Machbarkeitsstudie zur Raumentwicklung

Die Katholische Kirche in Zug erfindet ihre Räume neu

Der Kirchplatz beim St. Johannes im Hertiquartier. Hier schlummert unausgeschöpftes Potenzial. (Bild: wia)

Die Kirche St. Johannes in Zug könnte schon bald ein neues Gesicht erhalten. Die Katholische Kirche der Stadt Zug hat dafür eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Dies scheint nur der Anfang eines umfangreichen Umdenkprozesses zu sein.

Wo ist eigentlich das Kafi Bsetzistei? Genau. Viele Stadtzuger wissen es nicht, obwohl dieses mitten im Hertiquartier liegt. Überhaupt ist das Grundstück rund um die Kirche St. Johannes kein sonderlich einladender Ort. Das weiss die Katholische Kirche der Stadt Zug und möchte das ändern.

Im Rahmen des Projekts «Mensch + Kirche Zug 2035» hat der Kirchenrat eine Machbarkeitsstudie für das Areal rund um die Kirche St. Johannes in Auftrag gegeben. Diese macht den Anfang mehrerer Stadtzuger Pfarreien, deren Räume in den kommenden Jahren neu gestaltet werden sollen. Auch das Areal beim Guthirt sowie um St. Michael sollen aufgewertet und geöffnet werden.

Skandale schaden dem Image

Das Problem: «Unsere Räume leeren sich. Ausserdem ist die Beteiligung nicht mehr dieselbe wie früher. Es ist schwierig geworden, Personal zu finden», äussert sich Patrice Riedo, der Zuger Kirchenratspräsident, dazu. So sei es beispielsweise nicht gelungen, die Pfarreileitung in Oberwil zu ersetzen.

«Dabei ist es nicht so, dass die Menschen heute weniger spirituell wären. Sie leben diese Spiritualität einfach nicht mehr bei uns.» Einer der Hauptgründe dafür liegt zweifelsfrei bei den unzähligen Missbrauchsfällen, welche mit der katholischen Kirche in Verbindung stehen und die in den vergangenen Jahren aufgedeckt wurden. Allein im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Kirchenaustritte verdoppelt (zentralplus berichtete).

«Unsere Räume müssen stärker geöffnet werden.»

Patrice Riedo, Kirchenratspräsident der Katholischen Kirche Stadt Zug

Riedo dazu: «Es ist gut, dass diese Skandale aufgearbeitet werden. Wir sind ihnen jedoch insofern ausgeliefert, als sie zumeist auf Bistumsebene ablaufen. Wir hingegen möchten hier auf der kommunalen Ebene wirken. Letztlich bleiben 95 Prozent der Kirchensteuern im Kanton.»

Für Riedo ist klar: «Unsere Räume müssen stärker geöffnet werden. Die Zeiten, in denen die Messen hinter Gittern auf Lateinisch gelesen wurden, sind definitiv vorbei. Und das haben wir nun verstanden.»

Der Wunsch nach einem multifunktionalen Kirchplatz

Die Machbarkeitsstudie ist für die Kirchgemeinde ein Weg, wie diese Öffnung gelingen soll. Dazu hat sie die auf Raumentwicklung spezialisierte Firma Metron engagiert, welche gemeinsam mit der Denkstatt Sàrl Ideen erarbeitete. Dazu wurden auch Wünsche und Ideen aus der Bevölkerung berücksichtigt, welche sich im Rahmen des Quartierfestes Herti äussern konnte.

Die Studie wurde der Bevölkerung am Sonntag im Anschluss an den Gottesdienst in der Kirche St. Johannes präsentiert. Adeline Grass vom Büro Metron zeigte im Rahmen dessen auf, wie viel Potenzial noch in der ganzen St.-Johannes-Umgebung schlummert.

Die Karte zeigt, wo um die Kirche St. Johannes Veränderungen möglich wären.

So etwa durch eine Entwicklung eines multifunktionalen Kirchplatzes, der verschiedenen Nutzergruppen eine einladende Umgebung bieten könnte. Mit mobilen Sitzmöglichkeiten könnte er auf wechselnde Bedürfnisse abgestimmt und gestaltet werden; von frei nutzbaren Treffpunkten bis hin zum Cafébetrieb des Kafi Bsetzistei. Letzteres könnte ausserdem attraktiver und bekannter werden.

Auch nahm das Büro Metron die umliegenden Flächen ins Visier. Etwa jenen unauffälligen Grünstreifen nördlich der Kirche, an der St.-Johannes-Strasse, auf dem heute so gut wie nichts passiert. Gemäss Grass wäre dort eine lange Tafel mit Sitzplätzen denkbar, an dem sich die Quartierbevölkerung zum Kartenspiel oder Essen treffen könnte. Weiter wies sie auf den westlichen Teil des Areals hin, der heute durch eine Mauer verbaut ist. «Würde man diese zum Teil abbauen, könnte ein durchlässiger, ruhiger Aufenthaltsort entstehen», so Grass. «Womöglich mit einer Pergola, an der vielleicht gar etwas Essbares wächst.»

Eine lange Tafel, an dem die Quartierbevölkerung jassen und essen kann? Das wäre hier möglich. (Bild: wia)

Ideen gebe es viele: grüne Zonen, Spielmöglichkeiten, ein Bächli zum Stauen, einen Gemeinschaftsgrill, einen Gemeinschaftsgarten und auch eine Oase der Stille wurden genannt. «Alle Räume sollen harmonisch verbunden werden, Kinder zum Spielen und Passanten zum Verweilen einladen», heisst es seitens der Katholischen Kirche.

Wo Opa und Enkelin zusammen Rüebli ernten

Das Architekturbüro blickte auch über die Parzellengrenze hinaus. Etwa auf den Hertiplatz mit seinem Brunnen, der heute «noch etwas nüchtern und leblos» daherkäme und mit einfachen Mitteln, etwa Sonnenschirmen oder Stufen im Brunnen, aufgemotzt werden könnte.

Weiter verweist die Landschaftsarchitektin auf den eher versteckten Garten zwischen Bushaltestelle und Hertizentrum. «Dieser Platz verfügt heute über barockartig eingefasste Beete. Es handelt sich um einen sehr geschlossenen Raum, der nicht so wirkt, als ob sich die Bevölkerung dort aufhalten möchte. Auch scheinen die Leute vom Alterszentrum nicht sonderlich davon zu profitieren.»

Dieser Platz gehört zwar der Korporation Zug. Die Studie zum St. Johannes besagt jedoch, dass man auch hier einiges ändern könnte. (Bild: wia)

Zwar gehört dieses Grundstück der Korporation Zug, doch «könnte es dereinst eine Schlüsselrolle einnehmen auf dem Areal». Dies beispielsweise als Gemeinschaftsgarten, in dem die Bevölkerung generationenübergreifend arbeiten könne. Dies nämlich sei einer der Wünsche gewesen, der am Quartierfest mehrmals geäussert worden sei.

Last, but not least sehen die Studienverantwortlichen Potenzial in der Adressierung des Areals. «Die Leute sind sich nicht sicher, ob das Areal vor der Kirche privat ist. Deswegen wird der Platz wenig durchlaufen.»

Der Pfarreisaal ist heute nicht barrierefrei

Ein anderer Teil der Studie widmet sich baulichen Massnahmen. Sowohl das Terrain mit Kopfsteinpflaster als auch die Gebäude des Pfarreizentrums sind heute nicht barrierefrei. Die Studie schlägt diverse Änderungen vor, um den Pfarreisaal im Untergeschoss – etwa mit dem Einbau eines Lifts – besser zugänglich zu machen und die Wege auf dem Platz barrierefrei zu gestalten. Dieser ist heute gänzlich gepflastert. Durch eine stellenweise glattere Oberfläche sei er auch für Menschen mit Beeinträchtigungen besser zugänglich.

Das sind die nächsten Schritte

Damit möglichst viele Ideen umgesetzt werden können, will der Kirchenrat das Gespräch mit den Eigentümerschaften der Nachbargrundstücke, der Korporation und der Stadt suchen, bevor er und letztlich die Kirchgemeinde über einen Planungsauftrag entscheidet. Derweil fliessen die Ergebnisse der Studie in den übergeordneten Prozess «Mensch + Kirche Zug 2035» ein. Bereits ist eine weitere Machbarkeitsstudie zu Guthirt in Auftrag gegeben worden. Eine nächste Studie zu St. Michael ist in Vorbereitung.

Patrice Riedo sagt: «Wir wollen nicht nur darüber reden, was man alles machen könnte, sondern die Ideen auch umsetzen. Sobald wir Bewilligungen für konkrete Projekte haben, sollen Bagger auffahren.»

Verwendete Quellen
  • Besuch der Präsentation der Machbarkeitsstudie
  • Gespräche vor Ort
  • Medienmitteilung der Katholischen Kirche Stadt Zug
  • Artikel von «SRF» zu Kirchenaustritten 2023
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