Kirche schaltet Schallschreckgerät in Luzern ab

Brennpunkt Vögeligärtli: Nehmen die Probleme überhand?

Wenn es etwas in Luzern zu feiern gibt, dann auch im Vögeligärtli. So wie hier beim Cupsieg des FC Luzern an Pfingsten vor zwei Jahren.

Erst seit wenigen Tagen piepst das Schallschreckgerät nicht mehr, um Jugendliche vom Eingang der Lukaskirche zu vertreiben. Jetzt stellt sich die Frage, wie sich die Probleme im Vögeligärtli in den Griff kriegen lassen.

Diese Woche war es abends still auf den Treppen der Lukaskirche. Denn die Kirche im Luzerner Vögeligärtli hat ihr Schallschreckgerät abgeschaltet. Mit einem unangenehmen Piepton hatte die Kirche hier seit drei Jahren Jugendliche vertrieben, die vor Ort Müll hinterlassen haben (zentralplus berichtete).

Warum sich die Kirche für die Abschaltung entschieden hat, ist unklar. Ist es die Sorge vor schlechter Presse, in einer Zeit steigender Kirchenaustritte (zentralplus berichtete)? Oder die Tatsache, dass der Stadtrat solche Geräte gegenüber zentralplus für «nicht bewilligbar» erklärte?

Für die Geschäftsführerin der Reformierten Kirche Luzern, Nadja Zgraggen, sei das Gerät nie eine optimale Lösung gewesen. Denn die Situation vor Ort sei im Kern ein «gesellschaftliches Phänomen». Auf Anfrage von zentralplus bezeichnet sie das Vögeligärtli als Brennpunkt.

Ist das Vögeligärtli ein Brennpunkt?

Der kleine Park nahe dem Bahnhof Luzern ist gesäumt von historischen Häusern, der Zentralbibliothek und der Lukaskirche. Tagsüber sitzen hier Familien und Studenten in der Sonne, an den Tischtennisplatten und Schachbrettern treffen sich Spieler und Schaulustige.

Doch so friedlich wie heute sei es nicht immer gewesen, erinnert sich Markus Schulthess, Co-Präsident des Quartiervereins Hirschmatt-Neustadt. «Das Vögeligärtli war lange ein Hotspot für die Drogenszene.» Erst seit einigen Jahren sei es besser geworden. Trotzdem beobachte auch er ein Littering-Problem. «Wegen der Nähe zum Bahnhof ist Take-away-Abfall ein latentes Thema.»

Das Vögeligärtli ist ein beliebter Aufenthaltsort in der Neustadt Luzern. (Bild: cbu)

Dass das Vögeligärtli als «Brennpunkt» gilt, bestätigt auf Anfrage auch die Luzerner Polizei. Aufgrund der verschiedenen Anforderungen an den Ort – vom Feierabendbier bis zum Kinderspielplatz – sei die Polizei dort stärker präsent, erklärt Urs Wigger, Mediensprecher der Polizei. «Das Vögeligärtli ist ein Brennpunkt wie etwa das Bahnhofsareal, das Inseli oder die Ufschötti.»

Brennpunkt heisst nicht Problemort

Die Stadtreinigung sehe die Lage derweil deutlich entspannter, wie Matthias Bättig vom Strasseninspektorat Luzern sagt. Es falle zwar auf, dass seit Corona das Littering-Problem zunehme und gerade im Sommer viele Luzernerinnen den Park nutzen würden, doch ernsthafte Schwierigkeiten gäbe es keine. «Ein Problemort ist das Vögeligärtli aus unserer Sicht nicht.»

Doch für die Treppen und den Eingangsbereich der Lukaskirche ist die Stadtreinigung nicht zuständig. Bevor die Kirche aktiv wurde, lagen dort – gemäss Nadja Zgraggen – regelmässig Spritzen, Kondome und Exkremente. Ob sich das jetzt, nach dem Abschalten des Schallschreckgeräts, wiederholt?

Für eine erste Einschätzung sei es noch zu früh, erklärt die Geschäftsführerin. «Wir müssen das Problem über die nächsten Wochen beobachten.» Die Kirche habe aber bereits vorsorglich einen externen Reinigungsdienst beauftragt.

Gitter, Reinigung und nächtliche Gespräche: Einige Ideen für die Lukaskirche

Doch auch eine ständige Reinigung des Eingangs sei keine optimale Lösung, sagt Nadja Zgraggen. «Wir müssen jetzt alle Varianten, die schon diskutiert wurden, noch einmal prüfen und auch neue Optionen in Betracht ziehen.»

Was heisst das konkret? Einige zentralplus-Kommentatoren hatten zuletzt von der Lukaskirche gefordert, mit den Jugendlichen nachts das Gespräch zu suchen. Andere fragten zynisch, warum die «Offene Kirche Lukas» keine Metallgitter anbringe, um die Störenfriede vom Eingang fernzuhalten.

Der Treppenbereich und der überdachte Vorraum sind beliebt bei Nachtschwärmern. (Bild: kok)

Die Kirche selbst will sich zu den Ideen kaum äussern. Welche Massnahmen geeignet wären, wer sie durchführe und wer dafür zahle, sei Gegenstand «weiterer Diskussionen», schreibt die Geschäftsführerin. Das ist nachvollziehbar, denn jede der Ideen beinhaltet Schwierigkeiten.

Ein Reinigungsdienst führt zu laufenden Kosten. Ein Metallgitter braucht eine Bewilligung des Denkmalschutzes. Und nachts als Kirchenvertreter mit betrunkenen Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, ist sicher nicht einfach. Vielleicht ist es aber notwendig. Erst diesen Freitag veranstalteten Luzerns Gemeinden die «Lange Nacht der Kirchen». Ob das wohl ein guter Zeitpunkt gewesen wäre, sich zu den Jugendlichen auf die Treppen zu setzen?

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher und mündlicher Austausch mit Nadja Zgraggen, Geschäftsführerin der Reformierten Kirche Luzern
  • Telefonat mit Urs Wigger, Mediensprecher der Luzerner Polizei
  • Telefonat mit Markus Schulthess, Co-Präsident des Quartiervereins Hirschmatt
  • Schriftlicher Austausch mit Matthias Bättig vom Strasseninspektorat Luzern
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10 Kommentare
  • Profilfoto von Lali
    Lali, 06.06.2023, 14:55 Uhr

    Ev mal die Personalien aufnehmen,
    Angehörige und Gemeinden wo diese Leute herkommen verständigen ev finanziell belasten

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 05.06.2023, 17:55 Uhr

    Dieser Brennpunkt bring man anscheinend seit Jahren nicht in den Griff

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    Rudolf Schweizer, 05.06.2023, 11:50 Uhr

    Die Stadt Luzern hat mit dem Abhängig machen von Drogenkranken in die Staatliche Droge viel Obdachlose geschaffen, die dann halt auch im Vögeligärtli schlafen müssen. Auch lässt die Stadt und auch die Polizei Drogenbanden lange freien Lauf, bis diese sich dann noch gegenseitig herunter stechen. Es ist das Ziel, das Gesamte zu eskalieren, dann sagt man, Hauptsache das Bruttosozialprodukt stimmt.

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    Luki S., 03.06.2023, 19:33 Uhr

    Es geht noch besser, dass letzten Freitagmittag jemand unter einem Spielgerät des Spielplatzes geschlafen hat.

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  • Profilfoto von Soziokulturpeter
    Soziokulturpeter, 03.06.2023, 14:53 Uhr

    Das Vögeligärtli offenbart sich dem wachsamen Auge je nach Tageszeit und Wochentag in ganz verschiedenen Facetten und kann auf jeden Fall als Brennpunkt bezeichnet werden, was jedoch überhaupt nicht in einem negativen Sinn verstanden werden sollte: Zahlreiche verschiedene Gruppierungen (bedingt unmittelbare Nähe von Kirche, ZHB, Kinderspielplatz, Cafés, Schachfelder, Ping-Pong-Tische, etc.) nutzen denselben Sozialraum, meist in friedlicher Koexistenz. Für die Kohäsion innerhalb einer Stadt haben Orte wie das Vögeligärtli einen zwar kaum messbaren, aber augenscheinlich doch vorhandenen immensen Wert. In diesem Sinne wäre es wünschenswert, der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, weitere solcher sozialräumlicher Treffpunkte zu erschliessen.

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      Paul, 04.06.2023, 09:49 Uhr

      Genau! Sehr schön geschrieben. Es lebe die stadt

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    Fabian Lustenberger, 03.06.2023, 12:21 Uhr

    Einmal, wahren die FCL Fans im Vögeligärtli und müssen nun Jahrelang, als Aufhänger für die Diskussionen um alles was im Vögeligörtli passiert, herhalten? Als sie vor den Servette Spiel Stammzellen Registrierung anboten, wurde das von der Presse ignoriert.

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    • Profilfoto von Kevin Klak
      Kevin Klak, 03.06.2023, 19:08 Uhr

      Tja, die Müllberge und angepissten Wände waren halt auch am nächsten Tag noch sichtbar… Das bleibt eher im Gedächtnis.

      Aber gut, hat schon was. Andererseits wäre es interessant vom Autor des Artikels zu wissen ob dieser Alarm zeitlich eingeschränkt war.

      Gleichwohl empfinde ich seit Monaten die Neustadt als 1 Brennpunkt. Der Drogenhandel ist offen ziemlich regelmässig zu beobachten, genauso der Konsum. Und mal (am Morgen) mit dem Kleinkind auf einen Spielplatz (Vögeligärtli, Himmelriich) gehen, kann leider regelmässig für Begegnungen sorgen, die man eigentlich vermeiden möchte…

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      • Profilfoto von Konstantin Kreibich
        Konstantin Kreibich, 05.06.2023, 16:51 Uhr

        Danke für Ihren Kommentar. Es handelt sich nicht um einen Alarm, sondern das Geräusch eines Schallschreckgeräts. Für nähere Informationen zum Einsatz des Geräts an der Lukaskirche verweise ich Sie auf unsere frühere Berichterstattung (zentralplus berichtete).

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        • Profilfoto von Kevin Klak
          Kevin Klak, 05.06.2023, 20:38 Uhr

          Danke. Habs gefunden. «Seitdem sei es zwischen 19 und 6 Uhr aktiv.»

          … Uns vertreibt die Kirchglocke am Sonntag schon seit Jahren um 17.00h :-))

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