Sozialgelder für Flüchtlinge aus der Ukraine

Hostettler: «Der Kanton Zug ist keine Suppenküche»

Das Problem mit den stockenden Sozialhilfegeldern für Ukrainer ist vorerst gelöst. Doch die Not der Menschen scheint nach wie vor gross zu sein. (Bild: wia/ zvg)

Kürzlich empörten sich Gastfamilien von ukrainischen Geflüchteten in Zug. Dies, weil die Auszahlung von Sozialhilfegeldern nicht funktioniert hat. Nun scheint das Problem gelöst. Der Ansturm auf Lebensmittel und Kleider zeigt jedoch: Die Not ist nach wie vor gross.

Nach einer langen Reise quer durch Europa kommen sie in der Schweiz an. Sie sind in Sicherheit vor den russischen Bomben und müssen keine Angst mehr haben, aufgrund unterbrochener Versorgungskorridore Hunger zu leiden. Doch so richtig satt wurden einige der Geflüchteten auch in Zug nicht während der letzten Wochen.

Die Schweizer Behörden waren und sind nicht vorbereitet auf die vielen Menschen, die plötzlich herkommen und eine geeignete Infrastruktur, Betten, Versicherungen sowie Essen brauchen. So weit, so verständlich. Aus diesem Grund ermutigte der Kanton Zug von Beginn an Privatpersonen, ukrainische Geflüchtete aufzunehmen.

Und das ist auch geschehen. Rund 500 Frauen und Kinder aus der Ukraine sind im Kanton Zug mit Schutzstatus S angemeldet, zwei Drittel davon sind gemäss der Behörden bei Privaten untergekommen. Eigentlich wäre der Ablauf klar: Wer über einen Schutzstatus verfügt und privat untergebracht ist, erhält wirtschaftliche Sozialhilfe. Konkret sind das 458 Franken pro Person pro Monat. Dass es mit den Auszahlungen dieser Gelder jedoch hapert, zeigte sich an einer Veranstaltung für Gastfamilien letzte Woche eindrücklich (zentralplus berichtete).

Gastfamilien machten Kanton auf fehlende Gelder aufmerksam

«Ihr müsst schon besser miteinander kommunizieren», lautete einer der Vorwürfe eines Gastvaters an den Zuger Regierungsrat. Seit mehreren Wochen habe man Gäste zu Hause. Diese hätten jedoch noch keinen roten Rappen vom Kanton erhalten. Etwa zehn der Anwesenden bestätigten, dass die Zahlungen nicht ankämen, weshalb die Gastfamilien für alle Auslagen aufkommen müssten. Eine unangenehme Situation für alle.

Andreas Hostettler, Direktor des Innern und zuständig für die Sache, äusserte sich mit klaren Worten auf dieses – ihm offenbar nicht bekannte – Problem: «Das muss besser laufen. Dieses Geld muss schneller fliessen. Auch wenn es nicht viel ist.»

Zahlung der Sozialhilfegelder müsste nun klappen

«Was ist seither passiert, Herr Hostettler?», fragen wir rund eine Woche später. «Nach diesem Montagabend sind wir umgehend über die Bücher gegangen und haben das bestehende Team massiv aufgestockt. Diese Leute fehlen nun aktuell halt in anderen Abteilungen.»

Der FDP-Regierungsrat weiter: «Ich habe am Donnerstagnachmittag die Vollzugsmeldung erhalten, dass alle uns bekannten Zahlungsanträge abgearbeitet waren.» In Zukunft wolle er respektive sein Team stärker hinsehen. «Solche Verzögerungen darf es nicht mehr geben, vor allem darf es nicht sein, dass ich nichts davon weiss.»

Unzählige Menschen besorgen sich dennoch gratis Lebensmittel

Ein Gastvater aus Baar bestätigt auf Anfrage, dass die Gelder mittlerweile tatsächlich eingegangen seien. Wenn man sich die Situation beim «Free Shop Ukraine» in Steinhausen anblickt, ist es schwer zu glauben, dass sich die finanzielle Situation der Geflüchteten bald entspannen sollte.

«Der Kanton Zug ist keine Suppenküche.»

Andreas Hostettler, Zuger Regierungsrat

Hunderte Ukrainerinnen buhlen dort um eine Tasche mit Lebensmitteln, Unterhosen und Schreibblöcken für ihre Kinder. Es handelt sich um ein Angebot, das vor einigen Wochen von einem Ehepaar aus dem Boden gestampft wurde und rein privat organisiert ist. Regelmässig bitten sie auf Facebook um Natural- und Geldspenden.

Kanton sei nicht zuständig für Lebensmittelbesorgung

Müsste nicht der Kanton Zug hier mit der Vergabe von Lebensmitteln einspringen, bis das Sozialhilfesystem richtig zu greifen beginnt? Dazu Hostettler dezidiert: «Nein. Der Kanton Zug ist keine Suppenküche. Das ist nicht unser Job. So etwas wäre höchstens nötig, wenn wir die Auszahlungen nicht im Griff hätten.» Wer keine Gelder erhalte, der könne sich direkt an der Neugasse 1 in Zug melden. «Dort erhalten die Menschen ihr Geld.»

Hostettler gibt zu bedenken: «Für die Ukrainer gelten die gleichen Grundsätze wie für alle anderen Asylbewerber.» Die Mittel pro Person seien knapp kalkuliert, insbesondere bei nur vorläufig aufgenommenen, abgewiesenen und so weiter.

«Anerkannte Flüchtlinge sind bezüglich Sozialhilfe auf derselben Ebene wie Schweizer.» Weiter sagt er: «Wir haben bereits jetzt eine sehr grosse Besserstellung der Ukrainer, etwa, indem sie den ÖV gratis nutzen können oder aber ein Gratis-Swisscom-Abonnement erhalten. Viele EL- und Sozialhilfebezüger würden das gerne auch so beziehen.» Wer Menschen aus der Ukraine unterbringe, gehe auch eine gewisse Versorgeverpflichtung ein.

Zwei Drittel der Free-Shop-Kunden offenbar von ausserhalb

Hostettler hat sich am Donnerstag vor einer Woche selbst ein Bild gemacht vom «Free Shop Ukraine». «Ich war mit einer Mitarbeiterin des Stabs sowie einer Übersetzerin in Steinhausen. Dabei haben wir festgestellt, dass rund zwei Drittel aus den umliegenden Kantonen respektive jemand sogar aus Biel hergefahren sind. Im restlichen Drittel befanden sich ausschliesslich Menschen aus Privatunterkünften.»

Er erklärt weiter: «Einige von ihnen hatten keinen Status S, in Einzelfällen scheinen die Menschen in ihren Gastfamilien effektiv nicht genügend Essen zu bekommen.»

«Wir überlegen uns, wie wir allen Geflüchteten die wichtigen Informationen zukommen lassen können.»

Andreas Hostettler

Was Hostettler ausserdem zu bedenken gibt: «Wir überlegen uns, wie wir an die Leute herankommen. Respektive, wie wir allen Geflüchteten die wichtigen Informationen zukommen lassen können.» Denkbar sei etwa, die Menschen vor Ort in Steinhausen an einem Stand zu informieren. Denn: «Die Informationen sind online vorhanden, die Merkblätter, die teilweise auf Ukrainisch übersetzt sind, ebenfalls.»

Ebenfalls ist Hostettler daran gelegen, das Engagement aus der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Er will die Freiwilligenarbeit koordinierter vorantreiben (zentralplus berichtete). «Denn die Ukrainer, welche hier sind, werden es wohl längere Zeit bleiben. Irgendwann dürfte die Motivation abnehmen, da die aussergewöhnliche Situation alltäglich wird. Dies gilt es zu verhindern, denn wir sind auf die Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen.»

Verwendete Quellen
  • Website «Free Shop Ukraine»
  • Besuch des «Free Shop Ukraine»
  • Telefongespräch mit Andreas Hostettler
  • Nachfrage Zuger Gastvater
  • Besuch Veranstaltung für Zuger Gastgeber
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5 Kommentare
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    Gastmutter der Frau S., 21.04.2022, 20:24 Uhr

    Der FDP-Regierungsrat weiter: «Ich habe am Donnerstagnachmittag die Vollzugsmeldung erhalten, dass alle uns bekannten Zahlungsanträge abgearbeitet waren.».
    Wer keine Gelder erhalte, der könne sich direkt an der Neugasse 1 in Zug melden. «Dort erhalten die Menschen ihr Geld.»

    Nein und Nein.

    Lustig dabei ist, das genau an diesem Donnerstag bei Sozialamt wurde uns mittgeteilt, das der Antrag der Frau S. ab Montag bearbeitet wird (über 1 Monat seit der Antrag eingereicht ist). Heute haben wir neuen Donnerstag und immer noch keinen Anruf erhalten. Also, da läuft etwas sicher nicht so wie Herr Hostettler hier sagt. Und wenn man zum Sozialamt kommt (wenn reinkommt), dann wird man nett und freundlich mit den neuen Versprechen abserviert. Geld kriegt man dort nicht.

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    • Profilfoto von Zuger Angestellter
      Zuger Angestellter, 22.04.2022, 07:59 Uhr

      Hostettler halt. Erst hat er keine Ahnung, was in seinem Amt läuft, dann macht er seinen Mitarbeitern die Hölle heiss (zumindest jenen, die noch noch nicht davon gelaufen sind) und nun versucht er sich wieder als Macher in Szene zu setzen. Überforderung und viel heisse Luft, wie immer. Nicht mehr wählen im Herbst, ganz einfach.

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  • Profilfoto von Maria Helfenstein
    Maria Helfenstein, 21.04.2022, 12:22 Uhr

    Dieser Free-Shop wird wohl dieselbe Erfahrung machen müssen wie viele Hilfeleistende: Es ist sehr schwierig, an die wirklich Hilfsbedürftigen heranzukommen, viele versuchen ein solches Angebot zum eigenen Vorteil zu nutzen. Da hilft leider eine rigorose Kontrolle mit Nachweisen, will man sch nicht ausgenutzt fühlen.

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    • Profilfoto von Valeria Wieser
      Valeria Wieser, 21.04.2022, 12:27 Uhr

      Guten Tag Frau Helfenstein, das glaube ich auch. Der Free Shop kontrolliert mittlerweile alle Leute, ob sie über einen S-Ausweis verfügen. Auch sonst wird ziemlich klar durchgegriffen, damit der Betrieb nicht ausgenützt wird. Ist aber, wie ich gehört habe, nicht immer ganz einfach.

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  • Profilfoto von Bürger Burger
    Bürger Burger, 21.04.2022, 10:12 Uhr

    Doch – Zug ist eine Suppenküche, aber nur fur Politiker und Oligarchen.

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