«Ungeimpfter sucht Ungeimpfte 💑»

Dating während Corona: Welche Rolle die Impf-Frage spielt

Die Pandemie hat die Welt auf den Kopf gestellt – zu Beginn auch das Dating-Verhalten vieler Singles. (Symbolbild: Adobe Stock)

Corona und die Liebe: ein semi-vielversprechender Match. Wir haben drei junge Menschen aus Luzern anlässlich des Valentinstags gefragt, inwiefern ihr Liebesleben zwei Jahre nach Corona noch von der Pandemie beeinflusst wird – und welche Rolle die Frage nach der Impfung spielt.

Menschen wollen lieben. Und sie wollen geliebt werden. Per se ist das oftmals schon genug kompliziert. Seit der Pandemie umso mehr (zentralplus berichtete).

Schliesslich steht vor jedem Date ein Elefant namens Corona im Raum. Was tun, wenn Impf-Verfechterin auf Skeptiker trifft? Welche Rolle spielt der Impfstatus überhaupt?

Wir haben uns gefragt: Daten wir seit Corona anders? Oder sind die anfänglichen Berührungsängste mittlerweile verflogen?

Social Distancing beim ersten Date? Das war einmal

Die 27-jährige Mia aus Luzern ist Single. Sie führt eine «On-Off-Beziehung» mit Dating-Plattformen, wie sie selbst meint. Vor zwei Jahren lernte sie einen Mann kennen – ganz zu Beginn der Corona-Pandemie, während des Lockdowns. Vor dem Treffen hätten sie schnell gemerkt, dass sie auf einer Wellenlänge seien – und ähnlich über die Pandemie denken oder die Massnahmen wichtig finden.

«Deswegen haben wir vor dem ersten Treffen auch darüber gesprochen, wie vernünftig es ist, uns während der Pandemie zu verabreden, wo wir uns treffen oder wie nah wir uns bei der Begrüssung kommen. Wir haben alles auskommuniziert, das empfand ich als sehr angenehm. Beim Treffen war Corona dann kein Thema mehr.»

«Schliesslich warf er mit abstrusen Verschwörungstheorien um sich. Das war der totale Abturn.»

Mia

Gut zwei Jahre später spielen solche Fragen keine grosse Rolle mehr, sagt Mia. Bevor sie sich mit einem Mann trifft, versucht sie beim Schreiben aber schon herauszufinden, inwiefern sie ähnlich ticken – auch Corona-mässig. «Ich hatte einmal ein Date mit jemanden, der sich so richtig über die Massnahmen ausgekotzt hat. Schliesslich warf er mit abstrusen Verschwörungstheorien um sich. Das war der totale Abturn und ich machte mich dann auch schnell aus dem Staub.»

Neue Dating-Plattformen für Ungeimpfte

Kein Wunder wurden Dating-Plattformen aus dem Boden gestampft, die sich speziell an Ungeimpfte oder Geimpfte richten. Etwa «Impffrei:Love». Neben den üblichen Profilangaben wie Alter und Geschlecht ist hier Pflicht, die Frage nach dem «Covid Shot» auszufüllen. Ein Ja gibt's hier nicht. Nur ein Nein oder ein «Keine Angabe». Geimpfte sind hier wohl nicht erwünscht. So schreibt der 27-jährige Patrick in seinem «Satz über mich»: «Ungeimpfter sucht Ungeimpfte 💑 »

Auch auf der Dating-Plattform «Bumble» können User freiwillig Covid-Dating-Präferenzen angeben. Etwa, ob das perfekte erste Treffen virtuell oder im echten Leben stattfindet, «auf Distanz ganz entspannt» oder mit Social Distancing. Zudem können Geimpfte ihren Impfstatus im Profil angeben.

Wie man über Corona denkt – oder ob die Vibes stimmen

«Für mich ist die Frage, ob jemand geimpft ist, jetzt kein Ausschlusskriterium», sagt Mia. «Aber vielleicht ein Indiz – je nachdem, wie das Gegenüber natürlich begründet, warum er nicht geimpft ist – ob ich mit ihm auch in anderen gesellschaftlichen und politischen Fragen übereinstimme oder nicht. Ob wir eher miteinander viben oder eher nicht.»

«Eine Zeit lang kommunizierten wir nur noch übers Handy, in dem wir uns gegenseitig mit Beiträgen zuspamten. Er schickte mir irgendeinen Schwurbel-Beitrag, ich konterte mit einem wissenschaftlichen Artikel.»

Rebekka

Sie habe lange einen Mann gedatet, den die 27-Jährige als Impfskeptiker bezeichnet. «Als er dann die Situation in der Schweiz nach Einführen der Zertifikatspflicht mit dem Holocaust verglichen hat, klappte mir förmlich die Kinnlade runter. Das war das für mich einer der Gründe, dass das mit uns nichts wird.»

Dass die Frage über Corona entscheidend dafür sein kann, ob man sich überhaupt mit jemandem trifft, hat eine Studie des Online-Dating-Portals «Parship» gezeigt. Rund die Hälfte der 1013 befragten Männer und Frauen über 50 Jahren sagten, dass sie nur jemand daten würde, der die gleiche Einstellung bezüglich Pandemie und Schutzmassnahmen hat. Bei den unter 50-Jährigen waren es 33 Prozent.

Rebekka: Geimpfte trifft auf Impf-Skeptiker

Eine, die sich ganz kurz vor der Pandemie verliebt hat, ist Rebekka*. Sie ist geimpft. Und geboostert. Ihr Freund sei ein Impfskeptiker, «wenn auch nicht hardcore». Damit, dass sie sich für die Impfung entschieden hat, hatte er grundsätzlich kein Problem. Nur beim Booster machte er sich Sorgen. Unbegründet, wie Rebekka findet.

Wenige Wochen bevor es mit der Pandemie in der Schweiz so richtig losging, lernten sich die beiden kennen. Damals, als Corona noch in hiesigen Zeitungsartikeln als «mysteriöse Lungenkrankheit in China» betitelt wurde.

«Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden», erzählt Rebekka. «Lange Zeit suchten wir nach einem Thema, in dem wir uns uneins sind.» Das kam dann auch: die Pandemie. Die Massnahmen, das Virus in Zaum zu halten. Und natürlich die Impfung.

Als ihr Freund dann auch an der Corona-Demo in Bern vor Ort war, als es zum versuchtem Sturm aufs Bundeshaus kam, gipfelte das in die erste Beziehungskrise. «Eine Zeit lang kommunizierten wir nur noch übers Handy, in dem wir uns gegenseitig mit Beiträgen zuspamten. Er schickte mir irgendeinen Schwurbel-Beitrag, ich konterte mit einem wissenschaftlichen Artikel.»

«Das kratzt am Ego, wenn man nie eine Antwort kriegt.»

Lukas

Bis das Paar gemeinsam ihre Standpunkte geklärt hat. «Er hat seine Meinung, ich habe meine. Wir realisierten, dass wir uns eigentlich viel zu gut verstehen und es schade wäre, wenn wir uns ‹nur› wegen Corona zerstreiten.» Vielleicht sei sie auch ein, zwei Schritte mehr auf ihn zugegangen. Weil sie seine Sichtweise verstehen wollte.

Dass sich ihr Freund nicht impfen lassen will, sei seine Sache. «Ich muss aber zugeben, dass es mich teils etwas frustriert hat. Wenn ich etwa Lust auf einen Ausflug hatte oder wir etwas gefunden haben, dass wir gemeinsam unternehmen wollten. Wir hatten ab und zu den ‹Ah ja stimmt, geht ja nicht, du bräuchtest ein Zertifikat›-Moment.»

Lukas: Hat sich den Dates gleich ganz entzogen

Der 27-jährige Lukas gönnt sich aktuell gerade eine Tinder-Pause. «Ich muss nichts erzwingen», sagt der langjährige Single. «Es hat genug lange gedauert, bis ich das realisierte.»

Dating-Plattformen führten bei ihm zu einem geringeren Selbstwertgefühl. Wenn er einen Match angeschrieben hat, dieser beispielsweise aber nicht antwortete oder ihn nach einer Zeit geghostet hat. «Das kratzt am Ego, wenn man nie eine Antwort kriegt», sagt Lukas.

Die Pandemie hat sein Dating-Verhalten nicht direkt beeinflusst. Traf er sich mit jemandem, so überlegte er sich nicht, ob er sein Date mit einem Schuh-an-Schuh grüsst oder mit drei Küsschen. «Ob mein Gegenüber geimpft ist, interessiert mich auch nicht. Das muss jeder und jede selbst wissen. Was mich aber stören würde: Wenn sich mein Gegenüber darüber beschwert, dass ich geimpft bin.»

Seine Profile auf «Tinder» und «Bumble» hat der Luzerner zwar nicht gelöscht, aber sie seit Monaten nicht mehr geöffnet. Er hat andere Prioritäten gesetzt, fokussiert sich mehr auf sich. Lange Zeit war er mit seinem Körper unzufrieden, war auch psychisch angeschlagen. Vor einem Jahr wurde Lukas von einer Psychologin krankgeschrieben, er fokussierte sich mehr auf sich.

«Auch die ganze Pandemie-Situation hat dazu geführt, dass ich mich mehr mit mir selber auseinandersetzte und meine Baustellen anpackte, statt mich gleich wieder in ein Liebesabenteuer zu stürzen.» Er achtet nun auf seine Ernährung, powert sich beim Sport aus. «Früher hatte ich viele Dates – heute habe ich keine mehr und es fehlt mir wirklich an nichts.

*Name geändert.

Verwendete Quellen
  • Persönliche Gespräche und Chats mit Mia, Rebekka und Lukas
  • Parship-Studie
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Barbi
    Barbi, 14.02.2022, 20:00 Uhr

    Fehler im artikel Daten corona? müsste hier beim ersten ungeimpfte nicht geimpfte stehen?

    Ungeimpfte sind hier wohl nicht erwünscht. So schreibt der 27-jährige Patrick in seinem «Satz über mich»: «Ungeimpfter sucht Ungeimpfte

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    • Profilfoto von isabelle.dahinden
      isabelle.dahinden, 14.02.2022, 20:32 Uhr

      Stimmt! Danke fürs aufmerksame Lesen, das passe ich gleich an. Wünsche dir einen schönen Abend. Ganz liebe Grüsse, Isabelle

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