Abfallverursacher finanzieren Littering-Kampagne

Eine Zürcher Organisation will Luzerner beim Güsel erziehen

Die Anti-Litterer sind morgen in Luzern.

 

(Bild: zvg)

Diesen Donnerstag veranstaltet die «Interessengemeinschaft saubere Umwelt» eine Aktion gegen Littering. Auf dem Luzerner Schwanenplatz posiert die Lokalprominenz für die gute Sache. Doch das Geld für die Kampagne stammt von Akteuren, die selber einen grossen Teil des Abfalls produzieren.

Niemand mag die Abfallberge, die in Luzern auf Wiesen, Trottoirs und an Uferpromenaden landen. Gegen das Littering engagiert sich unter anderem die Interessengemeinschaft saubere Umwelt (IGSU). Sie veranstaltet am Donnerstag eine Aktion auf dem Schwanenplatz, bei der sie den Passanten laut einer Mitteilung das Versprechen abringt, ihre Abfälle heute und in Zukunft korrekt zu entsorgen. 

Botschafter werden entschädigt

Mit Statements und Unterschriften auf einem Plakat sollen sich Luzerner zu einer sauberen Stadt Luzern und einer sauberen Schweiz bekennen. Der Verein hat seinen Sitz in Zürich – und will nun also den Luzernern die Leviten lesen. Mit dabei ist laut IGSU auch die Luzerner Polit-Prominenz: etwa CVP-Nationalrätin Andrea Gmür, SVP-Kantonsrat Pirmin Müller oder FDP-Kantonsrat Fabian Peter. Kurz vor Mittag findet dann auch ein Fototermin «mit anwesenden Persönlichkeiten statt, die das Ziel einer sauberen Stadt Luzern und einer sauberen Schweiz unterstützen.»

Betreut werde die Aktion von den IGSU-Botschafter-Teams. «Die IGSU versucht primär eine Verhaltensänderung bei der breiten Bevölkerung zu erreichen», erklärt Geschäftsführerin Nora Steimer. Was sich nach einer kleinen Nichtregierungsorganisation mit vielen Freiwilligen anhört, ist tatsächlich eine professionelle Kampagnenmaschinerie. Gegründet vor zehn Jahren, führt sie jedes Jahr in zahlreichen Schweizer Städten Aktionen wie in Luzern durch.

Steimer bestätigt, dass die «Botschafter» für ihren Einsatz bezahlt werden. Doch es gehe nicht darum, dass Auswärtige nun in Luzern eine Moralpredigt halten: «In unserem Team sind Leute aus der ganzen Schweiz. Ihnen allen liegt die Umwelt am Herzen, auch wenn sie für ihren Einsatz entschädigt werden.»

Gelder stammen aus der Privatwirtschaft

Das Geld für die Kampagne, die fünf insgesamt Festangestellten und die rund 80 temporären Mitarbeiter stammt aus zahlungskräftigen Händen. Getragen wird die IGSU von der Privatwirtschaft – unter anderem vom Lobbyverband der Zigarettenindustrie, «Swiss Cigarette», von «Mc Donalds», «Migros», «Coop» sowie den Gratiszeitungen «20 Minuten» und «Blick am Abend».

Also just jene Firmen, die für die ganzen Verpackungen und damit für das Littering mitverantwortlich sind, strecken am Donnerstag den Mahnfinger in die Luft. Auf der Webseite steht, Littering sei die zunehmende «Unsitte».

Es werden also die Endverbraucher erzogen. Doch werden auch die Abfallproduzenten aus der Privatwirtschft in die Pflicht genommen, die Verpackungsmenge zu reduzieren? «Natürlich ist das ein relevanter Aspekt bei der Litteringprävention», bestätigt Steimer.

Mc Donalds Schweiz inszeniert ihren Einsatz gegen Littering in Zürich.

 

Keine Zahlen bekannt

Doch dazu steht auf der Webseite und in den Materialien kaum etwas. Die Organisation ist laut eigenen Angaben auf der Strasse unterwegs, sie besucht ausserdem Schulen, stellt kostenloses Unterrichtsmaterial für Lehrpersonen zur Verfügung oder arbeitet mit Bund, Kantonen sowie Gemeinden bei der Litteringprävention zusammen.

Handelt es sich also primär um eine PR-Aktion der Grossunternehmen? Steimer widerspricht: «16’000 Stunden Aufklärungsarbeit im öffentlichen Raum im Jahr 2016 sind kaum nur eine PR-Massnahme.» Das Jahresbudget der IGSU beträgt laut Steimer ungefähr eine Million Franken pro Jahr. Wie viel die verschiedenen Unternehmen und Verbände zum Budget beitragen, ist aus dem Jahresbericht 2016 nicht ersichtlich. Lediglich die Verteilung der Gelder wird kommuniziert. 

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