Bereits 28'000 Menschen mit Essen versorgt

Dieser Luzerner hilft den Menschen in Afghanistan

Sohail Khan ist Präsident des Vereins Education for Integration. (Bild: Jan Rucki)

Sohail Khan hilft mit seiner Organisation Education for Integration hilfsbedürftigen Menschen in Afghanistan. Der Organisationsaufwand ist riesig, der Effekt für viele Bürgerinnen im von den Taliban eingenommenen Land überlebenswichtig. Doch das Problem ist damit noch längst nicht vom Tisch.

Das grosse Leiden in Afghanistan nimmt noch immer kein Ende. Über 24 Millionen Menschen in Afghanistan leiden derzeit an Hunger oder leben in grassierend armen Verhältnissen. Teilweise auf der Strasse, ohne jegliches Obdach.

Den Luzerner Sohail Khan beschäftigt die grosse Krise in Afghanistan, die komplexe, derzeit lebensfeindliche Situation in seinem Herkunftsland seit einiger Zeit. Vor sechs Jahren flüchtete er selbst aus Afghanistan, lebt und arbeitet nun hier in seiner neuen Heimat, fernab von der Sichtbarkeit politischer und religiöser Kriege und Machtspiele.

Trotzdem liessen ihn seine Gedanken an die Zustände in Krisengebieten wie Afghanistan nicht länger untätig bleiben. 2018 gründete er den Verein Education for Integration. Dabei handelt es sich um eine Luzerner Organisation, die sich mit verschiedensten Angeboten wie Sprach- und Computerkursen für die Integration von Geflüchteten in der Schweiz einsetzt (zentralplus berichtete).

28'000 Menschen mit Lebensmittel in Afghanistan versorgt

Im vergangenen August haben die Taliban innerhalb von wenigen Tagen die Macht an sich gerissen (zentralplus berichtete). Khan und sein Verein veranlassten eine sofortige Spendenaktion, um die Menschen vor Ort mit notfallmässigen Soforthilfen unterstützen zu können. «Mit unserer Spendenaktion konnten wir viele Hilfsbedürftige mit Kleider, Essen und Trinken versorgen», erklärt er im Gespräch sichtlich stolz. Dabei gibt er zu erkennen, dass es sich dabei stets um einen kleinen Bruchteil der leidenden Zivilbevölkerung in Afghanistan handle.

«Viele Länder spielen mit Afghanistan. Schon seit langem.»

Sohail Khan, Präsident Education for Integration

Über 28'000 Personen konnten sie bisher mit Lebensmitteln versorgen. Wie die Versorgung von bedürftigen Menschen in einem Chaos funktionieren soll, erklärt der 28-Jährige: «Wir haben vor Ort 75 Freiwillige, die in fünf verschiedenen Regionen bisher 145'000 Menschen registrieren konnten. Registrieren heisst, dass wir ihre Kontaktdaten aufnehmen und sie nach ihren fehlenden lebenswichtigen Sachen befragen. Die Person, welche von uns vor Ort ist, trägt die ganzen Kontakte in einer Liste zusammen und stellt ein benötigtes Budget auf. Daraufhin schicken wir den notwendigen Betrag von unseren Spenden in diese Region. Am abgemachten Tag können dann die Lebensmittel und Kleider an einem vereinbarten Standort abgeholt werden.»

Spenden: Ein Tropfen auf den heissen Stein für Afghanistan

Bei der Arbeit der Institution handelt es sich um eine gigantische Koordinationsarbeit. Und doch ist das Ergebnis nur ein Tropfen auf den heissen Stein. «Wenn wir wollten, könnten wir viel mehr helfen. Mit «wir» meine ich die Schweiz, Europa, die Welt», führt Khan aus. Aber dazu braucht es derzeit fehlende Unterstützung seitens der zuständigen Behörden. «Aber sie wollen es nicht. Viele Länder spielen mit Afghanistan. Schon seit langem. Und auch Europa kann jetzt nicht einfach sagen, kommt alle zu uns, wir nehmen euch auf, wenn wenige Wochen später das grosse Chaos an den Grenzen ausbricht und die Geflüchteten zwischen den Ländern hin und her gespielt werden.»

«Und auch mit den Taliban muss gesprochen werden. Es bleibt wohl nichts anderes übrig, als mit ihnen zu dealen, denn weg gehen sie nicht mehr einfach so.»

Sohail Khan, Präsident Education for Integration

Zudem vertritt Khan auch die Meinung, dass es sich bei Hilfsgeldern, die von Behörden oder auch von der UNO nach Afghanistan geschickt werden sollten, nicht selten um fadenscheinige Unterstützungen handelt. «Wo sind denn die Unterstützungen wirklich? Wo sind die Lebensmittel, die wiederaufgebauten Schulen und die Infrastrukturprojekte, die aus den versprochenen Millionen entstehen sollen?» Mit Ausnahme des Internationalen Roten Kreuzes und einigen anderen Organisationen sei die Hilfe in Afghanistan eher bescheiden. Nicht zuletzt kann Khan auch aus diesem Grund verstehen, dass die Bereitschaft und das Vertrauen der Bürgerinnen, hierzulande finanzielle Unterstützung zu bieten, nicht immer so gross ist. «Und das ist sehr traurig.»

Khan arbeitet im Neubad Luzern als Gastroangestellter. (Bild: Jan Rucki)

Sohail Khan telefoniert regelmässig mit Hilfsbedürftigen

Khan möchte deshalb mit Education for Integration sicherstellen, dass die Spenden auch beim Endbegünstigten angekommen sind. «Wir müssen nebst einer guten Struktur auch nach der Spendenübergabe mit den Betroffenen sprechen.» So setze er sich regelmässig hin und telefoniere stichprobenartig einige auf den Listen registrierte Bedürftige ab und frage sie nach ihrem Wohlbefinden und ob die Spende angekommen sei. Sohail Khan zeigt uns Fotos auf seinem Smartphone, auf dem abenteuerliche, aber vorhandene Listen zu sehen sind. Auf ihnen stehen die eingangs erwähnten 145'000 Namen der erfassten Personen von Education for Integration.

Es ist ein Projekt, das ohne eine gewaltige Portion Idealismus und einer solidarischen Ader nicht umsetzbar wäre. Ein Projekt, das auch emotional nicht so einfach verkraftbar ist. Insbesondere dann nicht, wenn Menschen wie Khan noch eine in Afghanistan lebende Mutter haben. «Wir sehen uns als Sofortmassnahme, die zumindest einen kleinen Teil der afghanischen Bevölkerung mit überlebenswichtigen Naturalien unterstützen kann. Das Problem lösen kann aber nur ein Prozess, der sich in Diskussionen, Vereinbarungen und Abkommen entwickelt. Und auch mit den Taliban muss gesprochen werden. Es bleibt wohl nichts anderes übrig, als mit ihnen zu dealen, denn weg gehen sie nicht mehr einfach so.»

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Sohail Khan
  • Frühere Medienberichte von zentralplus zum Thema
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1 Kommentar
  • Profilfoto von sharan
    sharan, 04.02.2022, 22:14 Uhr

    Als Afghaner bin ich der Meinung, Je mehr im 20 Jahren Geld und ausländische Hilfe nach Afghanistan flieste, desto ärmer werden die Menschen. Wenn grosse Organisationen unter der Name Menschenhilfe Geld sammeln, gibt das Geld an Terroristen Taliban und verstärken sie gegen Arme Einwohnern. 1% das Geld bekommen Menschen, den Rest nehmt Taliban und verteilt unter sich. Sie sammeln ihre tägliches Essen mit Todesdrohung von arme Einwohner. Hilft direkt und nicht durch Organisationen oder etc.

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