Samuel Meerstetter ist der Zuger «Pianokurier»

Dieser Kurier bringt Musik statt Pizzas

In Zug geht seit Kurzem der Pianokurier um. (Bild: wia)

Strassenmusik mit dem Klavier statt mit der Gitarre: Der Zuger Samuel Meerstetter schleppt sein Piano mit dem E-Bike zu öffentlichen Plätzen, um dort für sich und die Passanten in die Tasten zu hauen. Eine Tätigkeit, die ihn Mut kostet.

Kaum beginnt Samuel Meerstetter auf seinem Klavier zu spielen, erweckt er Aufmerksamkeit. Menschen kommen näher, hören zu, manch einer trägt einen verwunderten Ausdruck im Gesicht.

Meerstetter spielt nicht in den eigenen vier Wänden. Sein mobiles Klavier steht mitten an der Zuger Seepromenade, wo sich an diesem lauen Mittwochabend, kurz vor Sonnenuntergang, hunderte Menschen tummeln.

Während einer musikalischen Pause beginnt Meerstetter zu erzählen. «Früher war ich Velokurier in Luzern. Ausserdem spiele ich schon viele Jahre Klavier, insbesondere meditative Musik. Da kam ich irgendwann auf die Idee, die beiden Dinge zu verbinden.» Wenn er den Menschen mit seiner Strassenmusik Freude bereite, sei das umso besser.

«Diese etwas verrückte, eigenartige Idee passt zu meiner Persönlichkeit», sagt er und lacht.

So begann er zu handwerken. Auszuprobieren, wie man ein komplettes Klavier auf einen Anhänger bringt und dieses dann unbeschadet mit dem Velo von A nach B transportieren kann. «Die Last ist schon schwer. Vor allem, wenn's bergauf geht, spüre ich das, obwohl ich ein E-Bike habe.»

Ein Projekt, das Mut braucht

Vor zwei Wochen wurde die Konstruktion fertig, vergangenen Sonntag spielte der Pianokurier zum ersten Mal am Zugersee. Ob es Mut braucht, in der Öffentlichkeit zu spielen? «Ja!», kommt es wie aus der Pistole geschossen. «Man sagt ja, alles ist schwierig, bis es einfach wird.» Er ergänzt: «Es kommt schon vor, dass Jugendliche vorbeigehen und lachen. Doch habe ich festgestellt, dass sich eine Menge Leute über die Musik freuen. Viele klatschen oder legen etwas Münz in die Kasse. Auch erhalte ich viele positive Rückmeldungen auf Facebook. Das ist natürlich sehr schön.»

Auch wenn er, wie er betont, nicht angewiesen sei auf das Geld. «Ich arbeite 100 Prozent und habe ein regelmässiges Einkommen. Aber klar, es wäre schön, wenn dieses Projekt selbsttragend wäre. Das ist aber letztlich unwichtig.»

Erfahrung darin, vor Publikum zu spielen, hat Meerstetter dennoch. Im Winter veranstaltet er zwischendurch meditative Klavierabende.

Eine professionelle Ausbildung als Musiker hat Meerstetter nicht. «Dafür bin ich zu wenig ambitioniert. Deshalb kommt es natürlich auch mal vor, dass ich Fehler mache», sagt er und zuckt mit den Achseln. Noten braucht er zum Spielen nicht, denn die Musik entstehe aus dem Moment heraus. «Meditativ ist sie insofern, dass es für mich in der Tat eine Art Meditation ist und ich häufig in eine Art Trancezustand komme», sagt er.

Überall darf der Wahlzuger jedoch nicht spielen. «Es gibt Zonen, in denen Strassenmusik explizit erlaubt ist. An diese halte ich mich.»

Überzeugter Wahlzuger

Vor sieben Jahren zog Meerstetter nach Zug. «Und hier bleibe ich auch», ist der gebürtige Emmenbrücker überzeugt. «Ich bin mittlerweile sogar Bürger der Stadt.»

Wo man den Pianokurier künftig antreffen wird, ist nicht klar. Noch hat er keinen fixen Plan. «Ich könnte mir jedoch vorstellen, jeweils an schönen Sonntagabenden zu spielen. Oder zwischendurch auch mal im Metalli.»

Weiter geht's zum Landsgemeindeplatz

Während unseres Gesprächs ist die Sonne bereits untergegangen. Bevor Meerstetter sein Instrument nach Hause zieht, will er noch einen Stopp beim Landsgemeindeplatz einlegen, um dort ein wenig zu spielen.

Inzwischen geübt, koppelt Meerstetter den Anhänger ans Velo, demontiert Bretter, versorgt diese auf dem Wagen und hängt letztlich den Klavierstuhl an die extra dafür gebaute Vorrichtung am Piano.

Der Pianokurier setzt sich aufs Velo. Weiter geht's entlang dem Seeufer bis zur nächsten Station. Die neugierigen Blicke der Passanten sind ihm gewiss.

Der Pianokurier Samuel Meerstetter am Zugersee.
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