Zugs Theater fürs Volk boomen

Auch ohne künstlerisches Niveau beliebt

Kein Grund zur Besorgnis: Die Zuger Volkstheater sind sehr beliebt. Im Bild die Zuger «Spiillüüt» mit einer Szene aus dem Stück «Vrenelis Gärtli». (Bild: zvg)

Volkstheater boomt. Im Kanton Zug ist die Vielfalt trotz Kleinräumigkeit immens. Selbst Profis attestieren den Zuger Darstellern mehr als nur Laienqualität. Dennoch bekunden einige Theatervereine zunehmend Mühe.

Theater gilt bei vielen als verstaubt und elitär, die Publikumsreihen bleiben oftmals leer. Abseits der grossen Theaterbühnen allerdings blüht die Branche. Vor allem die Dorfbühnen erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Jede Gemeinde hat mindestens einen Theaterverein, manche sogar mehrere.

Die Aufführungen sind immer sehr gefragt, zum Beispiel in Baar. 1988 gegründet, ist die Volksbühne Baar zu einem Verein herangewachsen, der heute nicht mehr aus dem Dorfleben wegzudenken ist.

Alle helfen mit

Besonders stolz ist die Volksbühne Baar auf die eigene Produktion von Bühnenbild und Kostümen. «Unsere Vereinsmitglieder bezahlen keinen Jahresbeitrag, dafür müssen sie mitanpacken», erklärt Präsident Manuel Frei den Erfolg der Gruppe. «Mitläufer gibt es keine.»

Jeweils im Frühjahr führt man auf der Bühne des Gemeindesaals ein Lustspiel auf und begeistert ein stets wachsendes Publikum. Neben den Darstellern halten an jedem der sieben Theaterabende hinter und unter der Bühne rund 40 Mitglieder und Helfer den Betrieb in Schwung.

Theater fürs Volk 

Bürgernähe, Identifikation, gesellschaftliche Verantwortung, generationenübergreifend, nachhaltig, ehrlich, geradlinig. Was wie Versprechungen aus einer Wahlkampagne klingt, beschreibt den Kern der Volksbühne wohl am besten.

«Der Anspruch ist ein anderer.»

Max Huwyler, Autor und Lyriker

Ein typisches Volksstück ist humorvoll und kompakt, die Handlung aus dem täglichen Leben gegriffen, nahe beim Bürger. Kleinräumigkeit ist hier kein Nach-, sondern Vorteil. Auch was das Zuschauerinteresse anbelangt. Fast jeder kennt jemanden, der mitmacht. 

Aufgeführt werden fast ausnahmslos Komödien, es darf herzhaft gelacht werden. Das Geschehen auf der Bühne ist meistens geprägt von Klamauk und Rambazamba, auch wenn der Hintergrund ein ernstes oder trauriges Thema ist.

Es geht ums Vergnügen

Dadurch hebt sich das Volksspiel klar vom künstlerischen Anspruch des professionellen Theaters ab. Unterhaltung statt Ernst ist angesagt. «Man kann nicht von einem künstlerischen Niveau reden», sagt der Zuger Autor und Lyriker Max Huwyler, der auch schon Stücke für Laientheater verfasst hat. «Der Anspruch ist ein anderer.»

Es gehe weniger um die kritische Auseinandersetzung mit dem Inhalt, sondern vielmehr um die Freude am Theaterspielen. Das sei wichtig und auch gut so. «Deshalb gibt es an dieser Form des Theaters nichts auszusetzen», bringt es Huwyler auf den Punkt.

«Das ist schon bald kein Laientheater mehr.»

Steve Volkart, Präsident des Regionalverbandes Zentralschweizer Volkstheater (RZV)

Starkes Gefälle

Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht muss Laientheater aber nicht unbedingt Anspruchslosigkeit bedeuten. «Viele Theatergruppen spielen auf sehr hohem Niveau», sagt Steve Volkart, Präsident des Regionalverbandes Zentralschweizer Volkstheater (RZV). Einige hätten sich beeindruckendes Profil erspielt, betont Volkart. «Das ist schon bald kein Laientheater mehr.»

Dazu gehören die Zuger «Spiillüüt». Präsident Rémy Frick erklärt: «Der Verein hatte immer den Anspruch, ansprechende Unterhaltung zu machen.» Deshalb arbeite man mit professionellen Regisseuren zusammen.

«Da drückt das weltoffene Zug durch.»

Doris Baumann, Vorstand RZV

Abstrakter geht es bei der Gruppe «Die Kulisse» zu und her. Sie bereichern die Laientheater-Szene mit für die Volksbühne aussergewöhnlich anspruchsvollen Theateraufführungen. «Wir wollen kulturell interessierten Menschen aus der Umgebung die grossen und kleinen Fragen des Lebens stellen», schmunzelt Präsidentin Pia Irányi.

Profi-Theater: Lob für die Amateure

«Unser Theaterprogramm steckt nicht in einer Krise», sagt Samuel Steinemann, Intendant der Theater- und Musikgesellschaft Zug (TMGZ). Als Kulturveranstalter ist er für das Programm am Theater Casino Zug verantwortlich. Als Konkurrenz wird das Laientheater aber nicht wahrgenommen. Beides habe seine Berechtigung.

«Wir profitieren voneinander», hält Intendant Samuel Steinemann fest. «Mit unserem Theaterprogramm sprechen wir ein anderes Publikum an», erklärt er. Anspruchsvolles Theater sei nun halt mal nicht jedermanns Sache. «Klar, auch wir wünschen uns mehr Interesse, Zuschauer und Echo», gibt Steinemann zu.

Jedem das seine

In der Stadt Zug wird anderes Theater geboten als in der Region. «Die Stückwahl ist ernster, kritischer, es hat mehr Stücke mit Tiefgang darunter», bemerkt Doris Baumann, Vorstandsmitglied und Vertreterin der Zuger im RZV.

Es zeige sich, dass die Bevölkerung die Stückwahl durchaus beeinflusse. «Da drückt das weltoffene Zug durch.» Mit der «English Theatre Group of Zug» gibt es sogar ein lokales Angebot für die zahlreichen meist englischsprachigen Expats.

Laien werden immer professioneller

Diese Theatervereine würden mehr bieten als nur Unterhaltung, sagt Steve Volkart. «Ihre Stücke gehen unter die Haut, da ist Fleisch am Knochen.» Anspruchsvolle Stücke würden je länger je mehr unter Beizug einer professionellen Regie umgesetzt. 

Diese Entwicklung macht Volkart aber auch Sorgen. «Das ist teuer. Diese Ausgaben müssen wieder eingespielt werden.» Das bedeute längere Spielzeiten mit mehr Aufführungen. Damit werde es für all die Laienschauspieler zunehmend schwieriger, Familie, Hobby und Beruf unter einen Hut zu bringen. «Auch mit Leidenschaft ist die Freizeit nicht unbegrenzt», gibt Volkart zu bedenken.

Die vielen Proben schrecken ab

Kleinere Theatervereine bekunden Mühe mit den alljährlichen Aufführungen. «Wegen dem grossen Probeaufwand sind immer weniger Mitglieder gewillt, auf der Bühne zu stehen», sagt Beat Weiss, Präsident der Theatervereinigung Menzingen.

«Der Einsatz ist gewaltig.»

Steve Volkart, RZV

Man müsse aufpassen, dass man nicht zu einem Helferverein verkomme. Es sei heutzutage halt schon schwieriger, Leute zu finden, die sich für die paar Aufführungen fast ein halbes Jahr verpflichten würden, klagt Weiss. «Es ist nicht immer einfach. Aber glücklicherweise können wir auf einen harten Kern zählen.»

Theatersaison dauert fast ein halbes Jahr

Dank unermüdlichem Engagement ist in Zug theatermässig deshalb fast immer etwas los. «Die Vereine hier sind sehr aktiv», bestätigt Doris Baumann vom RZV. Dementsprechend hoch sei die Anzahl Produktionen, geprobt würde schon im Sommer. «Die Hauptspielzeiten liegen zwischen Herbst und Weihnachten und Fasnacht und Pfingsten», so Baumann.

Fällt der Vorhang zum letzten Mal, würde schon bald von Neuem geprobt. Es gäbe auch kaum Gruppen, die pausieren, meint Baumann. «Fast alle bringen jedes Jahr ein neues Stück auf die Bühne.»

Angst, dass die zunehmende Professionalisierung das Laientheater verdrängt, hat Volkart vom RZV keine. Er hebt das Engagement der Freiwilligen hervor, die ohne Gage auftreten, aus Leidenschaft. Hinter jedem Theater stehe ein beachtlicher Aufwand. «Die Spieler treten letztlich nur für den Applaus auf. Dieser Einsatz ist gewaltig.»

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