Luzerner Firma Schindler

Engagement für LGBTQ-Community sorgt für Irritation

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte war die diesjährige Pride Trans-Menschen gewidmet. (Bild: Zurich Pride Festival)

Es ist Pride-Month – und viele Firmen färben als Zeichen der Solidarität ihre Firmenlogos mit den Regenbogenfarben ein. Dies, um sich zur LGBTQ-Community zu bekennen. Auch der Luzerner Lifthersteller Schindler. Aber nicht in allen Ländern – gerade in jenem nicht, in dem Homosexualität stark tabuisiert ist.

Wehende Regenbogenfahnen, wohin das Auge reicht, Seifenblasen und viel Glitzer: Am Samstag wurde in Zürich die 28. Zurich Pride gefeiert – und das bunt und laut. Die Organisatoren sprechen von 40’000 Menschen, die auf die Strasse gezogen sind. Das ist neuer Rekord.

Was nach Party klingt, hat einen ernsten Hintergrund: Zum ersten Mal in ihrer Geschichte war die diesjährige Pride Trans-Menschen gewidmet. Die Teilnehmenden rückten den Fokus auf die rechtliche Situation und die Diskriminierung von Trans-Menschen.

Im ganzen Juni schon, dem Pride-Month, haben zahlreiche Firmen ein Zeichen gesetzt und ihre Logos regenbogenfarbig eingefärbt. Dies als Engagement für die LGBTQ-Community (zentralplus berichtete).

Firmen färben ihre Logos nicht überall mit den Regenbogenfarben

Auch der Luzerner Lifthersteller Schindler hat auf Facebook das Firmenlogo angepasst. Was auffällt: Das Logo auf der Facebook-Seite des Hauptsitzes in Ebikon haben die Verantwortlichen mit den Regenbogenfarben umrandet. Unter anderem auch das Logo von «Schindler India» oder «Elvadores Schindler México». Nicht aber das Logo von «Schindler Italia» oder «Schindler Egypt». Gerade bei letzterem wäre es ein starkes Statement: In Ägypten ist Homosexualität heute noch stark tabuisiert und wird strafrechtlich verfolgt. Und bei einem geposteten Bild einer Regenbogenfahne finden sich eine Handvoll gehässiger Kommentare auf arabisch.

Darauf angesprochen, weshalb nicht überall das Logo eingefärbt wurde und ob das Engagement der Firma auch von den Mitarbeitenden vor Ort getragen werde, antwortet die Medienstelle des Liftherstellers ausweichend.

«Der Pride Month wird bei Schindler mit verschiedenen internen globalen und lokalen Events gefeiert», so eine Mediensprecherin. In welchen Ländern konkret, bleibt offen. «Zudem haben wir während des ganzen Monats Juni das Logo der Gruppe mit der Regenbogenflagge ergänzt.» Nur eben nicht auf allen Socia-Media-Kanälen. Warum nicht, darauf geht die Sprecherin auch bei erneutem Nachfragen nicht ein.

Pinkwashing – wenn Firmen nur Sympathiepunkte holen wollen

Logos nur auf spezifischen Kanälen einzufärben – das stand in den letzten Jahren immer wieder in der Kritik. Auch bei grossen Autoherstellern oder Textilhandelsunternehmen stand die Kritik im Raum. In diesem Zusammenhang fällt immer wieder ein Begriff: Pinkwashing. Es ist die Marketingstrategie von Firmen, um als tolerant und queer-friendly zu gelten und damit Sympathiepunkte zu gewinnen.

«Erst seitdem Offenheit und Toleranz gegenüber der LGBTQIA+-Community salonfähig wurde, setzen manche Firmen ein Statement. Das löst bei uns ein müdes Lächeln aus.»

Roman Heggli, Pink Cross

Pink Cross, die Dachorganisation der schwulen und bisexuellen Männer in der Schweiz, betrachtet das kritisch. Geschäftsleiter Roman Heggli sagt zum allgemeinen Engagement von Firmen für die LGBTQ-Community, ohne dabei spezifisch auf die Schindler-Logos einzugehen: «Lange Zeit wollten Firmen möglichst wenig mit der queeren Community zu tun haben.»

Viele queere Menschen erlebten Diskriminierung bei der Anstellung oder standen vor grossen Problemen, sich in einer Firma zu outen. «Erst seitdem Offenheit und Toleranz gegenüber der LGBTQIA+-Community salonfähig wurde, setzen manche Firmen ein Statement», sagt Heggli. «Und das löst bei uns ein müdes Lächeln aus. Gleichzeitig ist die Sichtbarkeit dadurch auch wichtig und schön.»

Natürlich reicht es nicht, sein Logo in einen Regenbogen-Topf zu tränken. Es brauche eine «ehrliche Solidarität», betont Heggli. Und das bedeutet: Eine klare Haltung und Arbeit, um Arbeitnehmende, die Teil der queeren Community sind, vor Diskriminierung zu schützen. Und auch die Bereitschaft, das Geld nicht nur für Werbezwecke für die Community zu nützen, sondern beispielsweise auch in wohltätige Organisationen investieren.

Das tut Schindler für die LGBTQ-Community – in der Schweiz

Und das tut Schindler in der Schweiz ja auch. Der Lifthersteller hat das Swiss LGBTI-Label erlangt. Mit diesem werden Organisationen ausgezeichnet, die sich für eine «innerbetriebliche Gleichberechtigung» einsetzen.

Letztes Jahr hat Schindler zudem das «LGBTIQ+-Versprechen» unterzeichnet. Mit diesem haben 24 CEOs bekannter Unternehmen in der Schweiz ein Versprechen abgegeben, die Arbeit der Mitarbeiterinnen anhand vieler Kriterien zu bewerten – nicht aber danach, wen man liebt.

«In Zukunft werden wir in der Schweiz noch stärker Themen rund um ‹Sexual Orientation› und ‹Physical Ability› auf die Agenda setzen.»

Schindler Schweiz

Und der Lifthersteller gibt der Community auch Geld zurück: So ist Schindler beispielsweise Hauptsponsor der diesjährigen Pride in Luzern, die in diesem September stattfindet (zentralplus berichtete).

Das Engagement für die queere Community bleibt dem Lifthersteller wichtig. «In Zukunft werden wir in der Schweiz noch stärker Themen rund um ‹Sexual Orientation› und ‹Physical Ability› auf die Agenda setzen», so die Mediensprecherin. Schindler Schweiz möchte auf jeden Fall das LGBTQ-Label übers Jahr 2023 hinaus behalten.

Auf dem Papier wird Diversität grossgeschrieben

Doch was tut Schindler an seinen Standorten wie Kairo oder Saudi-Arabien konkret für die LGBTQ-Community? Die Mediensprecherin weicht auch hier aus: «Schindler setzt sich weltweit für die Schaffung und Erhaltung eines sicheren und inklusiven Arbeitsumfelds ein, wie das auch in unserem globalen I&D Commitment festgehalten ist.»

Zudem würden weltweit die Richtlinien zur Prävention von Diskriminierung und Belästigung gelten. Und alle Mitarbeitenden würden fortlaufend bezüglich Anti-Discrimination und Harrassment-Themen geschult.

Blicken wir also in diese angesprochene Verpflichtung. Schindler hält darin fest, inklusiv zu sein. Dies, indem sie eine Umgebung schafften, in der sich die unterschiedlichsten Menschen willkommen, aufgenommen und ermächtigt fühlen würden. Und die Firma sei divers, da man eine Fülle von Menschen mit Hintergründen, Erfahrungen und Perspektiven anstelle, welche Diversität widerspiegelten.

Unter anderem wird beispielsweise festgehalten, dass Personen mit Leitungsfunktion und das HR ermutigt werden, eine «enge Verbindung zu unter-repräsentierten Gruppen» aufrechtzuerhalten. Um so die Mitarbeitenden am Arbeitsplatz besser zu verstehen und auch eine diverse Gruppe zu erhalten. Es soll auch dem Zweck dienen, dass alle Mitarbeitenden zeigen können, dass sie sich um andere kümmern. Und zwar, indem sie für andere einstehen könnten, wenn jemand nicht mit Respekt behandelt würde. Das klingt alles gut – wie das Ganze in der Realität aussieht, auch an den weltweiten Standorten von Schindler, wissen wir natürlich nicht.

In allen Ländern ein Statement setzen, das kostet Firmen Mut

Heggli von Pink Cross würde sich allgemein gerade von international tätigen Firmen mehr erhoffen. Er sagt: «Es gibt Länder, in denen Queer-Sein ein Tabu oder gesellschaftlich verpönt oder gar strafrechtlich verfolgt wird. Gerade da wäre es ein besonders wichtiges Zeichen, wenn eine Firma hinsteht und ein Statement abgibt – sei es auch mit einem Regenbogen-Logo. Doch das braucht Mut.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Schindler Schweiz
  • Telefonat mit Roman Heggli, Pink Cross
  • Facebook-Seiten von Schindler
  • Commitment von Schindler
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