Ein Grab für Sternenkinder: Eltern kämpfen um Recht auf Abschied
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Für viele Eltern ist ein Grab ein Trost. Doch nicht alle dürfen ihr Sternenkind in Luzern bestatten. Das soll sich nun bald ändern.
Wenn die ersten warmen Apriltage den Frühling ankündigen, beginnt die japanische Kirschblüte zu blühen. Für wenige Wochen entfaltet sie ihre zarten rosa Blüten – bis der Wind sie fortträgt und die Äste kahl zurücklässt. Die japanische Kirschblüte steht für die Vergänglichkeit des Lebens.
An ihren Zweigen, im Friedhof Friedental, baumeln Nuggis, Plüschtiere, Stein- und Holzherzen. Erinnerungen an Kinder, die nie richtig in dieser Welt angekommen sind.
Das ist leider keine Seltenheit: Eine von sechs schwangeren Frauen verliert in den ersten Wochen ihr Kind. An diese Sternenkinder können Eltern beim Friedhof Friedental gedenken. Hier steht im hinteren Teil, bei der Kinderkapelle, das Kinderfeld.
Der damalige Friedhofsverwalter des Friedentals, Josef Theiler, soll 1989 die Wiese mit dem Kirschbäumchen bereitgestellt haben.
Nicht alle fehlgeborenen Kinder haben Anrecht auf Bestattung
Alle Eltern, deren Kinder im Luzerner Kantonsspital zu früh verstorben sind, können die Sternenkinder hier verabschieden und bestatten – unabhängig von ihrer Wohngemeinde.
«Für Eltern, Geschwister, aber auch Götti und Gotti sowie andere Angehörige ist das Kinderfeld ein extrem wichtiger Ort.»
Pascal Vincent, Leiter Friedhöfe Stadt Luzern
Das Problem: Nicht alle Eltern dürfen ihre toten Kinder bestatten. Fehlgeborene Kinder, die zur Zeit der Geburt zu jung oder zu leicht waren, haben kein Anrecht auf Bestattung. Manche Kantone wie Zürich, Waadt, Bern und Jura haben deswegen ihre kantonalen Bestattungsverordnungen angepasst.
Anders der Kanton Luzern. Das hat Laura Spring, Luzerner Grüne-Kantonsrätin, kritisiert: «Eltern sollen nicht darum kämpfen müssen, würdig Abschied nehmen zu können von ihrem Kind.» Mit diesen Worten forderte sie die Regierung mittels Postulat auf, das Bestattungswesen anzupassen. In Luzern sollten alle Eltern ihre tot- und fehlgeborenen Kinder bestatten dürfen, sofern sie dies wünschen würden, so Spring (zentralplus berichtete).
Luzerner Regierung sieht Wichtigkeit
Nun liegt die Stellungnahme der Luzerner Regierung vor. Auch sie hält fest, dass in bestimmten Gemeinden Eltern die Bestattung ihres toten Kindes trotz ausdrücklichen Wunsches verwehrt bleibe. Das könne Betroffene in der ohnehin schon einschneidenden Situation zusätzlich belasten. Jemanden würdevoll zu verabschieden, helfe Betroffenen beim Trauern.
«Die Bestattung von Fehlgeborenen sollte deshalb in allen Gemeinden des Kantons Luzern möglich sein», hält der Luzerner Regierungsrat fest. Deswegen ist er bereit, zu prüfen, wie die kantonale Bestattungsverordnung angepasst werden kann. Dies hätte keine Kostenfolgen für den Kanton.
Ein Platz für alle Sternenkinder
Ein Sternenkindergrab kann für Eltern ein Ort des Trostes und der Verbundenheit sein. «Für Eltern, Geschwister, aber auch Götti und Gotti sowie andere Angehörige ist das Kinderfeld ein extrem wichtiger Ort», hielt Pascal Vincent, Leiter Friedhöfe der Stadt, gegenüber zentralplus fest. Auch in Kriens, wo es seit 2022 ein solches Grab gibt, möchte man darauf nicht mehr verzichten.
Denn ein würdevoller Abschied ist mehr als nur ein Ritual – er gibt den Hinterbliebenen die Gewissheit, wo ihr Sternenkind ist. Früher wurde Eltern diese Möglichkeit verwehrt: Man nahm ihnen ihre Kinder einfach weg und entsorgte sie als «organischen Abfall».
Heute weiss man, wie wichtig es ist, Abschied nehmen zu können.
- Stellungnahme der Luzerner Regierung zum Postulat zu Sternenkinder
- Medienarchiv von zentralplus