Eine Glosse

Die Männerregierung und die Akte «Stöckelschuh-Verbot»

Klein, aber oho: Das Tragen von Schuhen mit Absatz ist im Marianischen Saal in Luzern gesetzeswidrig. (Bild: ida)

Im Marianischen Saal der Luzerner Kantonsverwaltung sind Stöckelschuhe verboten. Warum das für unsere Männerregierung in Luzern typisch ist. Eine Glosse.

Oh Baby, It's a Man's Man's Man's World. Es ist mal wieder bezeichnend: Natürlich sind in einem Gebäude, das einem Staat gehört, das päpstlich (also von Männern) geführt wird, ganz subtile Hinweise zu finden, dass Frauen gelinde gesagt semi-erwünscht sind.

Da sind zum Beispiels Tampons. Tampons werden in hiesig kantonalen Gebäuden verbannt (grusig!), Gendersternchen vernichtet (rechtlich fragwürdig!).

Vermutlich finden sich aber auf den Herrentoiletten neben Glatzen-Poliermittel auch automatische Krawattenbinder (äusserst praktisch!) und – was tatsächlich so ist – an mancher Stelle kuriose Symbole.

Denn anscheinend ist das Tragen von Stöckelschuhen in Teilen der Kantonsverwaltung verboten, ja krass illegal und gesetzeswidrig. Darauf weist zumindest ein Symbol am Eingang des Marianischen Saales hin.

Das ominöse Stöckelschuhverbotssymbol

So staunten wir nicht schlecht, als wir – notabene just bevor die Luzerner SP ihre drei Kandidatinnen für die Regierungsratswahlen im Marianischen Saal präsentierte – das Symbol an der Eingangstür begutachteten. Und unser Schuhwerk studierten. Ob 4 Zentimeter Absatzhöhe schon zu viel des Guten sind?

Denn da, wo die Muttergottes Maria sinnlich über dem Marianischen Saal thront – einer dieser edlen Säle des Kantons, gleich vis-à-vis des Regierungsgebäudes – klebt ein Symbol vor der Tür. Ein High Heel in schwarz, in einem Kreis, rot durchstrichen und umkreist. Zweifellos: Stöckelschuhe sind hier nicht erwünscht.

Lärm-, Sicherheits- und sonstige Bedenken

Was hat es mit dem kuriosen Verbot auf sich? Die Antwort des Kantons ist nicht ganz so kreativ (oder so ehrlich) ausgefallen wie erhofft (dazu später mehr). Deswegen haben wir uns stattdessen einfach mal ausgemalt, was unsere Männerregierung wirklich von Stöckelschuhen hält.

Kulturdirektor M. S., quasi Herr des Hauses, moniert, der Kanton wolle die zauberhafte Akustik des geschichtsträchtigen Saales, in dem regelmässig Konzerte der Kammermusik stattfinden, nicht mit dem «Stöggele von Stöggelischuhen» verhunzen. Es bräuchte da eine «geräuschminimierende» Lösung, etwa in Form einer «Klebesohle, die den Lärm der High Heels um mindestens 90 Prozent dämmt».

G. G. begründet das Verbot mit gesundheitlichen Bedenken, die ihn als Gesundheitsdirektor plagen. «Als Gesundheitsdirektor kann ich die gesundheitlichen Risiken einfach nicht handeln.» Schon in der Bibel stehe: Man solle weder zur Rechten noch zur Linken weichen, so der Mitte-Politiker, sondern «wende deinen Fuss vom Bösen!»

Sicherheitsdirektor P. W. ist bekümmert über die Sorgen und Sicherheitslücken des Alltags. Würde man Menschen mit Stöckelschuhen Eintritt gewähren in den Marianischen Saal, wäre das gerade bei Apéro-Gelegenheiten und potenziellen Champagnerpfützen auf dem Boden «krass fahrlässig», weil das die Rutsch- und Sturzgefahr «erheblich steigere». Zumal mit High Heels die Gefahr bestünde, bereits in den Fugen vor dem Gebäude steckenzubleiben.

High Heels sind fürs Klima äusserst heikel

Umweltdirektor F. P. behält den Blick fürs grosse Ganze. Er stellt die Klimaschädlichkeit von High Heels an den Pranger. «Beim Material von dünnen Pumps, Stilettos oder High Heels greifen Hersteller nicht selten auf Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer zurück, was laut Expertinnen weitaus schädlicher fürs Klima ist als bisher angenommen», lässt er sich zitieren.

«Es müssen Alternativen her. Jetzt.» Geld für einen Schuhkontrolleur, der nur Menschen mit nachhaltigem Schuhwerk Eintritt in den Saal gewähren und andere büssen würde, habe der Kanton trotz 200-Millionen-Franken-Gewinnsegen nicht, wie F. P. aus Gesprächen mit Finanzdirektor R. W. weiss. «Das bedeutet eine Verzichtsplanung – für alle», sagt der Umweltdirektor noch, während er auf seinen Segway mit Doppelradantrieb steigt, mit dem er jeweils seine Runden im Regierungsgebäude dreht. Montags sei dann wieder das Hoverboard dran.

Ob ein Mann den roten Teppich ausrollt, wird sich zeigen

Die fünf Herren sind sich jedenfalls einig: Stöckelschuhtragende Menschen sollten keineswegs ausgeschlossen werden. Der Problematik, dies dennoch zu tun, sei man sich aber bewusst. «Wir nehmen uns dessen an», so G. G. «Wir nehmen das echt ernst.»

Um künftigen Regierungsrätinnen im Kanton gerecht zu werden, zieht die Männerregierung in Betracht, rote Teppiche zu produzieren, die man dann für Menschen mit Absatzschuhen ausrollen würde. Man müsse dies noch «prüfen».

Anders gesagt: Man lässt sich Zeit. Denn womöglich braucht es diese Massnahme gar nicht. Weil prüfen müssen die Herren Regierungsräte auch noch, ob überhaupt jemand das Feld räumt für eine Frau. Bekanntlich liebäugeln derzeit alle mit einem Wiederantritt bei den Regierungsratswahlen 2023.

Übrigens: Die wahren Gründe des Stöckelschuh-Verbots liegen anderswo. Wie uns der Kanton verrät, sei es eine Tatsache, «dass Absätze, besonders von dünnen Pumps, Stilettos oder High Heels, für viele Bodenbeläge und insbesondere für Parkettböden grundsätzlich problematisch sind». Je nach Absatz und Holzart könnte das «Schäden hinterlassen».

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Christian Wattenhofer
    Christian Wattenhofer, 27.03.2022, 10:48 Uhr

    Übrigens: Lego werden auch aus AS-Polymer hergestellt. Sollen die auch verboten werden?

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  • Profilfoto von Gonso W,
    Gonso W,, 26.03.2022, 15:29 Uhr

    Sagen wie mal Gelinde in einigen Gebäuden die Teils den Modernen Bunker zum Opfer fielen,, gab es wunderschöne Parkett , Kassetten Fischgrat Parkett,, die Frauen trugen Spitzen Stöckel es wäre also für den Boden ein Grausames Gemetzel gewesen,, deshalb ga es die Grandiose Erfindung der Clips, die über den Absatz Gestülpt werden mussten, auch im K, Spital noch. Ja zudem waren ja die Hoch Gefährlich, Gerade über die Wegisgass

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