Frauenstreik-Kollektiv organisiert Frauenrundgang

Ein Jahr nach dem Aufschrei in Lila: Frauen nehmen Zuger Plätze in Beschlag

Die Zuger Frauen setzen wieder Statements: Auf einem informativen Frauenrundgang erhalten Besuchende Einblicke in die Situation von Frauen. (Bild: ida)

Das Frauenstreik-Kollektiv gibt keine Ruhe. Mit Plakaten informiert es derzeit an einem Rundgang durch Zug über die Situation von Frauen – und macht so auf ihr Anliegen aufmerksam. Einige Fakten haben sogar Mitorganisatorin Julia Küng erschreckt.

Vor gut einem Jahr waren es 700 Frauen in Lila und Violett, welche die Strassen Zugs füllten (zentralplus berichtete). Und auch ein Jahr nach dem grossen Aufschrei sieht man seit letztem Sonntag hie und da einen Flecken Violett. Die Frauen haben bekannte Zuger Plätze wieder in Beschlag genommen.

Das Zuger Frauenstreik-Kollektiv organisierte einen Frauenrundgang, der noch bis am 28. Juni quer durch Zug führt. An insgesamt neun Standorten sind informative Plakate aufgestellt, die über die Situation von Frauen informieren. Drei klären über die schlechten Arbeitsbedingungen in der Pflege auf.

«Wir wollen auch ein Jahr später zeigen: Wir haben Gleichstellung noch nicht erreicht, gerade in Zug», sagt Julia Küng vom Zuger Frauenstreik-Kollektiv. Deswegen sei es an der Zeit, dass die Frauen in Zug wieder sichtbar werden. «Vor einem Jahr waren wir an der Demo laut und frech, dieses Jahr wollten wir nun mehr inhaltlich arbeiten und Aufklärungsarbeit leisten.»

Hier führt der Frauenrundgang durch Zug:

Station Bahnhofplatz

Julia Küng führt aus: «Viele haben seit der Wahl Manuela Weichelts in den Nationalrat das Gefühl, dass das Thema Gleichstellung damit abgehakt ist. Doch damit es eben nicht getan!»

Die Forderungen des Frauenstreiks seien drängender denn je. Darauf macht das Kollektiv auf seinem Frauenrundgang aufmerksam. Wir beginnen den Rundgang beim Zuger Bahnhofplatz. Bei dieser Station werden wichtige, aber unbekannte Frauen der Geschichte vorgestellt.

Im Hintergrund das Quietschen auf den Geleisen, lesen wir hier beispielsweise von Marie Curie. Sie hat 1898 die Radioaktivität von Uranverbindungen entdeckt. Auch June Almeida wird vorgestellt, die Entdeckerin der Coronaviren.

Die Station am Bahnhofplatz informiert über unbekannte, aber wichtige Frauen. (Bild: ida)

Station Bundesplatz

Wir schlendern weiter in Richtung Bundesplatz. Hier macht das Kollektiv Zuger Frauenstreik auf Gewalt an Frauen aufmerksam. Ein Problem, dass sich zu Corona-Zeiten zugespitzt hat. Laut der Weltgesundheitsorganisation ist Gewalt für Frauen zwischen 16 und 44 Jahren Todesursache Nummer 1.

Diese Tatsache hat Julia Küng selbst schockiert. Und nachdenklich gestimmt, wie sie sagt: «Es hat mich sehr mitgenommen und ich fühlte mich machtlos.» Das brachte sie auf die Idee, unter diesem Plakat eine Schnur zu spannen, an der Besuchende ein violettes Band aufhängen können. Es soll Hoffnung und Zusammenhalt symbolisieren.

Die violetten Bänder sollen Hoffnung und Zusammenhalt symbolisieren. (Bild ida)

Station Musikschule

In Zug blieb es nach dem grossen Aufschrei ruhiger als in anderen Kantonen. Es sei «ernüchternd» gewesen. Neue Hoffnung flammte auf, als eine Busse ins Haus der Organisatorinnen flatterte. Viele waren «hässig», die Frauen tauchten vermehrt zu den Treffen des Frauenstreiks auf (zentralplus berichtete). Der Effekt blieb von kurzer Dauer. Anfang Jahr nahm die Mobilisation wieder ab, erzählt Julia Küng.

Bis Corona kam: «Die Corona-Krise hat viele Zugerinnen und Zuger wieder aufgerüttelt.» Nicht zuletzt, weil sich Probleme zuspitzten. Neben der Zunahme an häuslicher Gewalt hat die Krise gezeigt, wie wichtig Care-Arbeit ist – und wie schlecht die Arbeitsbedingungen sind.

Deshalb wird der Posten bei der Zuger Musikschule dem Thema Care-Arbeit gewidmet. Anhand der Kinderbetreuung wird gezeigt, dass der Beruf als Kinderbetreuerin aufgewertet werden muss. «Jö, du spilsch mit Chind, so herzig!» Solche Sprüche mögen Betroffene nicht mehr hören.

Das Zuger Frauenstreik-Kollektiv schreibt deshalb klar: «Ja, die Kinder sind herzig. Unsere Arbeit ist es nicht. Es erfordert viel mehr, als mit den Kindern zu spielen.»

Das Plakat bei der Zuger Musikschule. (Bild: ida)

Station Hirschgehege

Zwei weitere Plakate beim Hirschgehege und bei der Primarschule Burgbach widmen sich dem Thema Pflegearbeit.

Beim Hirschgehege wird über die schlechten Arbeitsbedingungen und die psychische Gesundheit von Pflegefachleuten aufgeklärt. Laut einer Studie des Universitätsspitals Zürich zeigen 20 Prozent des Gesundheitspersonals Symptome einer Depression, rund ein Viertel hat klinisch relevante Symptome von Angsterkrankungen.

Drei Plakate widmen sich dem Thema Care-Arbeit und Pflege zu Corona-Zeiten. Hier beim Zuger Hirschgehege. (Bild: ida)

Station Burgbach

Beim Plakat bei der Primarschule Burgbach haben Pflegefachfrauen ihre Gedanken auf einem Plakat niedergeschrieben. Eine Pflegefachfrau schreibt, dass sie zu Beginn von Corona Hoffnung hatte, dass ihr Beruf tatsächlich mehr wertgeschätzt werden könnte. Doch nun schreibt sie: «Leider ist ausser dem Klatschen nicht geschehen.»

Das Plakat bei der Primarschule Burgbach. (Bild: ida)

«Mir war selbst nicht genügend bewusst, wie schlecht Pflegerinnen bezahlt werden und dass ihre Arbeit dermassen auf die Psyche schlägt», sagt Julia Küng.

Sie hat die Hoffnung, dass die Krise zu einem Umdenken und zu neuem Schwung in Zug führt. «Wir müssen dranbleiben», sagt Julia Küng. «Und das werden wir auch.»

Station Hafenplatz

Die Frauen richten beim Plakat am Zuger Hafenplatz sieben Appelle an den Bundesrat und das Parlament. Unter anderem fordern sie bessere Arbeitsbedingungen in systemrelevanten Berufen und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Jede Forderung ist mit zahlreichen Fakten und Belegen untermauert.

Das Zuger Frauenstreik-Kollektiv hofft, andere mit ihrem Frauenrundgang zum Nachdenken anzuregen. «Seit dem Frauenstreik sind zwar Gleichstellungsthemen in der Gesellschaft präsenter», sagt Julia Küng. «Doch vielen ist nicht bewusst, wie ernst die Lage wirklich ist.»

Bei der Station am Zuger Hafenplatz formulieren die Frauen sieben Appelle an den Bundesrat und das Parlament (Bild: ida)
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