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Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga ehrt heute auf dem Rütli Personen, die sich während der Corona-Sperrung für andere Menschen eingesetzt haben.
Regula Erazo ist eine jener Personen aus dem Raum Luzern und Zug, die an der heutigen Bundesfeier von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga als «Heldinnen» geehrt werden. Zum Begriff «Heldinnen» sagt Regula Erazo bloss: «Das ist halt Journalistenjargon.»
Sie gehe mit einem etwas «zwiespältigen Gefühl» aufs Rütli. Das Feiern eines Nationalfeiertages sei nämlich nicht so ihre Stärke, sagt sie. Dennoch nehme sie an diesem Anlass gerne und mit Überzeugung teil. Denn sie finde es wichtig, dass dank ihrer Nomination auch die Thematik der Sans-Papiers in diese Veranstaltung einfliessen könne. Um ihre eigene Person könne es dabei nicht gehen: «Ich fühle mich da nicht so wichtig.»
Für Sans-Papiers war die Zeit der Sperrung speziell schwierig
Aber sie gehe für das ganze Team der Sans-Papiers-Betreuungsstelle Luzern. Für die von ihrem Team betreuten Sans-Papiers sei die Corona-Zeit besonders schwierig gewesen. Plötzlich seien viele von ihnen ohne Arbeit gewesen, weil die Arbeitgeber in der Zeit der Pandemie das Anstellungsverhältnis nicht mehr weiterführen wollten. Viele Sans-Papiers seien darum auf der Beratungsstelle vorbeigekommen, um dort etwas Unterstützung zu erhalten. Diese Phase habe von etwa Mitte April bis Mitte Juni gedauert. Seither sei die Anzahl Beratungen wieder in etwa auf dem Stand wie vor der Corona-Sperrung.
Arbeit in den untersten Lohnklassen
Regula Erazo wurde von der Beratungsstelle Sans-Papiers Luzern als Vertreterin des Kantons Luzern für die Rütlifeier vorgeschlagen und dann auch ausgewählt. Bis ins Jahr 2017 war Regula Erazo Stellenleiterin der Sans-Papiers-Beratungsstelle in Luzern. Seit sie pensioniert ist, arbeitet sie ehrenamtlich für diese Organisation, die von einem Trägerverein unterstützt wird, dem unter anderem die Katholische Kirchgemeinde Luzern angehört.
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Regula Erazo und ihr Team hätten sich in ausserordentlicher Art und Weise für jene Menschen eingesetzt, die ohne Aufenthaltsbewilligung im Kanton Luzern leben und arbeiten, schreibt die Beratungsstelle für Sans-Papiers Luzern in einer Medienmitteilung. Die Organisation weist darauf hin, dass diese sogenannten «primären Sans-Papiers» ihren Lebensunterhalt durch vielfältigste Arbeiten in den untersten Lohnklassen bestreiten.
Von Hunger und Obdachlosigkeit bedroht
«Durch die Corona-Krise wurden sie von heute auf morgen von den Arbeitgeberinnen entlassen – ohne einen Anspruch auf Erwerbsausfallsentschädigung oder Kurzarbeit.» Niemand von ihnen habe eine Krankenkasse, einen Arbeits- oder Mietvertrag. «Alle waren akut sowohl von Obdachlosigkeit als auch von Hunger bedroht. Unter ihnen auch Kinder, schwangere Frauen und kranke Menschen.»
Die meisten Hilfesuchenden stammten aus dem asiatischen Raum. Der Medienmitteilung ist zu entnehmen, dass einige dieser Menschen erzählten, sie seien alleine wegen ihres Aussehens entlassen worden. «Zusätzlich fielen sie im öffentlichen Raum besonders auf und trauten sich deswegen in ihrer Not nicht mehr auf die Strasse.» Die aussergewöhnliche Situation und die materielle Not der Sans-Papiers habe die Beratungsstelle vor grosse Herausforderungen gestellt. Regula Erazo, als ehemalige Leiterin der Beratungsstelle und Pensionierte im Vorstand tätig, habe in dieser herausfordernden Zeit das Team mit ihrem Know-how unterstützt.
Grosse Dankbarkeit
In der Medienmitteilung wird Regula Erazo selber ebenfalls zitiert. Sie sagt: «Es hat mich sehr erschüttert, den grossen Leidensdruck der Menschen in dieser Situation zu spüren. Welche Erleichterung zeigte sich bei jener Frau, die mit ihren Kleinkindern zu uns kam und daraufhin eine Unterstützung erhielt. Ihre Dankbarkeit war sehr gross.» Das Ausgeliefertsein gegenüber Arbeitgebern und Vermietern mache diese Menschen so verletzlich. Regula Erazo hofft, dass diese Menschen auch nach der Corona-Zeit die Beratung der Luzerner Kontaktstelle in Anspruch nehmen. Dies im Blick auf ihre Grundrechte.
Stellvertretende Ehrung
An der heutigen Bundesfeier auf dem Rütli ehrt Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga aus jedem der 26 Kantone sowie aus der «Fünften Schweiz» je eine Frau und einen Mann für ihren Einsatz während der Corona-Zeit. Dies geschieht stellvertretend für all jene, die sich in den Wochen der Corona-Sperrung für andere Menschen und für die Gesellschaft eingesetzt haben.
Organisiert wird diese Feier von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG). Lukas Niederberger, Geschäftsleiter der SGG, erklärt auf Anfrage, dass die ursprünglich für dieses Jahr auf dem Rütli geplante Feier mit dem Schwingerverband und rund 2000 Gästen wegen der Corona-Regeln habe abgesagt werden müssen. «Die einzig sinnvolle Art einer Bundesfeier in diesem Jahr schien uns darin zu liegen, dass der Bundesrat im Kontext von Corona auf dem Rütli der Bevölkerung dankt und gleichzeitig zum weiteren Corona-Schutz ermutigt.»
Bundespräsidentin Sommaruga habe die Idee mit der erwähnten Ehrung gehabt. Als Geschäftsleiter der SGG habe er der Bundespräsidentin rund 80 Personen zur Wahl vorgeschlagen. Diese Leute habe er bei gut vernetzten Personen sowie bei kantonalen Ämtern und öffentlichen Institutionen gesucht. Sommaruga habe anschliessend jene 54 Personen ausgewählt, die heute auf dem Rütli stellvertretend für viele andere geehrt werden.
Sandra Weidmann ist im Bereich Gesundheit/Asyl des Kantons Zug tätig. Sie freue sich sehr über ihre Nominierung und fühle sich sehr geehrt, sagt sie auf Anfrage. Die Leiterin des Sozialamtes des Kantons Zug habe sie nominiert. Sie habe davon anfänglich gar nichts gewusst.
Udo Hentschel ist Postbote bei der Post in Baar. Er sei von seinen Vorgesetzten ausgewählt worden, berichtet er. «Ich habe Mitte Juli von meiner Wahl erfahren und mich natürlich sehr gefreut, stellvertretend für alle Pöstlerinnen und Pöstler, die in dieser anspruchsvollen Zeit Grosses geleistet haben, an der Feier teilnehmen zu können.»
Bruno Arnold vertritt wie Regula Erazo an der Feier auf dem Rütli den Kanton Luzern. Er ist als Schreiner im Kantonsspital Wolhusen tätig.
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