Zuger Bäckereien haben unterschiedliche Strategien

Altes Brot: Nach den Mitarbeitern und den Hasen droht die Biogasanlage

Brötchen.

(Bild: zvg)

Ob Grossbetrieb oder Kleinbäckerei: Die Frage, wohin mit den nicht verkauften Backwaren treibt sie alle um. Während ein Projekt mit Flüchtlingen eingestellt werden musste, profitieren bei anderen Zuger Bäckereien Mitarbeitende oder Tiere. Dennoch bleibt oft als letzte Station nur die Biogasanlage.

Obwohl eine vergleichsweise kleine Filiale, präsentiert sich die Brotauslage in der Confiserie Bachmann im Metalli fast schon majestätisch. Dicht an dicht gereiht liegen sie da: das Kürbiskernenbrot neben dem Oliven-Paillasse und das Tessinerli neben dem Bio-Schlaumeier.

Doch eine Frage, die sich manch einer schon gestellt haben dürfte, steht auch jetzt noch im Raum: Was passiert mit dem Brot und anderen Backwaren, wenn sie nicht verkauft werden können?

Zug eignet sich nicht für Äss-Bar

Seit diesem Monat steht in Luzern eine «Äss-Bar» (zentralplus berichtete). Das Konzept ist simpel: Sie sammelt Backwaren von verschiedensten Bäckereien ein und verkauft sie am Folgetag zum halben Preis. Die Partner-Bäckereien erhalten für ihre Produkte einen Anteil am Umsatz.

«Zug ist wohl nicht gross genug und hat zu wenig Bäckereien, dass sich eine Filiale lohnen würde.»

Sandro Furnari, Geschäftsführer Äss-Bar

In Zug gibt es keine solche Äss-Bar. Laut Geschäftsführer Sandro Furnari sei bis auf Weiteres auch keine Filiale in der Kolinstadt geplant. «Zug ist wohl nicht gross genug und hat zu wenige Bäckereien, dass sich eine Filiale lohnen würde.»

Wird eine neue Äss-Bar eröffnet, gehe man auf die Bäckereien zu und suche die Zusammenarbeit, erklärt Furnari. «Für bestehende Filialen haben wir jedoch auch viele Anfragen», ergänzt er. Von einer Zuger Bäckerei sei er bislang noch nie angefragt worden.

Aus Brot wird Bier

Die Confiserie Bachmann arbeitet mit der Äss-Bar in Luzern zusammen. Geschäftsführer Matthias Bachmann wäre denn auch jederzeit zu haben für eine Äss-Bar in Zug. Doch wo wandern die Backwaren der Filialen im Metalli und Zugerland bis dahin hin?

Matthias Bachmann in seinem neu eröffneten Café

Matthias Bachmann schätzt die Zusammenarbeit mit Äss-Bar.

(Bild: azi)

«Ein Teil des Brotes geht an die Lebensmittelhilfe ‹Tischlein deck dich›», erklärt Matthias Bachmann. «Weiter wird Altbrot als Tierfutter verwendet. Doch den grössten Anteil findet eine Weiterverwendung in unserer Bierproduktion» (zentralplus berichtete). Brot mit Körnern würde sich jedoch nicht dafür eignen.

«Das Personal kann Süsses oder Sandwiches gratis mit nach Hause nehmen.»

André Bossard, Inhaber Bäckerei Bossard

Übriggebliebene Sandwiches oder Süssgebäcke würden zumeist an die Mitarbeiter gehen. «Da durch die Äss-Bars aus den anderen Filialen nichts kommt, brauchen wir die meiste überschüssige Ware in Zug selbst», sagt Bachmann.

Brot kannst du den Hasen geben

Auch bei der Bäckerei Bossard kommen die Angestellten auf ihre Kosten, wie Inhaber André Bossard erklärt. «Das Personal kann Süsses oder Sandwiches gratis mit nach Hause nehmen. Auch die Mitarbeiter der Produktion können am Tag darauf die Sandwiches noch essen.»

Bei einigen Süsswaren sei es zudem möglich, diese zu trocknen und zu mahlen, während man aus Mutschlis Paniermehl machen könne. «Das Altbrot geht zu einem Teil an den Caritas-Markt in Baar. Der andere Part wird an Hasen verfüttert», erklärt Bossard.

Das Café der Bäckerei Bossard im Herti Einkaufszentrum ist bereits für die Fasnachtszeit dekoriert. Die Zunft der «Letzibuzäli» ist im Herti-Quartier zuhause.

Bei der Bäckerei Bossard können sich die Mitarbeiter nach Ladenschluss bedienen.

(Bild: anm)

Um den Ausschuss möglichst gering zu halten, werde die Ware im Laufe des Tages zwischen den Filialen hin- und hertransferiert. Sollten Sandwiches trotz allem nicht wegkommen, landen diese in der Grünabfuhr und damit schlussendlich in der Biogasanlage.

Interesse ging verloren

Während bei der Bäckerei Hotz Rust das Altbrot unter anderem für Tierfutter und Paniermehl verwendet wird, landet ein grosser Teil des Überschusses auch dort in der Grünabfuhr. Dies müsste nicht sein, wie Verkaufsleiterin Andrea Hotz erklärt:

«Wir arbeiteten mit einer Institution zusammen, die sich der Integration von Flüchtlingen widmet. Eine Mitarbeiterin fragte uns an, ob sie die alten Backwaren einmal wöchentlich abholen könne.» Die Zusammenarbeit habe dann auch bestens funktioniert, bis die Mitarbeiterin die Arbeit nicht mehr weiterführen konnte.

«Von da an wurde die Kooperation eingestellt. Es mangelte scheinbar an Interesse von Seiten der Institution», bedauert Andrea Hotz. Immerhin komme bei einer Filiale jeweils ein Kunde vorbei, der für einen kleinen Betrag den Überschuss für verschiedene Kloster mitnehme.

Wehe, das Lieblingsbrot ist schon aus

Im Gegensatz zur Bäckerei Bossard kommen bei Hotz Rust nicht nur die Verkaufsangestellten zum Zug, wenn es um ein Feierabend-Sandwich geht. «Dann würden mit dem Verkaufspersonal ja immer die gleichen profitieren und könnten die Sandwiches mit nach Hause nehmen», entgegnet Hotz. «Deswegen werden die Sandwiches am darauffolgenden Tag allen Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt.»

«Inwieweit die geforderte Kühlkette und die lebensmitteltechnische Frische der Ware garantiert sein kann, ist fraglich.»

Claudia Haupt, Betreiberin Bäckerei Dorfplatz in Inwil

Beim Brot hat Andrea Hotz in den letzten Jahren eine Veränderung bei den Kundenansprüchen festgestellt: «Die Leute wollen zwar nach wie vor auch am späten Nachmittag frisches Brot haben, doch akzeptieren sie, dass es nicht mehr alle Sorten hat.» Früher seien manche teils wütend rausgestapft, wenn ihr Lieblingsbrot nicht mehr im Angebot war.

Äss-Bar kommt nicht überall gut an

Auch bei einem kleinen Unternehmen wie der Bäckerei Dorfplatz in Inwil wird ein Teil des Altbrotes als Tierfutter für Pferde oder Schafe verwendet, wie Betreiberin Claudia Haupt bestätigt. «Ein anderer Teil geht an ‹Tischlein deck dich›», ergänzt sie.

Nichts geht über einen guten Kaffee: Claudia Haupt im Café der Bäckerei Dorfplatz in Inwil.

Claudia Haupt von der Bäckerei Dorfplatz in Inwil muss sich gegen die grossen Konkurrenz-Ketten im Geschäft behaupten.

(Bild: woz)

«Wir sind ein Kleinbetrieb und haben sehr wenig Überschuss an Sandwiches», sagt Haupt. Nach Ladenschluss könnten Mitarbeiter zu günstigen Konditionen die Sandwiches kaufen oder die Familie Haupt würde diese mit nach Hause nehmen. «Ansonsten landen die Sandwiches in der Grünabfuhr», ergänzt sie.

Sollte die Äss-Bar jemals in den Kanton Zug kommen, wäre Haupt nicht sicher, ob sie sich für eine Zusammenarbeit erwärmen könnte. «Inwieweit die geforderte Kühlkette und die lebensmitteltechnische Frische der Ware garantiert sein können, ist fraglich», bedenkt sie. Und dafür würde sie sicher nicht die Verantwortung übernehmen wollen. Ebenfalls stellt Claudia Haupt in Frage, ob sich der nötige Personal- und Fahrzeugaufwand für die Abholung von drei, vier Artikeln lohne.

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