Braui: Nun will Luzern endlich vorwärts machen
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Das Am-Rhyn-Haus am Reussufer prägt das Stadtbild. Nach jahrelangem Leerstand will die Stadt das Haus mit der Rathaus Brauerei im Erdgeschoss nun sanieren. Und braucht dafür sechs Millionen Franken. Das Gebäude soll zwar öffentlich zugänglich werden – aber nicht zur Partystätte.
Wer das Am-Rhyn-Haus in der Luzerner Altstadt betritt, wähnt sich sofort in einer anderen Epoche. Die barocken Möbel verströmen das Flair adliger Noblesse. Gülden gerahmte grossformatige Bilder, Kronleuchter und stoffbezogene Holzstühle zieren das alte Patrizierhaus. Die Böden, Wände und Decken in vielen Räumen des Am-Rhyn-Hauses stammen aus dem 18. Jahrhundert, aus einer Zeit, als die edlen Damen und Herren noch mit der Kutsche durch die wenigen Strassen zogen.
Balken biegen sich – aber nicht vor Lachen
Doch die schöne Fassade bröckelt. Dass die Möbel nicht mehr gebrauchsfähig sind, ist dabei nur das kleinste Problem: Das Gebäude braucht dringend eine Sanierung. Balken biegen sich, die Wände und Kachelöfen haben Risse, die Parkettböden sind von Stöckelschuh-Spuren und unsachgemässen Reparaturen beschädigt, Türen lassen sich nicht mehr schliessen. Erst im Frühling investierte die Stadt zwar bereits 1,25 Millionen Franken in Sofortmassnahmen, weil das Gebäude drohte abzusacken (zentralplus berichtete). Doch das war erst der Anfang.
Zudem steht es seit inzwischen fast zehn Jahren weitgehend leer. Zwar ist zur Reuss hin – im sogenannten Hinterhaus – die Rathausbrauerei untergebracht. In den oberen Stockwerken und insbesondere gegen die Furrengasse hin werden die Räume allerdings nur ab und zu für Apéros, Empfänge oder Anlässe genutzt. So beispielswiese demnächst fürs Comix-Festival Fumetto. Seit 2008, als das Picasso-Museum nach der Zusammenlegung mit der Donation Rosengart aus dem Am-Rhyn-Haus auszog, schwebt die Zukunftsfrage über der Verwaltung.
Apéros, Lesungen, Führungen
Nun soll es endlich vorwärts gehen. «Der Handlungsbedarf ist gegeben», sagt Baudirektorin Manuela Jost (GLP). Der Stadtrat hat diesen Freitag einen über 50-seitigen Bericht vorgelegt, in dem er Zukunftsszenarien entwirft. Vorneweg: Die Überraschungen bleiben aus. «Es sollen keine neuen Nutzungsarten kreiert, sondern das Bestehende neu organisiert, durch weitere Angebote ergänzt und optimiert werden.» Die Räume werden so aufpoliert, dass sie weiterhin für Hochzeitsapéros, Geburtstage, Firmenevents, aber auch Lesungen oder kulturelle Anlässe, öffentliche Führungen oder Thementage genutzt werden können.
(Bild: zVg)
Dass der Stadtrat keine bahnbrechenden Neuerungen vorschlägt, hat zwei Gründe. Das Gebäude ist, wie das Rathaus nebenan, als Objekt von nationaler Bedeutung eingestuft. Das heisst: Das ganze Gebäude samt Ausstattung steht unter Denkmalschutz. Das schränkt die möglichen Nutzungen bereits klar ein, so der Stadtrat. Gleichzeitig ist das öffentliche Interesse am Haus gross. Dass man es darum vollständig privat vermietet, kommt für den Stadtrat nicht in Frage.
Vielmehr will man es wieder öffentlich zugänglich machen. «Natürlich kann man nicht einfach Partys erlauben oder jeden in diesen Räumen sein Lunchpaket essen lassen», sagt Manuela Jost. «Aber jeder, der will, kann es nutzen.» Dazu kämen niederschwellige Angebote wie beispielsweise ein Tag der Offenen Tür.
(Bild: zvg)
Fest vermietet werden sollen neben dem Dachgeschoss und den Räumen der Rathausbrauerei das 1. und 2. Obergeschoss des stadtseitigen Vorderhauses. Inserate für Büros- und Wohnungen hätten gezeigt, dass ernsthaft Interessierte vorhanden sind. Anders beim Hinterhaus zur Reuss hin: Da steht eine Dauervermietung, abgesehen von der Rathausbrauerei mit ihrem Vertrag bis 2030, nicht zur Debatte. Das Vorderhaus ist nämlich um einiges robuster als das filigranere Hinterhaus.
Sanierung geht ins Geld
Doch egal, wie das Gebäude zukünftig genutzt wird, zuerst muss kräftig investiert werden. Denn die Liste der Dinge, die erneuert werden müssen, ist lang: Im Am-Rhyn-Haus braucht es neue Toiletten, eine neue Küche, neue Leitungen, neue Elektroinstallationen. Zudem muss die Heizung, die heute nur noch teilweise funktioniert, saniert werden. Und die historisch bedeutenden Kachelöfen müssen restauriert werden.
Ebenfalls im wahrsten Sinne des Wortes aufgemöbelt wird die Innenausstattung. Der Stadtrat will die alten edlen Möbel und Gemälde umfassend restaurieren.
Der Stadtrat beantragt dem Stadtparlament für die Sanierung einen Kredit von 6 Millionen Franken. Alleine für die Instandhaltung werden 4,5 Millionen Franken fällig. «Das sind Kosten, die wir so oder so haben, unabhängig davon, wie das Gebäude genutzt wird», so Manuela Jost. Allerdings rechnet die Stadt damit, dass rund eine Fünftel der Kosten für denkmalrelevante Massnahmen von Bund und Kanton übernommen werden. Wie hoch dieser Anteil ausfällt, steht aber noch nicht fest.
(Bild: Screenshot Google Maps)
Angesichts der Dringlichkeit der Sanierung fragt man sich: Wieso erst jetzt? Der Handlungsbedarf sei schon seit längerem erkannt und kommuniziert worden, sagt Theresia Gürtler, Projektleiterin Denkmalpflege und Kulturgüterschutz. «Aber die Stadtverwaltung ist ein langsamer Dampfer.» Zudem sei es eine Frage der «finanzpolitischen Priorisierung», ergänzt Manuela Jost. Dass das Haus so lange leer stand, habe damit zu tun, dass der Stadtrat von Anfang an zuerst untersuchen wollte, was das Haus erträgt, bevor ein neuer Nutzer gesucht wird.
Die veranschlagten 6 Millionen können mit den erwarteten Mieteinnahmen nur teilweise amortisiert werden. Aktuell fliessen jährlich rund 174’000 Franken an Mieteinnahmen in die Kasse, dem stehen rund 71’000 Franken Kosten für Personal und Unterhalt gegenüber. Der Stadtrat rechnet damit, dass sich die Mieteinnahmen in Zukunft beinahe verdoppeln: Sie steigen gemäss einer Schätzung auf rund 335’000 Franken pro Jahr.
Das Stadtparlament entscheidet voraussichtlich am 11. Mai über den Kredit. Stimmt es zu, will der Stadtrat Ende 2017 die Baueingabe machen, 2018 mit der Sanierung beginnen und diese im Frühling 2019 fertigstellen.
Mehr Bilder finden Sie in der Galerie:
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«Ludwig der 16. geistert hier herum», sagt Theresia Gürtler, Ressortleiterin Denkmalpflege und Kulturgüterschutz.
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Tapete ist Geschmackssache, aber der Kamin ist doch nett?
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Die Räume sind grösstenteils zeitgerecht möbliert.
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Das Haus drohte abzusacken – deshalb investierte die Stadt letztes Jahr über eine Million Franken in Sofortmassnahmen, was man sieht.
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Nach den statischen Sofortmassnahmen letztes Jahr ist die Oberfläche teilweise noch nicht fixfertig.
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Theresia Gürtler, Ressortleiterin Denkmalpflege und Kulturgüterschutz, erklärt die Geschichte des Hauses.
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Dieses Bild zeigt, wie verbogen manche Balken und Türen sind.
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Blick in den Innenhof, der das Rathaus und das Am-Rhyn-Haus verbindet.
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Baudirektorin Manuela Jost und der Stadtrat beantragen einen 6-Millionen-Franken-Kredit für die Sanierung.
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Die Sala Terrena im Vorderhaus (gegen Furrengasse hin) wird oft für Hochzeitsapéros vermietet.
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