Mutter Teresa besuchte Brieffreund in Luzern

Die «Heilige» und «das Inderli»

Mutter Teresa, fotografiert von Eugen Vogt in Luzern. (Bild: Staatsarchiv Luzern)

Mutter Teresa – fast 20 Jahre nach ihrem Tod liest man ihren Namen wieder überall. Diesen Sonntag, am 4. September, wird sie heiliggesprochen und gleichzeitig kommt viel Kritik auf. Was viele nicht wissen, Agnes Gonxha Bojaxhiu, wie sie bürgerlich hiess, war auch in Luzern zu Besuch.

Agnes Gonxha Bojaxhiu war eine einfache Ordensschwester und Missionarin albanischer Herkunft. Doch in den 50er- und 60er-Jahren gelangte sie durch ihre Arbeit in Indien zu Weltruhm. Millionen Menschen bewunderten sie für ihren Dienst und ihre Hilfe zugunsten von Obdachlosen, Kranken und Sterbenden.

Ihre Gemeinschaft wuchs, Tausende folgten ihr zu den Orten bitterster Armut und in die Aufopferung für die Armen. 1979 erhielt sie den Friedensnobelpreis, 2003 wurde sie selig- und heuer heiliggesprochen.

Durch die Heiligsprechung gelangt der Name Mutter Teresa wieder vermehrt in die Presse – und es werden auch weniger schöne Kapitel und Erinnerungen ausgegraben, welche das Bild der «Heiligen» für viele Gläubige und Anhänger stark beschädigen.

Zu Besuch in der Villa Petra

Doch egal ob heilig oder nicht, Mutter Teresa ist noch immer eine der bekanntesten Menschen auf dem Planeten. Und was in Luzern kaum bekannt ist, Mutter Teresa besuchte einmal Luzern.

Das Luzerner Staatsarchiv hat einiges an Material über diesen Besuch und über Mutter Teresa allgemein im Archiv. Das meiste stammt aus dem Nachlass von Eugen Vogt, welcher in der Schweiz ein Hilfswerk für Mutter Teresa gegründet hatte, jahrzehntelang in regem Briefkontakt mit ihr stand, mit ihr an Kongressen teilnahm und dabei zahlreiche Bilder von ihr schoss. 1964 lernte er sie ihn Bombay kennen und exakt zehn Jahre später lud er sie nach Luzern ein. Dort wurde sie am 25. August 1974 in der «Villa Petra» in der Rosenberghöhe empfangen.

Die Presse von den Socken

Wie der Tag im kleinen Kreise verlief, ist vor allem durch Eugen Vogts Notizen, seine Fotos und durch ein paar Artikel in der Presse dokumentiert.

Nach der Begrüssung und Einführung durch Eugen Vogt habe dann auch Mutter Teresa gesprochen und der Journalist Hans Kurmann vom Luzerner Tagblatt scheint völlig von den Socken gewesen zu sein: «Aus ihrem von schlichtem Kopftuch eingerahmten Gesicht spricht der Blick mehr als der Mund.» Sie habe eine Art, welche «sogar die Begeisterung zum Schweigen bringt», schrieb er damals in einem Artikel.

(Bild: Staatsarchiv Luzern)

Eugen Vogt schoss dieses Foto von Mutter Teresa 1974 in Luzern. (Bild: Staatsarchiv Luzern)

Schon damals eine «Heilige»

Und was der Vatikan dieser Tage bestimmt, wusste Kurmann schon vor über 30 Jahren: «Wir wagen es geradeheraus zusagen: Mutter Teresa ist eine Heilige.»

In der Zeitung hervorgehoben wurden auch die vielen Fragen, die in der Villa Petra an Mutter Teresa gerichtet worden waren. «Und eine besondere Überraschung war die Ankündigung, Mutter Teresa begehe am 27. August ihren 64. Geburtstag, und ein kleines Inderli, eines ihrer ehemaligen Schützlinge, das von einer Luzerner Familie adoptiert worden war, überreichte ihr dazu einen Blumenstrauss», schrieb die Zeitung Vaterland. Tatsächlich sind auch von dem indischen Mädchen und Mutter Teresa Fotos im Archiv vorhanden.

Hilfe von ihr, Hilfe für sie

Neben Fragen zum Leben von Mutter Teresa und ihrer Arbeit in Indien wollten die Leute in Luzern auch Rat von der bekannten Wohltäterin.

In der Zeitung beschrieb ein Journalist eine Szene folgendermassen: «Jemand äusserte die Meinung, man sollte hier und in Indien die Strukturen ändern. Sie hat die Frage nicht begriffen. Und als das Problem noch besser ausgedeutscht wurde, antwortete Mutter Teresa, die Revolution müsse im eigenen Herzen beginnen. Sich selber bessern, dann seine Angehörigen, die Strasse, in der man wohnt, die Stadt.»

Hilfe für Mutter Teresas Arbeit und das Hilfswerk organisierten Eugen Vogt und seine Organisation über Jahre hinweg per Schreibmaschine. In Rundbriefen informierte Eugen Vogt über die Tätigkeiten von Mutter Teresa, von der Gemeinschaft und er rief zu Spenden auf.

(Bild: Staatsarchiv Luzern)

Ein kleiner Ausschnitt aus einem der sehr ausführlichen Rundbriefe Eugen Vogts. (Bild: Staatsarchiv Luzern)

Im Staatsarchiv ist, neben den Rundbriefen von Vogt und den Informationen zum Besuch in Luzern, auch viel anderes Material über Mutter Teresa vorhanden. Dieses wird nun ausgestellt (siehe Box). Auch die Kritik soll dabei nicht ausgelassen werden. Differenziert soll diese Kritik sein, betonen der Staatsarchivar Jürg Schmutz und Praktikant Cristian Consuegra, welche sich um die Ausstellung kümmern.

Harte Kritik

Denn die Arbeit von Mutter Teresa ist auch umstritten. Als Hauptkritikpunkte werden die sozialen Zustände in den Sterbehäusern angeprangert. Die Kranken litten den Kritikern zufolge unter schlimmen hygienischen Zuständen und waren unzureichend versorgt. Viele, die hätten gerettet werden können, seien deshalb gestorben. Der zweite Vorwurf nimmt die Idealisierung der Armut ins Visier. Mutter Teresa hätten die soziale Ungerechtigkeiten, die Lebensbedingungen der Menschen nicht interessiert. Auch seien für sie das Missionieren und der Glaube ganz klar wichtiger gewesen als die Menschen. Zudem vertrat Mutter Teresa eine extreme Haltung gegenüber der Abtreibung. Länder, welche die Abtreibung erlaubten, bezeichnete sie als ärmste Länder der Welt.

Nichtsdestotrotz hat sie vielen Menschen geholfen und Mut gemacht. Und nun ist sie auch offiziell heiliggesprochen.

Eindrücke aus der Presse finden Sie in der Slideshow:

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