Architekt Bruno Ackermann lässt nicht locker

Er will den Luzerner Kasernenplatz retten – mit einem Riesenparkhaus

Der pensionierte Bruno Ackermann und der Kasernenplatz im Hintergrund: Die «städtebauliche Wunde» lässt ihm keine Ruhe.

(Bild: jwy)

Er spottet gern über Architekten und provoziert mit Ideen. Doch wenn’s um den Kasernenplatz geht, hört beim pensionierten Architekten Bruno Ackermann der Spass auf. Die «städtebauliche Wunde» beschäftigt ihn seit 20 Jahren. Nun fordert der Adligenswiler ein neues Parkhaus unter anderem für Cars. Doch er dürfte erneut scheitern.

In einem langen Plastikrohr bringt er seine Pläne mit. Minutiös und über die Jahre hat Bruno Ackermann ein Bauprojekt ausgeheckt. Es würde mehrere Probleme auf einen Schlag lösen. Zumindest, wenn es nach seinen Vorstellungen geht. Und seine Vorstellungen bergen immer Zündstoff.

Der 78-jährige Adligenswiler Architekt könnte es auch gemütlich angehen und sich etwa beim Segeln entspannen. Die Weite des Meeres geniessen, von der er schwärmt. Aber der Querdenker und Provokateur hat ein Problem, und das schon lange: «Der Kasernenplatz lässt mir keine Ruhe.»

Ackermann hatte 2000 den Standort Kasernenplatz für einen Neubau der Universität lanciert, war dann aber mit seinem Projekt unterlegen. 2012 brachte er den Platz als Alternativstandort für die Zentral- und Hochschulbibliothek ins Gespräch und zuletzt 2015 als Standort für die Salle Modulable. Jedes Mal ohne Erfolg. Bis dato sind alle Projekte gescheitert und auch für seinen neusten Einfall sieht es nicht gut aus, die Stadt hat andere Pläne für die Cars. Der Kasernenplatz, er bleibt eine «städtebauliche Wunde», wie Ackermann es nennt. «Man müsste das einfach mal lösen», fordert er seit Jahren. Aber sein Ruf bleibt ungehört.

Parkhaus mit eigenem Autobahnanschluss

Das Projekt für ein Parkhaus am Kasernenplatz basiert auf seiner ursprünglichen Idee für den Uni-Neubau. Ein gewaltiger 164 Meter langer Längsbau würde den heutigen Autobahnzubringer parallel zur Reuss überdecken. Darin: ein fünfgeschossiges Parkhaus mit 500 Parkplätzen.

«Ein Parkhaus lässt keine Architekten-Fürze zu.»

Bruno Ackermann

Daran anschliessend käme bei der Geissmattbrücke anstelle des «Utoring»-Gebäudes ebenfalls ein Neubau hin, der im EG Platz für 31 Cars und auf vier Etagen für weitere 400 Autos böte. Der Clou: Sie wären mit separater Spur direkt an die Autobahn angebunden. «Wir haben ein Parkhaus und wir haben die Autobahn, das ist der grosse Vorteil», sagt er.

Kasernenplatz heute und nach den Plänen von Bruno Ackermann:

Ackermanns Vorschlag hätte neben dringend benötigten Carparkplätzen den Vorteil, dass das Reussufer vom Verkehrslärm beruhigt und mit einer Baumreihe begrünt würde. Die Architektur: kein Chichi, keine Reizüberflutung, sondern eine «klare, bauliche Strukturierung, die keine egozentrischen Exzesse zulässt», sagt Ackermann. Und er fügt ohne Ironie an: «Ein Parkhaus am Kasernenplatz lässt glücklicherweise keine Architekten-Fürze zu. Es bedingt eine klare Linie. Jene, die sich verwirklichen wollen, werden daran nicht interessiert sein.»

«Man muss die grossen Achsen einfach sehen.»

Bruno Ackermann

Da sind wieder die spöttischen Worte, mit denen er über Architekten und ihren Drang zu «Events» spricht. «Jedes Haus, das in der Schweiz gebaut wird, ist eines zu viel», sagt er. Darum interessiert ihn der Kasernenplatz viel mehr als die grüne Wiese.

Ackermann hat zu vielem eine Meinung und fällt als passionierter Leserbriefschreiber auf. Sei es zu den Wahlen in Russland, zur Raumplanung im Rontal oder vor allem damals in der Debatte über die Salle Modulable, als er sich dezidiert gegen den Standort Inseli aussprach. Aus der Architekturszene hat sich Ackermann nicht nur altershalber zurückgezogen.

Baselstrasse ans Zentrum anbinden

Seine Grundüberlegung für ein neues Parkhaus am Kasernenplatz ist alles andere als radikal. Man müsse den Reussbereich zwischen Pfistergasse und Geissmattbrücke als Teil eines vergrösserten Stadtkerns betrachten, fordert Ackermann. «Damit würden die Basel- und Bernstrasse ans Zentrum angebunden.»

Die klaren, schlichten, aber markanten Bauten, wie sie ihm vorschweben, würden «die historische Bausubstanz akzentuieren und so ein Gegengewicht zum rechten Reussufer schaffen», ist Ackermann überzeugt. Kleinmassstäblich sei hier nichts zu retten. Schon mit seinem Uni-Neubau wollte er den «grosszügigen Geist und das Wesen dieser Stadt» aufgreifen, wie Ackermann das nennt.

Die «Konsequenz der grossen Linien» und die grosszügigen Alleen im Uferbereich würden weitergeführt – wie man das am Schweizerhof- oder Carl-Spitteler-Quai sieht oder an der Bahnhofstrasse, die ja bald zu einer Allee aufgewertet und autofrei wird. Die grossen Achsen: «Man muss sie einfach sehen», sagt Ackermann.

Der Unort Kasernenplatz im Schnelldurchlauf:

 

Die Stadt hat andere Pläne

Aber eben: Die Stadt Luzern hat andere Pläne. Die Cars sollen auf der Allmend parkiert werden, empfahl jüngst eine Studie. Parallel dazu werden die Parkhausprojekte Musegg und Schweizerhofquai weiterverfolgt (zentralplus berichtete). Entweder wird ein Carparkplatz Allmend alleine oder in Kombination mit einer Parkhauslösung realisiert.

Bruno Ackermann hat seine Idee auch bei Ueli Haefeli deponiert, der als Experte von Interface Politikstudien die neuste Carstudie für die Stadt Luzern erarbeitet hat (zentralplus berichtete). Haefeli bestätigt, dass er neben anderen Vorschlägen für den Kasernenplatz auch Bruno Ackermanns Projekt geprüft hat (obwohl dieses eigentlich zu spät eingereicht wurde, weshalb es im Schlussbericht nicht erwähnt ist).

Auch Haefeli sieht Handlungsbedarf für diesen «städtebaulich sensiblen Ort». Aber: «Ich würde die Entwicklung am Kasernenplatz nicht mit der Carfrage koppeln, die ist schon kompliziert genug.» Dass die Studie empfiehlt, das Parkhaus am Kasernenplatz nicht weiterzuverfolgen, hat für den Experten vor allem mit zwei Mängeln des Projekts zu tun:

1. Distanz zum Schwanenplatz: Um zu Fuss die Hotspots wie Bucherer zu erreichen, sei es zu weit. «Man müsste trotzdem wieder auf die Strasse umsteigen, das wollen wir verhindern», so Ueli Haefeli. Die Allmend sei via Schiene optimal mit dem Bahnhof verbunden, hier hat es noch Kapazität. Vom Bahnhof ist der Schwanenplatz schliesslich gut zu Fuss erreichbar.

2. Besitzverhältnisse: Man müsste die Besitzverhältnisse des Utoring-Gebäudes neu regeln, was das Projekt stark verzögern könnte. «Die Stadt muss bei der Carfrage möglichst allein entscheiden können, sonst wird es zu kompliziert», so Haefeli.

Zudem sei die Kapazität mit 31 Carparkplätzen ohnehin zu klein, denn mit dem Wegfall des Inselis werden künftig 83 neue Parkplätze benötigt. Bei der Stadt Luzern war wegen Ferienabwesenheit diese Woche niemand erreichbar.

Zur Not ginge es auch kleiner

Bruno Ackermann versteht nicht, dass die Option Kasernenplatz ausgeschieden ist. «Sie ist realistischer als alle anderen Ideen», ist er überzeugt. Und trotz Zusatzräumlichkeiten sei sie zudem bedeutend günstiger als das Musegg-Parking, das rund 150 Millionen Franken kosten würde. Der Parking-Idee unter dem Schweizerhofquai kann er nichts abgewinnen.

Auch dass die Hunderten zusätzlichen Autoparkplätze in Ackermanns Plan politisch derzeit unrealistisch sind, hält ihn nicht von seinem Projekt ab. Schliesslich seien auch beim Musegg-Parking 600 Autoparkplätze geplant.

Die beiden Neubauten nach Bruno Ackermann, das bestehende Parkhaus würde bleiben.

Die beiden Neubauten nach Bruno Ackermann, das bestehende Parkhaus würde bleiben.

(Bild: zvg)

Dass der Utoring in Privatbesitz ist, dieses Problem sieht der Architekt durchaus. Er hat im grossen Längsgebäude bereits Ersatzräumlichkeiten eingeplant – angrenzend an die Reuss und mit ruhiger Lage. «Wenn ich Besitzer wäre, dann würde ich sofort zusagen, das ist doch eine Aufwertung für diese Liegenschaft», sagt er.

Aber zur Not wäre das Vorhaben auch ohne Utoring und nur mit dem Längsbau zu realisieren. Die Cars müssten dann dort unterkommen. «Diese Möglichkeit habe ich studiert, die Geschosse würden dann wesentlich höher», sagt er, aber es gäbe garantiert 40 Carparkplätze.

Bucherer auf dem Parkhaus-Dach?

Aus seiner Sicht ist vom Kasernenplatz der Touristenhotspot am Schwanenplatz gut zu Fuss erreichbar – und schneller als von der Allmend. Der Weg über die Spreuerbrücke oder via Reusssteg und über die Kapellbrücke geht an Sehenswürdigkeiten und Fotosujets vorbei. «Die Touristen können auch mit dem Touristen-Bähnli ins Zentrum fahren», scherzt er. «Oder Bucherer, Gübelin und Co. platzieren ihre Schmuckläden gleich im Attikageschoss mit Sicht über die ganze Stadt.»

Man merkt: Die Anzahl Parkplätze oder politische Widerstände halten ihn nicht auf, es geht Ackermann um die städtebaulich grossen Fragen und er sieht den Kasernenplatz als Lebensaufgabe und seine Ideen als Impuls eines unabhängigen Denkers. «Ich gebe einfach gerne Anstösse.» Doch glaubt er nach so vielen Jahren tatsächlich noch an sein Lebenswerk Kasernenplatz? «Ich glaube an nichts mehr, was Architektur anbelangt», sagt er und lacht bitter.

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