Fragen von Zuger Gastfamilien

Viel Kritik an Zuger Behörden wegen ausbleibender Hilfe

Viele Zuger bringen ukrainische Flüchtlinge bei sich zu Hause unter. (Bild: Adobe Stock)

Die grosse Anzahl an ukrainischen Kriegsflüchtlingen ist schwer zu bewältigen. Die Zuger Behörden sind gefordert und teils überfordert. Besonders die Auszahlung der Sozialhilfegelder scheint oft nicht zu klappen. Dies wird zur Belastungsprobe für private Gastgeber.

Wie können die Behörden sicherstellen, dass privat untergebrachte Kriegsflüchtlinge in Zug in ihrer Bleibe sicher sind? Können Geflüchtete mit Schutzstatus leichter eine Firma gründen? Und wann kommt endlich das Geld der Sozialhilfe für sie? Die Fragen, die bei der Info-Veranstaltung zur privaten Aufnahme von Ukrainerinnen an den Zuger Regierungsrat Andreas Hostettler gerichtet werden, sind vielfältig und meist gar nicht so leicht zu beantworten.

Montagabend, die Aula des GIBZ in Zug: Nur etwa ein Drittel der Stühle ist belegt. Das ist erstaunlich, da im Kanton Zug bereits 315 Personen aus der Ukraine bei privaten Gastgebern untergekommen sind. Viele Interessenten dürften dazukommen.

Trotzdem ist der Anlass wichtig. Denn es gibt gerade bei Privaten, die ihre Unterkünfte für Geflüchtete geöffnet haben, eine Menge offene Fragen.

Bereits zu Beginn des Anlasses sagt Christian Murbach, der Abteilungsleiter der Sozialen Dienste Asyl beim Kanton: «Es gibt derzeit mehr offene Fragen als Antworten. Wir müssen alles Schritt für Schritt angehen.»

Unterstützug auf Social Media

Was die Unterbringung von Geflüchteten bedeutet, schildert die Chamerin Simone Monnerat eindrücklich. «Wir sind eine vierköpfige Familie. Seit drei Wochen leben vier weitere Personen in unserem Haushalt. Darunter zwei schulpflichtige Kinder.» Und weiter: «Bei uns läuft es sehr gut, wir haben es sehr schön, in Anbetracht der Umstände.»

Anfangs sei man unsicher gewesen, denn «man lässt sich auf etwas ein, wovon man praktisch nichts weiss. Man weiss nicht, wer kommt, wie lange sie bleiben, wie der Ablauf sein wird.» Die Gastfamilie und die Geflüchteten lebten nun in einem WG-artigen Konstrukt zusammen, was sehr gut funktioniere.

«Was ich unterschätzt hatte, war das zeitliche Engagement, das nötig ist.»

Simone Monnerat beherbergt eine ukrainische Familie.

Monnerat beschönigt jedoch nichts. «Was mich überrascht hat, respektive was ich unterschätzt hatte, war das zeitliche Engagement, das nötig ist. Die Organisation hat wahnsinnig viel Zeit gekostet und war extrem intensiv.» Viele im Saal nicken. Ausserdem habe es sehr viel Flexibilität gebraucht, da man rollend planen müsse. «Was mir sehr geholfen hat, sind die Plattformen auf Social Media. Auch hat sich Caritas Luzern schnell bei uns gemeldet und unterstützt uns.»

Caritas steht im Einsatz für den Kanton Zug

Caritas Luzern spielt neuerdings eine wichtige Rolle bei der Unterbringung von Ukrainerinnen in Zug, dies im Auftrag des Kantons. Doris Nienhaus, die Leiterin Soziale Integration, erklärt: «Der Betrieb wird nun erst hochgefahren, denn es war lange unklar, wo die Zuständigkeiten liegen und wo die Familien wohnen.» Und weiter: «Nun besuchen wir zunächst die Familien und eruieren, was die Erwartungen sind, was sie brauchen und wie die Infrastruktur aussieht.»

Im Auftrag des Kantons Zug klärt Caritas Luzern die Unterkünfte mit den Gastgebern ab. Die Organisation ist zuständig für die Unterlagen und Vereinbarungen sowie für die Begleitung der Familien in der Anfangsphase. Auch ist sie Ansprechpartnerin, sollte es im Zusammenleben zu Schwierigkeiten kommen oder gar eine Umplatzierung nötig werden.

«Es ist ein anspruchsvolles Setting. Sowohl für die Gastfamilien als auch für die Geflüchteten.»

Doris Nienhaus, Caritas Luzern

Kritik an den Behörden

Hört man den am Anlass Teilnehmenden zu, wird klar, dass die Behörden gefordert sind. Denn es läuft bei Weitem noch nicht alles rund. Es gibt von mehreren Seiten Kritik an den Behörden.

Eigentlich sollten die privat untergebrachten Flüchtlinge wirtschaftliche Sozialhilfe erhalten. Dies, sobald sie beim Bund gemeldet sind. Eine Einzelperson erhält 458 Franken monatlich (zentralplus berichtete). Theoretisch. Mit diesem Geld müssen persönliche Auslagen und auch Lebensmitteleinkäufe gedeckt werden. Nur: Mit der Auszahlung hapert es offenbar, wie gleich mehrere Gastgeber bestätigen.

Wann kommen endlich die Sozialhilfegelder?

Seit drei Wochen beherberge man jemanden und habe noch kein Geld gesehen, sagt ein Mann. Eine jüngere Frau gibt zu bedenken, dass es ihr ähnlich gehe. Nur dass ihr Gast schon vier Wochen bei ihr lebe. «Wir gelangten sogar an die Kirche, dort half man uns jedoch nicht. Wir berappen daher alles selber, denn der Mann, der bei uns lebt, kam mit nichts», so die Frau. «Als die Bomben fielen, hatte er nur noch Zeit, seinen Pass zu nehmen und zu flüchten.»

Christian Murbach, der Abteilungsleiter der Sozialen Dienste Asyl beim Kanton, dazu: «Das tut uns leid zu hören. Eigentlich ist die Abmachung mit den Gemeinden, dass man dort Nothilfe beantragen kann.»

Ein Mann mittleren Alters äussert sich dezidiert: «Das haben wir in Cham versucht, doch wurden wir an den Kanton weiterverwiesen. Dieser wiederum schickte uns zur Gemeinde zurück und von dort aus ging's wieder zum Kanton. Mehrmals ging das hin und her.»

«Ihr müsst schon besser miteinander kommunizieren.»

Ein Zuger Gastgeber

Er beherberge seit drei Wochen eine dreiköpfige Familie bei sich. Bisher seien von den Behörden 150 Franken überwiesen worden: «Ihr müsst schon besser miteinander kommunizieren», sagt er verärgert in Richtung Regierungsrat. «Ich habe keine Lust, den Pingpongball zu spielen.» Auch für die Geflüchteten sei das sehr unangenehm. «Sie merken, dass sie zur Last werden. Dabei sind sie eigentlich sehr zurückhaltend.»

Sowohl Regierungsrat Andreas Hostettler als auch Christian Murbach scheinen erstaunt zu sein über das Nicht-Funktionieren der Zahlungen. «Das sollte es nicht geben, dass Menschen kein Geld haben und gleichzeitig nichts zu Essen erhalten», scheint der Direktor des Innern laut zu denken. «Das muss besser laufen. Dieses Geld muss schneller fliessen. Auch wenn es nicht viel ist.»

Gefahr von Menschenhandel

Weitere Fragen an diesem Abend betreffen die Sicherheit der Flüchtlinge. Wie etwa sichergestellt werden könne, dass sie an einem guten Ort untergebracht würden. Dadurch, dass insbesondere vulnerable Personen in die Schweiz reisen würden, könne die Situation leicht ausgenutzt werden. Das Thema Schlepperei wird genannt. Dazu Nienhaus von Caritas Luzern: «Als erste Massnahmen fordern wir von den Gastgebern einen Strafregisterauszug und haben direkten Kontakt mit ihnen.»

Michael Metzger, der Chef Regionalpolizei der Zuger Polizei, dazu: «Es handelt sich bei den Geflüchteten nicht um unmündige Personen. Man kann sie entsprechend darauf hinweisen, wohin sie sich in einem solchen Fall wenden können.» Dennoch sei man darauf angewiesen, dass Gastfamilien wie auch Bürger aufmerksam seien, falls etwas «komisch läuft». Eine flächendeckende Überwachung sei indes nicht geplant.

Notbetten und Firmengründungen

Die Bandbreite der Fragen an diesem Abend ist enorm. Denn während viele Ukrainerinnen erst ankommen und Fuss fassen müssen in der neuen Umgebung, haben andere bereits Jobs gefasst.

Eine der Anwesenden will wissen, wo jemand sehr spontan ein Bett finden kann in Zug, denn «unsere Sofas sind voll». Die Antwort: Man solle sich bei der Polizei melden. Der Kanton halte für solche Fälle Notbetten für eine Nacht bereit.

Eine andere Person stellt die Frage, ob es für Menschen mit Schutzstatus einfacher möglich sei, eine Firma zu gründen. Zumal ihnen der Zugang zu Dokumenten verunmöglicht sei, die es normalerweise für einen solchen Schritt brauche. Die Antwort darauf: ein mildes Nicken von Andreas Hostettler. Es ist definitiv noch zu früh, diese Frage zu beantworten.

Erst einmal will man sich der raschen Auszahlung der wirtschaftlichen Sozialhilfe widmen, verspricht Hostettler. Alles Schritt für Schritt halt. Was jedenfalls schon klar ist: Alle Betroffenen brauchen auch weiterhin Geduld und Nerven.

Verwendete Quellen
  • Info-Anlass der Direktion des Innern
  • Facebook-Plattform für Ukraine-Flüchtlinge in Zug
  • Website des Kantons Zug zur Unterbringung von Flüchtlingen
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