Sektenexperte aus Luzern

Ehemaliger Sektenberater kritisiert Landeskirche

Martin Scheidegger lebt mittlerweile in einer Berner Vorortsgemeinde und pflegt seinen japanisch inspirierten Meditationsgarten. (Bild: Archivbild: zvg)

Martin Scheidegger hat die ehemalige Sektenberatungsstelle für die Zentralschweiz mit aufgebaut. Heuer kritisiert er die Landeskirche – vor allem ihre Reaktion auf den Gazakrieg.

Der reformierte Pfarrer Martin Scheidegger hat jahrelang Menschen beraten, die von einer Sekte loskommen wollen. Nun ist er aus der Kirche ausgetreten und kritisiert ihr «monotheistisches Gottesverständnis» scharf.

Die Israelis hätten in Gaza einen «Genozid» vollbracht. Die Kirchen würden sich mit ihrem Schweigen zu den «Kriegsverbrechen» mitschuldig machen. So lautet die Kritik von Martin Scheidegger. Er äusserte sie in einem offenen Brief an die christlichen Kirchen, wie der «Tagesanzeiger» berichtet.

Scheidegger sieht den Ursprung allen Übels in den monotheistischen Religionen, also in jenen Glaubensgemeinschaften, die an einen alleinigen Herrscher glauben. Absolute Machthaber seien Despoten.

Markus Dütschler, Sprecher der evangelisch-reformierten Kirche Bern Jura Solothurn, weist den Vorwurf des Schweigens der Kirchen zum Gazakrieg zurück. Die Evangelische Kirche Schweiz habe in einer Stellungnahme auf die katastrophale Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen hingewiesen. Das Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche unterstütze die Bevölkerung vor Ort mit Öfen zum Brotbacken, Wasser, Hygienekits und psychologischer Beratung.

Beratungsstelle wurde weniger häufig benutzt

Martin Scheidegger hat die ehemalige Sektenberatungsstelle für die Zentralschweiz während 22 Jahren geleitet. Dort hat er Menschen in religiösen Fragen beraten und nach den Gründen gesucht, weshalb sie zu fragwürdigen Gruppierungen abwanderten. Seine Haltung damals: Während die Landeskirchen zur Reflexion bereit seien, seien das die Sekten nicht. Mittlerweile sieht er das jedoch anders, wie der «Tagesanzeiger» berichtet.

Vor gut einem Jahr erzählte Martin Scheidegger gegenüber zentralplus, weshalb die Sektenberatungsstelle in Luzern im Jahr 2012 geschlossen werden musste. Mit der Ausbreitung des Internets habe sich der Beratungsdienst verändert. «In den 1990er-Jahren kamen die Menschen noch zu uns ins Büro in Luzern. Später wurden diese Infrastrukturen weniger gebraucht», erinnert sich Scheidegger. Die kirchlichen Träger stellten das Angebot deshalb ein. Das sei «jammerschade» gewesen, sagte Scheidegger. Denn während die persönlichen Beratungen zwar zurückgegangen seien, seien die Anzahl der Zugriffe auf die Website der Fachstelle weiterhin stabil geblieben. «Unser Angebot wurde immer noch gebraucht», meint der ehemalige Leiter (zentralplus berichtete).

Mittlerweile hat sich Scheidegger glaubenstechnisch anders orientiert. «Der Zen-Buddhismus hat mich geprägt», sagt Scheidegger gegenüber dem «Tagesanzeiger». Sein vom buddhistischen Zen-Stil inspirierter Meditationsgarten sei seine Oase.

Verwendete Quellen
  • Artikel des «Tagesanzeigers»
  • Medienarchiv zentralplus
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