Das ist in Zug seit dem Frauenstreik passiert

«Die Busse gibt uns neuen Schwung»

Hat grosses Vertrauen, dass in Sachen Gleichstellung weiter etwas passiert: Virginia Köpfli. (Bild: zvg)

Tausende haben im Juni auf den Strassen die Gleichstellung von Mann und Frau gefordert. In Zug ist es seither auffällig ruhig – anders als in Luzern. Doch die Zuger Organisatorinnen sehen einen Hoffnungsschimmer.

Sie waren pink, rot, lila – und sie waren laut. Auch in Zug. 700 Frauen pilgerten am nationalen Frauenstreik im Juni auf die Strassen, um ein Zeichen für die Gleichstellung zu setzen (zentralplus berichtete).

Doch seither ist es auffällig ruhig geworden in Zug. Ganz anders als in Luzern: Das Luzerner Komitee reichte bei der Regierung eine Petition ein. Auch der Stadtrat sieht Handlungsbedarf, will eine Fachstelle für Gleichstellung prüfen. Es gab Aktionen gegen Lohnmissstände, Aktivistinnen protestierten, weil Frauen an der Universität unterrepräsentiert sind. Kantonsrätinnen reichten mehrere Vorstösse ein (zentralplus berichtete), Arbeitsgruppen gründeten sich. Es finden regelmässig Treffen statt, an denen unter anderem über Sexualität, das Menstruieren und die Klitoris diskutiert wird.

Aber was geschah seither in Zug?

Zweifel kamen auf

Klar ist: Die Zugerin Manuela Weichelt-Picard schreibt Geschichte. Als erste Frau gelang ihr der Einzug ins Bundeshaus (zentralplus berichtete). Auch ein Gleichstellungsbüro soll wieder geschaffen werden, fordert Alternativ-Grüne Kantonsrat Luzian Franzini (zentralplus berichtete). Der Kantonsrat hat einen entsprechenden Vorstoss zur Prüfung überwiesen.

Doch beim Zuger Komitee hat sich seither nicht viel getan. Die Frage, wie es nach dem 14. Juni weitergeht, stand lange nicht im Zentrum. Virginia Köpfli ist im Zuger Streikkomitee und präsidiert die SP Hünenberg. Dass sich im Juni 700 Frauen am Demonstrationszug anschliessen, damit hätte man nicht gerechnet. Sie haben höchstens mit 50 Menschen gerechnet, sagt Köpfli.

Im Sommer haben sie sich noch einige Male im Rahmen der Frauenstreikbar getroffen. Doch es kamen immer weniger Frauen. «Es war ernüchternd», sagt Köpfli. «Ich fragte mich auch schon: Was bringt es, das vor uns hinzuschleppen, wenn wir keine Menschen mehr erreichen?»

Die Stimmung ist wieder besser

Nach dem grossen Schwung und der Ruhe gibt es nun aber einen Hoffnungsschimmer. Ganz anders war das Treffen Mitte Dezember. «Wir waren rund 30 Leute – das ist für Zuger Verhältnisse recht viel.» Die Stimmung war positiv, es sei inspirierend gewesen und habe Lust auf mehr gemacht. Auch viele neue Gesichter seien aufgetaucht, die bisher noch nicht politisch aktiv waren. «Wir sahen die Notwendigkeit, dass in Zug etwas passieren muss, wir nicht tatenlos und stumm zuschauen.»

Die Ideen sind zwar noch vage, konkrete Aktionen haben die Organisatorinnen noch nicht im Köcher. Klar ist aber: Am Weltfrauentag am 8. März und am 14. Juni sollen erneut Zeichen gesetzt werden. Die 25-jährige Köpfli hat grosses Vertrauen, dass die Frauen in Zug wieder aktiver werden. Auch das nächste Treffen am 8. Januar steht bereits fest.

Eine Busse, die polarisiert

Woher kommt der «neue Schwung», den Köpfli anspricht? Nicht zuletzt trägt die saftige Busse, die ins Haus der Organisatorinnen flatterte, etwas dazu bei. Weil die Demonstrantinnen für kurze Zeit die Strasse passierten, wurden sie zu einer Busse in Höhe von 650 Franken verdonnert (zentralplus berichtete).

Auch wenn das ärgerlich ist – sie ist nicht nur schlecht. «Viele sind ‹hässig›», sagt Köpfli. Sie sieht die Busse aber als Chance, die Bewegung in Zug wieder zu beleben. «Sie gibt uns neuen Schwung und Mobilisierung.» Sie habe viele Nachrichten bekommen von Frauen, die sich darüber aufregen. Und von Frauen, die spenden möchten, aktiv werden möchten.

Die Regierung soll es «wieder gutmachen»

Die 650 Franken sind noch nicht bezahlt. Denn zuerst wollen sie warten. Nämlich auf die Antwort des Zuger Regierungsrates. Das Komitee hat diesem einen Brief geschrieben und ein Beitragsgesuch gestellt, damit die Regierung den Beitrag nachträglich zahlt. «Wir wollen der Regierung die Chance geben, den Schlamassel wieder gutzumachen», sagt Köpfli.

Die Organisatorinnen meinten bereits, dass die Busse von einer «unglaublichen Kleinlichkeit und Kleingeistigkeit» zeuge, angesichts der politischen Bedeutung des Frauenstreiks.

Hunderte Frauen setzten in Zug ein Zeichen. (Bild: wia)

Handlungsbedarf besteht nach wie vor

Viele Zugerinnen hätten das Gefühl, dass zwar mit dem Frauenstreik ein Akzent gesetzt wurde, sich seither aber nicht viel verändert habe, sagt die etwas enttäuschte Köpfli. «Der Frauenstreik und die Forderungen haben sich in die Köpfe von Individuen eingeprägt», sagt Köpfli. «Aber sie kamen kaum aufs politische Parkett.» 

In Zug bestehe nach wie vor grosser Handlungsbedarf. Nicht zuletzt, weil er als einziger Kanton kein Gleichstellungsbüro besitzt. «Bei bestimmten Politikern und Politikerinnen haben die Forderungen der Frauen leider gar kein Gehör. Und das darf nach dieser grossen Mobilisierung und Bewegung schlicht nicht sein», so Köpfli.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von David Meyer
    David Meyer, 30.12.2019, 12:13 Uhr

    Wir haben einen Rechtsstaat. Jede und jeder, der eine Demo organisiert und sich nicht an die Auflagen hält, bekommt diese Busse. Eine Demo, die für sich mehr Rechte fordert aber das Gesetz nicht akzeptieren will, das spricht Bände über deren Staatsverständnis.

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  • Profilfoto von Dunning-Kruger
    Dunning-Kruger, 30.12.2019, 07:13 Uhr

    Das kenne ich bestens. Geht mir nach jeder Parkbusse ebenso!

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