Neue Lebensformen fordern neue Lösungen

Die Dreifaltigkeit von Cham: Wie sich die Gemeinde bis 2040 verändern soll

Cham wird sich in den kommenden Jahren verändern. Nun zeigt die Gemeinde auf, wie das geschenen soll. (Bild: bic)

Die Gemeinde Cham will sich dem Wandel der Zeit anpassen. Am Montag hat sie ihre Visionen für die Entwicklung bis ins Jahr 2040 vorgestellt. Zentral ist die Aufwertung des Zentrums und der Quartiere. Dazu soll vor allem mehr Grün beitragen.

Bis 2025 müssen alle Gemeinden im Kanton Zug ihre Pläne und Konzepte für die kommunale Entwicklung vorlegen. Nach Steinhausen hat Cham am Montag als zweite Gemeinde ihre Visionen präsentiert und aufgezeigt, wie sich die Planerinnen Cham im Jahr 2040 vorstellen. Dabei werden die grossen Herausforderungen deutlich, die auf alle Zuger Gemeinden in den kommenden Jahren zukommen werden.

Das Entwicklungskonzept führt drei Handlungsfelder, Bilder genannt, auf. Und geht unter anderem auf die Inputs ein, die in den bisherigen Mitwirkungsverfahren von der Bevölkerung gemacht wurden. Die drei Bilder tragen die Namen «Cham als Perlensammlung», «Cham als Park» und «Cham als Netzwerk». Zusammengefügt sollen die drei Bilder die «Vision 2040» ergeben.

«Cham als Perlensammlung»: Orte neu beleben

Unter Perlen werden zum einen die für die Gemeinde identitätsstiftenden und charakteristischen Orte verstanden. Zum anderen Flächen im öffentlichen Raum, die von der Bevölkerung genutzt und belebt werden können. Das Entwicklungskonzept spricht in der Folge von historischen und funktionalen Zentren, die auch künftig unterschiedliche Funktionen haben sollen. Bei der Entwicklung der historischen Kerne gibt sich die Gemeinde entsprechend zurückhaltend. Sie sollen «sanft» weiter entwickelt werden und die «Spuren der vielschichtigen Geschichte bewahren».

«Es ist ein Wandel der Lebensform der Menschen zu beobachten. Man ist heute viel öfter draussen unterwegs als früher.»

Mirjam Landwehr, Projektleiterin Raumplanung

Für die Planer der Gemeinde ist klar, dass das Potenzial für die öffentliche Nutzung gerade im Zentrum noch nicht ausgeschöpft wird, obwohl bereits heute Begegnungsräume existierten. Deshalb sollen diese Orte intensiver gebraucht werden. Ziel ist es ausserdem, in allen Quartieren solche Plätze zu schaffen werden. Dies soll den Austausch zwischen den Bevölkerungsgruppen stärken und Anonymität verhindern.

Ein Mittel: Erdgeschosse mit sogenannt publikumsorientierten Nutzungen – sprich, Läden oder Beizen. Wohnungen soll es nach Möglichkeit nur in den oberen Stockwerken geben.

«Cham als Park»: Ein «grüner Kitt» für die Gemeinde

Unter dem Begriff «Cham als Park» ist angedacht, die Kommune als durchgehende, möglichst begrünte Anlage zu gestalten. Die Idee: Ein Miteinander von belebten Zentren und ruhiger Natur zu schaffen und die Aufenthaltsqualität für die Menschen zu erhalten und weiter zu verbessern.

«Cham besticht durch seine landschaftlich ausgezeichnete Lage und das Angebot von Natur- und Erholungsräumen», so die Gemeinde. Sie spricht diesbezüglich von einer «Standortgunst», die aufgegriffen und auf das ganze Siedlungsgebiet übersetzt werden soll. Dazu gehört unter anderem, dass die Aussenflächen, auch Strassen, begrünt und diese Grünflächen miteinander vernetzt werden. Ausserdem will die Gemeinde damit etwas zum Klima innerhalb des Lebensraumes beitragen.

Das Kalkbreite Quartier in Zürich soll als Beispiel für eine Aufwertung der Städtler-Allmend dienen.

«Cham als Netzwerk»: Dank neuen Freiräumen zum Austausch

Damit Cham die genannten Funktionen als Lebensraum wahrnehmen kann, ist unter anderem die Verbindung zwischen den einzelnen Orten entscheidend. Dies wird unter dem Handlungsfeld «Cham als Netzwerk» zusammengefasst. Hier setzt die Gemeinde insbesondere auf den Langsamverkehr. Angelehnt an den Punkt der Parklandschaft ist vorgesehen, die einzelnen Siedlungsbereiche durch «attraktive Strassen und Wege» zu verbinden, die mitunter in die Kulturlandschaft der Gemeinde und entlang von Gewässern führen.

Man ist sich aber auch bewusst, dass die Erreichbarkeit mit allen Verkehrsträgern weiterhin wichtig bleibt. Dennoch wird festgehalten, dass Teile der Kommune, namentlich entlang der Hauptachsen, durch «verkehrliche Infrastrukturen und Strassenlärm geprägt sind». Folglich kann man sich insbesondere im Zentrum entlang der Einfallstrassen Pflastersteine und Baumreihen oder andere Begrünungen vorstellen. Auch soll die «Dominanz des ruhenden Verkehrs» gemindert werden. Will heissen: Man wird über Parkplätze diskutieren müssen.

Die vorgestellten Ideen und Bilder zeigen laut Konzept einen Zielzustand, der noch im Detail und durch einzelne Massnahmen konkretisiert werden muss.

Die Menschen leben heute anders

Die Chamer Pläne erscheinen auf den ersten Blick hochtrabend und werden sicherlich noch zu reden geben. Weshalb plant die Gemeinde gleich in solch grossem Stil? «Wir planen für den Zeithorizont 2040 – es ist davon auszugehen, dass Cham bis dahin noch weiter wachsen wird. Es ist zudem ein Wandel der Lebensform der Menschen zu beobachten. Man ist heute viel öfter draussen unterwegs und trifft sich dort als früher», sagt Mirjam Landwehr auf Anfrage. Sie ist Projektleiterin Raumplanung bei der Gemeinde.

Es gehe letztlich um die Frage, wie der begrenzte Platz genutzt werden kann. Deshalb wird nach Möglichkeit dort gebaut, wo bereits Wohn- und Arbeitsflächen bestehen. Man spricht von der «Verdichtung nach innen». Dies schreibt seit 2014 unter anderem das nationale Raumplanungsgesetz vor. «Es ist aber auch wichtig, dass wir nicht nur verdichten, sondern auch hohe Qualität schaffen und die verschiedenen Aktivitäten somit ebenfalls dort stattfinden, wo es bereits Infrastruktur gibt», so Landwehr.

Kritische Stimmen sind wohl sicher

Hinzu komme, dass Naherholungsgebiete in den vergangenen Jahren immer wichtiger wurden. Dies habe insbesondere Corona gezeigt. Doch genau hier ortet Landwehr eine Herausforderung, die gerade in einer Gemeinde wie Cham mit viel Natur noch zu reden geben dürfte. «Der Druck auf die Landschaft hat bereits und wird sicherlich noch weiter zunehmen. Wir vermuten deshalb, dass es bezüglich unserer Pläne auch Kritik geben wird, da wir diese Flächen in die Planung einbeziehen und punktuell ihre Funktion als Erholungsort stärken wollen.»

Wie und ob die einzelnen Visionen letztlich in die Tat umgesetzt werden, muss sich zeigen. Bis am 26. Februar können die Chamerinnen ihre Meinung zu den Plänen kundtun und Anträge einreichen. Der Gemeinderat wird darauf über das definitive Konzept befinden und die Bevölkerung darüber informieren. Darauf basierend wird eine Anpassung des Zonenplans und der Bauordnung vorgenommen, über die letztlich an der Urne entschieden wird.

Mehr Informationen zu den Plänen der Gemeinde und zur Mitwirkung gibt es hier.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Rolf Oehen
    Rolf Oehen, 25.01.2021, 15:10 Uhr

    Wer schon einmal in Singapur durch die «grüne u. höchst moderne Weltstadt» wandern durfte, dem käme die Idee «noch mehr Strassen in Wohngebieten» gar nie in den Sinn! Man würde sich auch nicht fragen, warum es in der jüngsten Zeit nirgendwo ein «NEUstadt» – jedoch vom Frühling bis Herbst – beinahe jedes Wochenende in der Schweiz – herrlichste «ALTstadtfester» gibt. (Wenigstens vor Corona…)

    Aber, man kann heute niemandem einen Vorwurf machen, denn die letzten 60 Jahre wurde unser Leben vorwiegend durch die «Automobilität» bestimmt. Zürich als Beispiel, pflasterte sogar eine Autobahn mitten durch ihre schöne Stadt! Dem nicht genug, wenig später klotzte man sogar eine Beton-Autobahn-Rampe über(!) die Sihl (Ausfahrt Zürich – Richtung Chur) – und noch viele andere, höchst grauenhafte Entscheide wurden gefällt. Die Strecke Immensee-Brunnen ist eine der wohl grössten und gleichsam brutalsten Verschandlungen einer Landschaft – in diesem Fall entlang des Zugersees. Praktikabilität und alles fürs Auto, waren damals «in». Widerlichkeiten, welche Generationen wohl für sehr lange erhalten bleiben werden…
    Die grösste Tragik ist allerdings, dass auch heute noch Zuwanderungen (2020 wieder 52’000 netto zugewandert) als «normal und notwendig», ja politisch sinnvoll erachtet werden. Ergo bauen wir immer mehr «Häuser». Es fahren 4 Mio. Autos, es braucht neue Strassen, Tunnels und Umfahrungen (…). Unsere Verkehrsplaner und Polit-Koryphäen finden dies offenbar traumhaft und es schaffe Arbeitsplätze! Arbeitsplätze – für wen genau…?
    Apropos «Häuser» – sieht man sich die heutige, sterile und einfältige «Erstlehrjahr-Hochbauzeichner-Kuben-Architektur» – egal wo, in unserem Lande einmal genauer an, weiss man auch sofort, warum es nirgendwo «NEUstadtfeste» gibt. Beispiele dieser armseligen «Spreitenbach-Bern-Bethlehem- Architektur» haben wir auch in der «materiell gesunden» Stadt Zug! Die (zwar) modernen «Glas-Betonkisten mit Löchern» im Gebiet Metalli, jene entlang der Zugerstrasse Richtung Baar, Herti u. Lindenpark, all die Neubauten am Zugerberg, in Walchwil, Rotkreuz – alle gleich… , sie werden die jüngere Generation wohl kaum in kreative Höhenflüge hieven!
    Im Gegenteil, zu befürchten ist, dass die Jungen lieber «gamen» und stundenlang vor der NETFLIX-Glotze liegen(d)bleiben… (Auch nach Corona…)
    Was soll denn aus ihnen einmal werden, wenn man in diesen supermodernen, 5G-vernetzten, durchdigitalisierten Bluetooth-Favelas mit Handy-WC-Spülung aufwachsen «muss»? Die wissen ja nicht einmal in welchem Monat die Mai-Käfer fliegen…

    CHAM hätte nun eine Riesenchance – wenn auch etwas weniger bedeutungsvoll – in dem man endlich von Vorgenanntem abrückt und z.B. vom Locher-Kreisel (Raiffeisenbank) bis zur Tankstelle bei der Migrolino eine echte «Parkstrasse – als Stätte der Begegnung» entwickeln würde. (Selbstredend für Anwohner, Krankenwagen, Taxi u. ÖV zugänglich).
    Wunderschöne Bäume u. wetterfeste Pflanzen – daran hätten alle ihre helle Freude!
    Mit den riesigen Millionenbeträgen könnte man die noch lohnenswerten, alten Häuser helfen aufzupeppen, denn diese sehen heute nur deswegen (schon wieder) so lausig aus, weil der tägliche Massenverkehr durch Cham stottern darf und so den Abgasdreck an den Fassaden hängen bleibt. Man könnte bequeme Sitzbänke montieren und viele kleine Läden für die wichtigsten Alltagsbedürfnisse – eben wie damals, als man noch gar kein Auto hatte bzw. brauchte, wieder fördern bzw. helfen aufzubauen? Bestimmt nicht nur Corona-Geplagte wären dankbar für dieses Revival! Die Berner Lauben lassen grüssen!
    Obwohl ich in mancherlei Hinsicht höchst bürgerlich denke, es ist nie zu spät umzudenken! Dies bräuchte aber Mut, Lebenserfahrung, Ein- und Voraussicht – und ein sehr gutes, überzeugendes Marketing! Aber an all dem wird es wohl (wieder) scheitern und so fummelt man am heutigen Flickwerk zwischen Stauproblemen, Stinkluft, alten Bruchbuden und dazwischen gezwängten, langweiligen «Glas-/Betonkisten mit Löchern» weiter…

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