht ernsthaft bestreiten, dass er sich illegal auf dem Gelände aufhielt», sagte der Anwalt. Es sei aus den Medienberichten klar erkennbar gewesen, dass der Liegenschaftsbesitzer die Besetzung nicht guthiess.

«Es sollte strafbar sein, wenn man sein Haus einfach verlottern lässt.»

Eugen Scheuch, Beklagter am Bezirksgericht

Wie die Staatsanwaltschaft, verwies auch der Anwalt des dänischen Multimillionärs Jørgen Bodum in seinem Plädoyer auf einen Facebook-Beitrag der Gruppe Gundula, der von Scheuch geteilt wurde. Bereits aufgrund dieses Posts vom 14. April hätte der Beschuldigte wissen müssen, dass ein Betreten der Villa illegal ist und eine Räumung droht.

Scheuch anerkannte diesen vorgebrachten Beweis nicht: «Das sind russische Verhältnisse, wenn man etwas nicht mehr teilen darf!» Die Klägerschaft als auch der Richter verwiesen des Weiteren darauf, dass Hinweisschilder angebracht gewesen seien, die das Betreten der Liegenschaft klar verboten hätten. Doch Scheuch kann sich nicht erinnern, diese gesehen zu haben.

Beklagter hat wenig Hoffnung auf Freispruch

Das Urteil lag am Dienstag noch nicht vor – es wird den Parteien schriftlich zugestellt. Die Luzerner Staatsanwaltschaft, die vor Gericht nicht vertreten war, fordert für den mutmasslichen Hausfriedensbruch eine bedingte Geldstrafe von 20 Tagsätzen zu je 80 Franken mit einer Probezeit von zwei Jahren. Hinzu kommen eine Busse von 400 Franken sowie amtliche Kosten in der Höhe von gegen 450 Franken. Ausserdem würde Scheuch bei einer Verurteilung eine Entschädigung für die Verfahrenskosten des Privatklägers Bodum leisten müssen.

Nach der Verhandlung sagte Scheuch gegenüber zentralplus, dass er die Chancen für einen Freispruch gering einschätze, obwohl er die Beweislast gegen ihn als sehr dünn einschätzt.

Er wolle mit der Einsprache zeigen, dass er sich nicht schuldig fühle. «Ich sehe nichts Kriminelles darin, eine Zwischennutzung zu betreten und ein paar Biere zu trinken.» Eher sollte der Hausbesitzer Bodum zur Verantwortung gezogen werden, findet der Veranstalter, der sich selbst als politischen Menschen bezeichnet: «Es sollte strafbar sein, wenn man sein Haus einfach verlottern lässt.» Scheuch wünscht sich einen anderen Umgang mit Besetzungen in Luzern, so wie beispielsweise in Zürich oder Genf. Dort würden solche Zwischennutzungen eher geduldet. Er habe durchaus Sympathien für das Anliegen der Aktivisten, auch in der aktuellen Besetzung auf der Musegg (zentralplus berichtete).

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