Medikament unter Jugendlichen im Trend

Darum konsumiert eine junge Luzernerin Xanax

Angstlöser Xanax – der Medikamentenmissbrauch unter Jugendlichen scheint zuzunehmen. Noch fehlen aber verlässliche Daten. (Symbolbild: Matteo Badini/Unsplash) (Bild: Symbolbild: Matteo Badini/Unsplash)

Wovor fürchten sich Jugendliche, die sich mit Medikamenten wie dem Angstlöser Xanax zudröhnen, um alles um sich herum zu vergessen? Manchmal ist es pure Neugierde, wie das Gespräch mit einer jungen Frau aus Luzern zeigt. Aus ihrem Kollegenkreis weiss sie: Der Konsum kann schnell süchtig machen.

Céline – die eigentlich anders heisst – probiert gerne mal aus, wie sie sagt. Die 22-Jährige hat schon Verschiedenes genommen. Psychedelische Pilze, Amphetamine, Kokain, Benzos und Xanax – den Pfizer-Angstlöser.

Es war vor etwa zwei Jahren, als sie zum ersten Mal eine Xanax-Pille schluckte. Eine Kollegin von ihr habe das von ihrem Arzt verschrieben bekommen. «Ich wäre selber nicht darauf gekommen, dass man dieses Medikament auch missbrauchen könnte.» Doch in ihrem Kollegenkreis meinten einige, solche Medikamente zu nehmen, sei «lustig».

Seither konsumiert Céline vielleicht jeden zweiten Monat einmal Xanax. Meistens, um mit Kollegen an Wochenenden zu chillen. Aber nicht, wenn sie mit Freunden an Raves – noch in Zeiten vor Corona – tanzen ging. «Ich fühle mich unbeschwert, Xanax nimmt mir die Angst. Alltagsprobleme werden egal. Oder sonstige Dinge, die einem Stress machen. Man fühlt sich frei, ich kann mich dann voll gehen lassen.»

Kollegen von ihr wurden abhängig – und «verpeilt»

Dass der Medikamentenmissbrauch – und insbesondere der Mischkonsum gefährlich ist, dessen ist sich Céline bewusst. Mehrere junge Menschen verloren deswegen ihr Leben viel zu früh – auch in Luzern (zentralplus berichtete). Für viele sei es ein Spiel, meinte eine Jugendberaterin kürzlich zu zentralplus. Besonders erschreckend ist, dass die Zielgruppe – ab 12 Jahren – immer jünger wird (zentralplus berichtete).

«Sie sind mega vergesslich und verpeilt, eigentlich zu nichts mehr zu gebrauchen.»

Céline, Xanax-Konsumentin

«Ich bin mir bewusst, dass Xanax recht schnell abhängig machen kann», sagt Céline. «Dass dieses Medikament Menschen abfucken und zerstören kann. Das habe ich auch bei einigen von meinen Kollegen miterlebt.» Einige seien von Medikamenten wie Xanax abhängig geworden. Machten später einen Entzug. Und auch heute noch tragen sie die Konsequenzen: «Sie sind mega vergesslich und verpeilt, eigentlich zu nichts mehr zu gebrauchen. Vieles ist ihnen egal. Sie haben keine Willenskraft, keine Ziele mehr im Leben, keine Lebensfreude.»

Dir gehts nicht gut? Oder du machst dir Sorgen um jemanden? Hier findest du Hilfe!

Wähle die Nummer 143 der «Dargebotenen Hand», wenn du dich nicht wohl fühlst, du Suizidgedanken oder anderen Kummer hast. Kostenlos und rund um die Uhr wird dir auch über die Nummer 147 (Pro Juventute) geholfen.

Wer seine Drogen auf gefährliche Substanzen testen lassen will oder ein Beratungsgespräch sucht, kann an jedem zweiten Montag das DILU – Drogeninformation Luzern aufsuchen. Kostenlos und anonym.

Wie gefährlich Mischkonsum mit Medikamenten und Alkohol ist, zeigt ein Faktenblatt von Infodrog – der Schweizerischen Koordinations- und Fachstelle Sucht.

Das schreckt Céline ab, selber regelmässig Xanax zu konsumieren. «Ich habe keine Lust, dass mein Leben durch Drogen negativ beeinflusst wird oder ich im Alltag Mühe habe, Dinge zu erledigen, mein normales Leben zu leben. Oder meinen Kopf mit diesen Substanzen zu zerstören.»

Auf dem Trip vergessen, dass man gerade eine Pille nahm

Das Konsumieren ganz sein lassen, möchte sie jedoch nicht. Allerdings achtet sie darauf, dass sie jeweils nur so viele Xanax-Pillen – beziehungsweise «Bars» – bei sich auf dem Tisch liegen hat, wie sie konsumieren will. «Manchmal kann man so drauf sein, dass man nicht mehr checkt, dass man bereits vor einigen Minuten eine Xanax geschluckt hat und wirft dann einfach nach.»

Doch der Respekt vor den Substanzen bleibt. «Ich muss hart mit mir selber sein und das bin ich bis jetzt auch.» Wenn sie nach einem strengen Wochenende realisiert, dass sie zu viel konsumiert habe, legt sie eine Pause ein. Sagt Nein und lässt die Finger davon. Céline hat das Gefühl, dass sie ihren Konsum, die Mengen und die Pausen dazwischen im Griff hat.

Es kann schnell kippen

Das braucht auch viel Selbstreflexion, so die 22-Jährige. Auch wenn sie weiss, dass das Im-Griff-Haben schnell auch mal kippen kann. Dass aus dem Ausprobieren eine Sucht wird. «Auch ich dachte bei einigen von meinen Kollegen, dass sie ihren Konsum im Griff haben. Bis sie dann in eine Phase kamen, in der sie viele Probleme und Sorgen hatten. Dann reicht es, wenn man zwei, drei Mal hintereinander in einem engen Zeitraum Xanax konsumiert, schon ist man in dieser Teufelsspirale und abhängig davon.»

«Ich dachte bei einigen von meinen Kollegen, dass sie ihren Konsum im Griff haben. Bis sie dann in eine schwierige Phase kamen.

Manchmal wundert sich Céline darüber, was in der Schweiz alles legal und was illegal ist. Und nur weil es sich bei Xanax um ein verschreibungspflichtiges Medikament handelt, das man vom Arzt bekommt, sei es deswegen nicht weniger schlimm als Drogen, die man auf der Strasse kriegt. Ganz auf Xanax zu verzichten, wäre wohl die vernünftigste Option, das weiss auch Céline: «Schlussendlich gehts einem ja nicht wirklich besser, wenn man sich mit Drogen oder Medikamenten zudröhnt.»

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