Brauerei in Sursee lanciert neues Angebot

Bieryoga-Selbstversuch: Das spirituelle Angeln nach der Bierflasche

Karin Wagemann, Geschäftsführerin von «Soorser Bier», und eine weitere Yogalehrerin nach dem ersten Bierchen.

(Bild: ida)

In den USA geboren, bis nach Berlin verbreitet, greift die Idee langsam auf Luzern über. Kein Wunder: Beim Bieryoga verbindet man Gerstensaft mit einer Prise Spiritualität. Auch zentralplus setzte sich in einer Braustation auf die Matte und griff zur Flasche. Will heissen: Prost statt Namaste!

Im «Baum» die Flasche über dem Kopf balancieren, mit jedem Atemzug den Geruch des Bieres einatmen. Der Blick folgt der Flasche, stets darum bemüht, ja nichts zu verschütten. Statt einem «Namaste» prostet man sich gegenseitig zu. Bieryoga – eine Bieridee?

Ursprünglich kommt die Idee aus den Vereinigten Staaten. Da wurde die Bewegung «Detox Retox» ins Leben gerufen. Diese steht dafür ein, dass man nach dem Entgiften des Körpers wieder Alkohol zu sich nimmt. Dieser Gedanke entwickelte sich weiter, erreichte Berlin und scheint nun auch in Luzern Fuss gefasst zu haben. Doch wer glaubt, zuerst kommt die Arbeit und dann das Vergnügen, der täuscht sich gewaltig. Bieryoga bedeutet, die Bierflasche direkt in die Übungen zu involvieren – und vom Gerstensaft zu trinken. Eine Symbiose, die es in sich hat.

Wir stehen inmitten der Brauerei «Soorser Bier» an der Kornfeldstrasse in Sursee. Karin Wagemann, die Geschäftsführerin und passionierte Biersommelière, stellt Harassen auf den Boden. Bald schon öffnet sie für jeden eine Flasche des handgebrauten und gekühlten Hausbieres und drückt es uns in die Hand.

Prost, nicht Namaste

Bieryoga, so könnte man meinen, sollte etwas für jedermann sein. Selbst für Yogamuffel und Männer. Eine Teilnehmerin offenbart zu Beginn, als wir uns im Malzlager in unsere Sportklamotten werfen, dass sie besonders auf die männlichen Besucher gespannt sei. Doch ein Blick in das karge Team zeigt, dass die Frauen unter sich sind. Immerhin werden wir so nicht von Muskel- und Testosteronpaketen abgelenkt.

Erika Thürig, die ein eigenes Yogastudio in Sursee betreibt, führt uns durch die Lektion. Wir schliessen die Augen, ergreifen mit beiden Händen die Bierflasche. Bevor wir uns einen Schluck genehmigen, lassen wir den blossen Geruch auf uns wirken. Wieder und wieder – bis die Lehrerin endlich erlaubt, die Flasche an den Mund zu setzen.

«Und wann immer es dich reizt, kannst du einen Schluck davon nehmen.»

Die Yogalehrerin

«Versuche, im Hier und Jetzt zu sein», so Thürig. Von den Fusssohlen bis zum Scheitel. «Lass deine Gedanken weiterziehen wie Wolken. Entspann deinen Geist und geniesse jede Bewegung deines Körpers mit jedem Atemzug.»

Aussergewöhnliche Yogaangebote in Luzern

Yoga basiert auf einer indischen Philosophie und verbindet geistige mit körperlichen Übungen. Auch in Luzern und Zug sind die Yogaangebote vielfältig. zentralplus testet ausgefallene Yogaarten aus der Region und berichtet darüber. So legten wir Hand an beim Nacktyoga oder machten beim Guerillayoga mit.

In der Brauerei «Soorser Bier» wird auch in Zukunft wieder Bieryoga stattfinden. Ein genaues Datum wurde noch nicht festgesetzt.

Völlig abzuschalten und an nichts zu denken, erweist sich jedoch als schwieriger als gedacht. Vorerst. Das Bier wird dabei Abhilfe schaffen, wie wir später am eigenen Leib erfahren werden.

Fokus auf das Wesentliche

Mit einer Seelenruhe atmen wir tief in unseren Bauch ein, heben die Bierflasche hoch über unsere Köpfe. Beim Ausatmen senken wir die Flasche wieder. «Du kannst auch der Flasche nachschauen», sagt Erika Thürig. Also richten wir unsere Blicke stets auf die Flasche – sehnsuchtsvoll die einen, ein wenig belustigt die anderen. «Und wann immer es dich reizt, kannst du einen Schluck davon nehmen.» Das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Schluck für Schluck wird die Stimmung ein wenig heiterer, die Übungen mit der Zeit ein wenig schwerer.

«Die Anstrengung lohnt sich, denn wir dürfen nun wieder einen Schluck nehmen.»

Die Yogalehrerin

«Die Anstrengung lohnt sich», sagt die Yogalehrerin. «Denn wir dürfen nun wieder einen Schluck nehmen», und sie setzt die Flasche an ihren Mund.

Eins werden mit der Flasche

Andere Übungen stellen die Balance der Teilnehmer auf die Probe. Mit den Ellbogen stützen wir uns auf dem Boden ab und klemmen die Bierflasche zwischen unsere Füsse. Im Fluss unseres Atems heben wir mit den Füssen die Flasche in die Luft, bugsieren sie über die Harasse, beim Ausatmen befördern wir sie wieder auf die andere Seite und stellen sie auf den Boden. So, dass die Flaschen auch richtig klimpern.

Die Füsse zittern und mit ihnen die Flaschen. «Nein, die arme Flasche!», ruft eine Teilnehmerin. Wir lachen – spielt da etwa ein wenig Panik mit? Gar nicht so einfach, sich bei den Übungen zeitgleich auf das Gleichgewicht des Körpers und der Flasche zu achten. Mit grösster Vorsicht führen wir die Übung aus, darauf erpicht, keinen einzigen Tropfen auszuschütten. «Vielleicht bringst du auch den Mund zur Flasche? Irgendwie sollte es doch gehen», meint die Yogalehrerin.

Ein paar Sekunden verstreichen und die erste Flasche fällt zu Boden. Vielleicht wurde danach auch nur noch halbwegs «mitgeturnt», aus Angst, dass einem dasselbe Schicksal widerfährt. Oder das Bier überschäumt.

Bier schafft Abhilfe

Atemzug für Atemzug, Übung für Übung und – nota bene – Schluck für Schluck fällt es einem leichter, sich fallen zu lassen. «Vielleicht merkst du auch schon ein wenig den Alkohol», so die weisen Worte der Yogalehrerin. Und damit scheint sie nicht Unrecht zu haben. Eine geschlagene Stunde nippen wir an der einen Bierflasche. Leicht beduselt setzen wir die Flasche ein allerletztes Mal an. Mit der Zeit macht sich eine Leichtigkeit im Körper bemerkbar, die nichts mit unseren Yogi-Fähigkeiten zu tun haben. Aber in wohl keiner anderen Situation trinkt man ein Bier mit so grosser Achtsamkeit.

Obwohl die Flasche beim Praktizieren der Übungen zusätzliche Konzentration fordert, hilft sie – oder deren Inhalt – zugleich. Bier trinken und Yoga praktizieren – beides sind Entspannungsmethoden. Und das beisst sich auch nicht. Das Bier hilft, einfacher in die Posen zu finden. Es fällt einem leichter, Körper und Geist zu entspannen – die Gedanken auf das eigene Selbst zu richten und alles andere ausser Acht zu lassen. Und wer weiss: Vielleicht hätte es mit einer zweiten Flasche sogar noch besser funktioniert?

Bieryoga ist ein spannendes Experiment. Jedoch erzielt man damit alleine wohl eher einen Bierranzen als einen durchtrainierten Sixpack.

«Vielleicht bringst du auch den Mund zur Flasche? Irgendwie sollte es doch gehen», so die Worte der Yoga-Praktizierenden.
«Vielleicht bringst du auch den Mund zur Flasche? Irgendwie sollte es doch gehen», so die Worte der Yoga Praktizierenden.

(Bild: ida)

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