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Die Entwicklungshilfeorganisation Interteam feiert ihren 50. Geburtstag. Seit 1964 «exportiert» die Organisation aus Luzern schweizerische Fachleute in viele Länder. «Wenn man aber von den Einheimischen nicht akzeptiert wird, nützt das beste Knowhow nichts», sagt Erik Keller, der in Zentralamerika gearbeitet hat. Die zweite Gesprächspartnerin, Renate Frey, war in Afrika. Beide berichteten zentral+ von ihren Erlebnissen.
«Namibia hat mich fasziniert. Ich wollte das Leben und die Kultur dieses Landes vertiefter kennen lernen», sagt Renate Frey*. Die Betriebsökonomin hatte das Land 2001 bereits als Touristin bereist. Ausserdem war sie motiviert, sich in der Entwicklungszusammenarbeit zu engagieren und wollte die Lebensgrundlagen der Bevölkerung stärken helfen.
Erik Keller* ebenfalls Betriebsökonom, und jetzt Geschäftsführer von Interteam, war vor dieser Tätigkeit viereinhalb Jahre in Honduras, Nicaragua und Ecuador im Einsatz. «Ich hatte immer eine Affinität zur spanischen Sprache», sagt er zu seiner Motivation, «ausserdem wollte ich nach mehreren Jahren in der schweizerischen Privatwirtschaft mein Knowhow im lokalen Kontext eines anderes Landes anwenden.»
Hatten die Teilnehmer vielleicht einfach genug von der Schweiz? Keller verneint. «Meine Motivation war eher Abenteuerlust, ich wollte meine Grenzen überschreiten und Neues entdecken.» Frey: «Nein. Ich habe mich immer für die Welt interessiert und bin ein neugieriger und offener Mensch.» Ausserdem war sie nicht allein in Namibia: Ihr damaliger Lebenspartner war ebenfalls im Einsatz.
(Bild: Daniel Scherrer)
Idee und Wirklichkeit
Welche Vorstellungen hatten die Berufsleute von ihren Einsatzländern, und erfüllten sich diese – oder war es ganz anders? «Ich stellte mir das Spital in Namibia sehr arm und bedürftig vor», sagt Renate Frey. Die Infrastruktur sei aber in Ordnung gewesen, «nur der Unterhalt war ein Problem.» Das Zwischenmenschliche hatte sie sich ebenfalls anders vorgestellt, offener. «Die Afrikaner waren am Anfang distanziert. Ich musste zuerst ihr Vertrauen gewinnen.» Die Wichtigkeit der Hierarchie im Berufsleben habe sie ebenfalls unterschätzt. «Man muss diese unbedingt beachten.» Menschen in einem Land, wo nicht alles einwandfrei funktioniere wie in der Schweiz, dachte Renata Frey ausserdem, würden sich oft über ihr Schicksal beklagen. «Das ist aber gar nicht so. Die Leute sind ziemlich hart im Nehmen und akzeptieren viele Dinge still. Frauen gebären zum Beispiel ohne einen Mucks, das hat mich sehr beeindruckt.»
Wissen teilen statt belehren
Auch Keller hatte einige Aha-Erlebnisse. Zur Hierarchie in Zentralamerika sagt er, die Gesellschaft sei auf den ersten Blick weniger hierarchisch. «Aber es gibt auch Fettnäpfchen, in die man treten kann. Bei uns ‹kachelt› es in Konfliktsituationen, man spricht Klartext miteinander. Dort wird nichts gesagt. Aber es geht plötzlich gar nichts mehr.» Man müsse deshalb die lokalen Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse integrieren und ihnen nicht ein Konzept diktieren, bei dem ihr lokales Wissen nicht einfliesse. «Es muss ein Miteinander sein», sagt Erik Keller, «Wissen teilen und nicht vermitteln ist heute wichtig.» Wichtig sei auch, den «Clan», den familiären Kontext und den Bildungshintergrund einzubeziehen.
Frustrationstoleranz gestiegen
Interteam ist eine Organisation der personellen Entwicklungszusammenarbeit (PEZA) mit Sitz in Luzern. Sie engagiert sich seit 1964 für bessere Lebensbedingungen von Menschen in südlichen Ländern. Ausserdem tritt Interteam für mehr Solidarität der Schweizer Bevölkerung mit den von Armut betroffenen Ländern ein.
Interteam verteilt nicht einfach Geld, sondern schickt qualifizierte Fachleute ins Ausland, die ihr Wissen mit den einheimischen Partnern teilen. Ein Einsatz dauert mindestens drei Jahre. In 50 Jahren engagierten sich so 2500 schweizerische Fachleute in 50 Ländern der Erde. Am Samstag feierte die Organisation ihr 50-Jahr-Jubiläum.
Hilfe zur Selbsthilfe
Der Vorteil von Interteam ist laut Erik Keller, dass Spender allenfalls einen Teilnehmer im Einsatz kennen. Und dass das Geld in die langfristige Ermächtigung der Menschen fliesst und kein blosses «Almosenverteilen» ist. Die blosse Verteilung von Hilfsgütern oder Geld sei eine Art Ablasshandel gegen das schlechte Gewissen, aber nicht nachhaltig, sagt Keller.
(Bild: Daniel Scherrer)
Anforderungen für einen Einsatz
Wer sich für einen Einsatz mit Interteam interessiert, muss eine Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben. Anforderungen sind ausserdem mindestens zwei Jahre Berufserfahrung, Englisch- oder Spanischkenntnisse, ein Mindestalter von 26 Jahren und ein Wohnsitz in der Schweiz. Dazu kommt physische und psychische Gesundheit. Weiter braucht ein Teilnehmer Offenheit für Menschen fremder Kulturen, Flexibilität und Engagement sowie ein Interesse für Entwicklungspolitik und soziale Fragen. Auch muss der Teilnehmer oder die Teilnehmerin die Bereitschaft haben, einen dreijährigen Einsatz im Freiwilligenstatus leisten zu wollen (einfacher Lebensstil, Bedarfslohn). Man muss ferner bereit sein, Planungs- und Monitoringmethoden zu erlernen und anzuwenden und Interteam aktiv bei der Öffentlichkeitsarbeit und dem Fundraising unterstützen.
*Renate Frey ist Kauffrau, Betriebsökonomin und diplomierte Erwachsenenbildnerin. Von 2008 bis 2011 leistete sie einen Einsatz im Norden von Namibia. Für die namibische Gesundheitsorganisation unterstützte sie das Distriktspital Ovambaland in Fragen des Spitalmanagements und der Organisationsentwicklung. Heute leitet Frey die Praxisfirma der Stiftung Arbeitsgestaltung in Horw («Chocofactory»), die kaufmännisch orientierte Stellensuchende bei der Erweiterung ihrer Qualifikationen unterstützt.
*Erik Keller, Geschäftsführer von Interteam, ist Betriebsökonome und war früher in der Management-Weiterbildung tätig. Von 2004 bis 2009 war er für Interteam in Honduras, Nicaragua und Ecuador tätig. Er unterstützte dort lokale Genossenschaften bei der Entwicklung von Marketing- und Vertriebskanälen.
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