Auftrag wurde freihändig vergeben

Darum betreut die Caritas Luzern Gastfamilien in Zug

Zug setzt bei der Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine stärker auf Gastfamilien als Luzern. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Familien, die ukrainische Flüchtlinge aufnehmen, werden von der Caritas Luzern betreut. Hier wird das Know-how geschätzt, auf das der Kanton Luzern seit einigen Jahren verzichtet.

In Zug sind fast doppelt so viele Flüchtlinge aus der Ukraine in Gastfamilien untergebracht wie in kantonalen Flüchtlingszentren. In Luzern ist es genau umgekehrt. Das ist kein Zufall.

Die Zuger Behörden haben von Anfang an die Solidarität in der Bevölkerung genutzt, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen. Seit April setzen sie dabei auf die Caritas Luzern als Partnerin. Die Hilfsorganisation prüft die Angebote, nimmt Platzierungen vor und übernimmt die Beratung und Betreuung rund um das Zusammenleben der Gastfamilien und der Flüchtlinge.

Engagement der Caritas Luzern entlastet die kantonalen Strukturen

Letzte Woche hat die Regierung eine entsprechende Leistungsvereinbarung in der Höhe von 337'500 Franken genehmigt. So ist die Betreuung der Gastfamilien in Zug bis Ende Jahr gesichert. «Damit sollen die kantonalen Strukturen substanziell entlastet und das Zusammenwohnen soll längerfristig in einem stabilen Verhältnis erfolgen», heisst es in einer Medienmitteilung.

Die Betreuung der Gastfamilien durch die Caritas scheint auf den ersten Blick ein Erfolg zu sein. Waren im April 260 Menschen privat untergebracht, sind es aktuell rund 520. Der Zenit ist allerdings überschritten. Seit Juni sinken die Zahlen kontinuierlich, obwohl der Flüchtlingsstrom nicht abgerissen ist.

Luzern wappnet sich für ein Abflauen der Solidaritätswelle

Ist die Solidaritätswelle abgeflaut? In Luzern nimmt der Kanton vorsichtshalber unterirdische Zivilschutzanlagen in Betrieb. Die Dauer der Unterbringung in Gastfamilien sei in vielen Fällen befristet, sodass in den nächsten Wochen und Monaten sehr wahrscheinlich weitere Personen aus Gastfamilien in den kantonalen Unterkünften untergebracht werden müssten, hiess es Mitte August in einer Medienmitteilung (zentralplus berichtete).

In Zürich hingegen stellte die Caritas fest, dass die Gastfamilien die ukrainischen Gäste in den Sommerferien kurzerhand mitgenommen haben, statt sie – wie befürchtet – vor die Tür zu setzen. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtete, sind schweizweit 40’000 ukrainische Flüchtlinge privat untergebracht. Bis vor den Sommerferien hätten nur zwischen 5 und 10 Prozent umplatziert werden müssen.

Unterbringung im Bunker? In Zug bisher kein Thema

Wie sieht das in Zug aus? Stefan Ziegler, Leiter des kantonalen Sozialamts, ist zufrieden: «Das Engagement ist weiterhin sehr hoch», schreibt er auf Anfrage. «Dank den Gastfamilien verfügte der Kanton Zug bisher jederzeit über genügend Plätze für Schutzsuchende.»

Deshalb mussten die ukrainischen Flüchtlinge in Zug bisher weder in unterirdischen Notunterkünften noch in umfunktionierten Mehrzweckhallen untergebracht werden. Ziegler sieht darüber hinaus weitere Vorteile: «Die Schutzsuchenden in den Gastfamilien lernen die Gepflogenheiten und Sitten der Schweiz in ihrem Alltag besser und schneller kennen.»

Das kantonale Sozialamt ist bisher also zufrieden mit der Leistung der Caritas Luzern. Den Auftrag dazu hat es übrigens nicht ausgeschrieben, sondern freihändig vergeben. «Aufgrund zeitlicher Dringlichkeit», wie Ziegler erklärt. Als Gründe führt der Leiter des Sozialamts an, dass die Hilfsorganisation sofort zur Verfügung stand und eine örtliche Nähe zum Kanton Zug besteht. Weiter sprachen die langjährige Erfahrung in der Beratung, Unterstützung und Begleitung von Menschen in der Not für die Caritas Luzern.

Kanton Luzern glaubte, es besser zu können als die Caritas Luzern

Diese langjährige Erfahrung mit Gastfamilienprojekten ist es, was im Nachbarkanton Luzern fehlt. Dort sind 1'655 ukrainische Flüchtlinge in kantonalen Unterkünften untergebracht, «nur» 815 Personen leben bei Gastfamilien.

Der Kanton Luzern hat der Caritas vor sechs Jahren den Leistungsauftrag für die Flüchtlingsbetreuung gekündigt (zentralplus berichtete). 2017 übernahm die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) diese Aufgabe. Dies, weil der zuständige Regierungsrat Guido Graf überzeugt war, damit Kosten sparen zu können.

Vor den Risiken warnte Georg von Schnurbein, ein Experte für Freiwilligenarbeit, damals in der «Luzerner Zeitung»: «Freiwillige Arbeit ist grundsätzlich ein Charakteristikum von Non-Profit-Organisationen. Wenn Menschen unentgeltlich für den Staat arbeiten sollen, ist das seltsam, denn für die Erfüllung von Staatsaufgaben zahlen sie ja schon Steuern», sagte der Professor für Stiftungsmanagement an der Universität Basel.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Louis Henseler
    Louis Henseler, 29.08.2022, 13:52 Uhr

    Das Zuger Modell mit dem Umgang mit den ukrainischen Flüchtlingen ist vorbildlich und lobenswert. Im Kanton Luzern werden private Anbieter vergraulet und/oder von den zuständigen Behörden im Stich gelassen. Mit System möchte man möglichst jeglichen Wohlfühlfaktor bei den Flüchtlingen verhindern. Da lauert die latente und kleinliche Angst in den Hinterköpfen der Entscheidungsträger, dass die Ukrainer bleiben könnten. Die Bewirtschaftung des ukrainischen Flüchtlingsproblems möchte der Kanton selber steuern und kontrollieren können. Der integrative Weg der Privataufnahme, wie vom Kanton Zug vorgelebt, wäre eine menschliche und gangbare Lösung gewesen. Kann da noch einer verstehen, dass die Gemeinden per Dekret mit Fristen und Bussenandrohung verpflichtet werden, Unterkünfte zur Verfügung zu stellen?

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  • Profilfoto von Ruth Elmiger
    Ruth Elmiger, 29.08.2022, 08:18 Uhr

    Auch wir hatten uns gemeldet bei der schweiz. Flüchtlingshilfe zur Aufnahme. Wir wurden immer wieder informiert, zuletzt dann, dass nun die Daten dem Kanton Luzern übergeben worden seien. Von da an haben wir nichts mehr gehört… So erging es auch Bekannten von uns. Wir bekamen den Eindruck, dass der Kt. Luzern kein Interesse hat, Flüchtlinge privat zu platzieren.

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  • Profilfoto von mahatma andy
    mahatma andy, 29.08.2022, 06:06 Uhr

    Ja, da gäbe es etliche Familien, die auch solche Hilfe nötig hätten. z.B. in Gemeinden für die Hilfe ein Schimpfwort ist. Und die Hilfe suchende muss die Soz. Hilfe noch zurückzahlen. Da Schaft die Caritas mehr Ungerechtigkeit als Gerechtigkeit.

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