Sie wurden angespuckt, getreten und beschimpft: Die Steinhauser Drohnenpiloten Mathias und Michèle Häcki kommen mit ihren Fluggeräten nicht immer gut an. Dabei werden Drohnen schon bald unverzichtbare Aufgaben übernehmen.
Ein weites Feld. Saftig grün ragen die Gräser gut 30 Zentimeter in die Höhe und wippen im Takt des Windes. Weit und breit ist kein Baum in Sicht. Keine Häuser oder sonstigen Hindernisse, die sich uns in den Weg stellen könnten. Perfekt. Ausgezeichnete Bedingungen, um die Drohne steigen zu lassen. Das heisst, ideale Voraussetzungen, damit Mathias Häcki sein ihm so vertrautes Gerät in die Lüfte entschweben lassen kann. Als Profi hat er die Umgebung längst gescannt. Eine Notlandestelle für den Fall der Fälle ist ausgemacht.
Drohnen sind ferngesteuerte, meist kleinere Fluggeräte. Sie sind rechtlich den Flugmodellen gleichgestellt. Bis zu einem Gewicht von 30 Kilogramm dürfen sie grundsätzlich ohne Bewilligung eingesetzt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Pilot jederzeit Sichtkontakt zu seiner Drohne hat. Zudem dürfen keine Drohnen über Menschenansammlungen (über zwei Dutzend auf engem Raum) betrieben werden.
Art und Grösse der Drohnen können sehr unterschiedlich sein. Die Bandbreite reicht von kleinen, nur ein paar Gramm schweren Fluggeräten bis zu solchen mit mehreren Tonnen Gewicht.
Paartherapie der etwas anderen Art
Häcki ist auf einer Mission. Er möchte der Gesellschaft zeigen, was eine Drohne neben fliegendem Kriegs- und Überwachungsgerät eben auch ist. Die Begeisterung für die ferngesteuerten Fluggeräte packte ihn vor gut 3,5 Jahren: «Der Reiz besteht im neuen Blickwinkel», erzählt er. «Eine mit Kameras ausgerüstete Drohne ermöglicht Sichtweisen, zu denen man sonst keinen Zugang erhält. Die Bilder werden um eine Dimension erweitert, das finde ich spannend.»
Nachdem Häcki einige Drohnenmodelle aus seinem Repertoire am Wiesenrand in Stellung gebracht hat, bringt er sich mit dem Steuergerät in Position. Stets an seiner Seite: Michèle Häcki, Ehefrau und Kopilotin. «Aus Sicherheits- und Qualitätsaspekten ist es meist nicht möglich, Videoflüge mit einem Einmann-Setup sicher zu erstellen und die Bildqualität zu garantieren», erklärt Mathias Häcki. Während er die Drohne steuert, ist seine Frau für die Kamera zuständig. Die beiden sind ein eingespieltes Team.
«Eine bessere Paartherapie kann ich mir nicht denken.»
Michèle Häcki, Riot Media
«Die Kommunikation ist allerdings nicht immer ganz einfach», erzählt Michèle Häcki. «Ist die Drohne nach Norden ausgerichtet und die Kamera blickt nach Süden, dann kann es schon zu kommunikativen Missverständnissen kommen, wenn mein Mann mich darum bittet, nach links zu schwenken.» Das könne schon mal zu Streitereien führen. Schmunzelnd fügt sie an: «Eine bessere Paartherapie kann ich mir nicht denken.»
Der nächste Boom
Die Verbindung zwischen Fernbedienung und Flugobjekt steht. Die Rotoren beginnen sich mit lautem Surren zu drehen. Schon hängt die Drohne in der Luft. Routiniert lässt Häcki diese in Bodennähe über die Wiese gleiten und zeigt die eindrücklichen Bilder, die dabei entstehen. «Solche Sichtweisen bekommst du auf andere Art nicht zu sehen», sagt der Drohnenpilot, der sein Flugobjekt locker und spielerisch durch die Lüfte dirigiert.
Es ist allerdings keine Spielerei, die Häcki da betreibt. Eigentlich als Web&Multimedia Engineer bei Hapimag AG berufstätig, hat er vor zwei Jahren seine eigene Firma gegründet. Riot Media nennt sich diese und bietet fotografische und filmische Luftaufnahmen zu Werbezwecken an. Aber nicht nur: «Das Potenzial ist fast unerschöpflich», meint Häcki. «Man kann zum Beispiel Dachinspektionen durchführen oder die Drohne als verkaufsförderndes Mittel bei Liegenschaftsverkäufen nutzen. Oder man nutzt die Technik in Katastrophenfällen oder für Such- und Rettungsmissionen.»
Während er die Drohne in die Höhe steigen lässt und uns die Vogelperspektive des Steinhauser Industriegebiets demonstriert, erzählt Häcki, dass man gerade bei Hilfseinsätzen noch in den Kinderschuhen stecke. Dabei seien die Einsatzmöglichkeiten äusserst vielfältig: «Die Suche nach Vermissten auf schwer zugänglichem Terrain zum Beispiel, auch mithilfe von Wärmebildkameras. Oder der Einsatz bei Überschwemmungen, um lebensrettende Utensilien wie Schwimmwesten zu den Bedürftigen zu transportieren.»
«Privat ist der erste Drohnenhype vorbei. Beruflich hingegen nimmt der Trend gerade erst seinen Anfang.»
Mathias Häcki, Riot Media
Für Häcki ist klar: Hier bieten sich Chancen. Das Erfassen verschiedenster Daten aus der Luft, das werde der nächste Boom sein. Er sieht die Zukunft der Drohnen denn auch vorderhand in einem professionellen Umfeld. «Der erste Drohnenhype ist vorbei. Für private Zwecke ist das Interesse abnehmend. Beruflich hingegen nimmt der Trend gerade erst seinen Anfang.»
Von Töffliprüfungen und Spuckereien
Egal, ob privat oder beruflich: Die Häckis plädieren klar für einen obligatorischen Ausbildungskurs für die Fluggeräte. Wenigstens die Basiskenntnisse sollten vermittelt werden, findet Mathias Häcki. «Das muss keine praktische Prüfung sein. Aber die theoretischen Basics muss man kennen. Ich stelle mir das ähnlich wie die Töffliprüfung vor.» Das würde letztlich auch das Image von Drohnenflügen verbessern.
«Beim Drohnenfliegen bist du nie allein. Von Fusstritten bis Spuckereien haben wir alles erlebt.»
Mathias Häcki, Riot Media
Den schlechten Ruf der Drohnen führt seine Frau Michèle auch auf die Medien zurück. Denn wenn medial etwas zur Thematik berichtet werde, dann gehe es in der Regel um Datenschutzbedenken oder Unfälle. «Nur langsam legen die Leute ihre Vorbehalte ab, die sie teilweise spürbar zu verstehen geben.»
Die beiden hätten nämlich einige unliebsame Begegnungen mit äusserst skeptischen Passanten gehabt, fügt Mathias Häcki an: «Von Fusstritten bis Spuckereien haben wir alles erlebt. Beim Drohnenfliegen bist du nie allein. Bereits nach kurzer Zeit bildet sich eine Menschentraube. Dabei gibt es Leute, die das Tun mit Begeisterung verfolgen. Andere hingegen fühlen sich sofort in ihrer Privatsphäre verletzt.» Er nehme sich dann jeweils die Zeit und versuche, den Leuten ihre Skepsis zu nehmen.
Verdrehte Köpfe
Für den Fall, dass diese Bemühungen nicht fruchten sollten, hat er noch einen Geheimtipp parat: «Sobald wir uns eine Leuchtweste umhängen, sind die Vorbehalte plötzlich weg. Wir haben dann mindestens 50 Prozent weniger Motzer um uns.» Kleider machen also auch in diesem Fall Leute.
Motzer sind uns heute keine begegnet. Aber die Anziehungskraft des ferngesteuerten Flugobjekts zeigt sich bereits kurz nach dem Start. Fussgänger, gerade Kinder, passierten uns nicht ohne ein kurzes Innehalten. Selbst die wenigen Fahrzeuge, welche der Strasse entlang unserer Testwiese fuhren, verlangsamten ihr Tempo, während sich die Gesichter der Insassen durch die Seitenfenster in die Höhe richteten.
Häcki setzt zur Landung an. Gekonnt platziert er das Fluggerät gut zwei Meter vor seinen Füssen auf dem Boden. Die Rotoren gehen aus. Die Stille kehrt zurück. Das Timing könnte nicht besser sein. Denn die Bise nimmt zu. Und Häcki weiss: Das Wetter ist die grösste Gefahr für die fliegenden Objekte – nebst den Köpfen der Menschen.
Die Zuger Altstadt aus ungewohnter Perspektive:
Und hier noch weitere Luftaufnahmen von Riot Media:
Drohnenflüge: Was es ferner zu beachten gilt |
Für den Betrieb von Drohnen und Flugmodellen mit einem Gewicht von über 30 Kilogramm braucht es eine Bewilligung des Bundesamts für Zivilluftfahrt (BAZL). Das Amt legt die Bedingungen für die Zulassung und den Betrieb in jedem einzelnen Fall fest. Die Vorgaben für den Betrieb von Drohnen bis zu einem Gewicht von 30 Kilogramm finden sich in der «Verordnung des UVEK über Luftfahrzeuge besonderer Kategorien» und lauten wie folgt:
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