Zum Feiertag eine beliebte Sage aus Zug

Allerheiligst: Die dankbaren Toten aus Baar retteten einem Ritter das Leben

Die Wegelagerer haben keine Chance gegen die Baarer Knochenmänner. (Bild: Screenshot Youtube)

Meist ist es kein gutes Omen, wenn Tote zum Leben erweckt werden. Die klassische Halloween-Literatur hat uns Vampire, Zombies und Wiedergänger gebracht. Eine Sage aus Baar dreht den Spiess um.

Horrorgeschichten und Schauermärchen haben am Vorabend zu Allerheiligen Tradition. Vor allem im durch eingewanderte irische Katholiken geprägten nordamerikanischen Brauchtum treiben Tote und Untote ihr Unwesen, um die Lebenden daran zu erinnern, dass es sie noch gibt. Und, dass Fegefeuer und Hölle keine Orte sind, wo Gläubige hinwollen.

Doch dieses Erinnern, das «Memento mori», ist in der christlichen Tradition durchaus auch positiv behaftet: Vor allem wer ausreichend betet und einen frommen Lebensstil führt, darf sich von den Toten schon mal Hilfe erhoffen.

Knochenmänner schlagen die Räuber in die Flucht

Das bezeugt die folgende Sage, die sich der Legende nach im Kanton Zug zugetragen hat. Sie trägt den Namen «Die dankbaren Toten zu Baar». Hier in der Version von Hans Koch, wie er sie in den «Zuger Sagen und Legenden» 1955 niedergeschrieben hat:

Es lebte einst ein gar frommer Reitersmann. Dieser musste sehr oft über den Kirchhof gehen und bei jedem dieser Gänge betete er in barmherzigem Sinne ein kleines Gebetlein für die Armen Seelen auf dem Friedhof.

Eines Tages musste er ausreiten. Drei düstere Wegelagerer lauerten dem einsamen Reitersmann auf. Er floh, die berittenen Reiter ihm nach. In dieser großen Not wandte der Flüchtling sich nach dem Friedhof, sprang vom Pferd und wollte sich vor seinen Feinden, die gar Arges im Schilde führten, in der St.-Anna-Kapelle verbergen.

Der Baarer Ritter betet zu den Toten. Das lohnte sich für ihn. (Screenshot: Youtube) (Bild: Screenshot Youtube)

Das Beinhaus aber war verschlossen. Die bösen Drei banden ihre wilden Rosse vor der Kirchhofmauer an und wollten durch das Portal eindringen. Da erhoben sich aus den Gräbern furchtbare Totengerippe, die mit drohender Gebärde allerlei Handwerkzeuge, wie Sense, Pickel, Schaufel, Hammer, Zange, Haue und Dreschpflegel schwangen. Aus der Beinhaustüre trat eine gewaltige Schar Knochenmänner, unter der Führung des verstorbenen Bäckermeisters mit einer langen Schubstange.

Voll Schrecken ergriffen die Verfolger die Flucht, und der Reitersmann war gerettet durch die dankbaren Toten, denen er so oft ein heilsames Gebet gewidmet hatte.

Das Motiv der Totenhilfe

In der Grabkapelle in Zug gibt es eine Darstellung zu den «dankbaren Toten». Auch an der Friedhofkapelle Baar findet man ein farbiges Bild von der Geschichte. Im folgenden Video wird das Gemälde vom ehemaligen Kirchschreiber Hans-Peter Bart erklärt:

Allerheiligen, Allerseelen und Halloween

Allerheiligen ist ein christliches Fest, an dem aller bekannten und unbekannten Heiligen gedacht wird. Das Fest wird bei uns am 1. November begangen, in den orthodoxen Kirchen am ersten Sonntag nach Pfingsten.

Am Tag nach Allerheiligen, dem 2. November, begeht die römisch-katholische Kirche den Allerseelentag, an dem der armen Seelen im Fegefeuer gedacht wird. Vielerorts wird die damit verbundene Gräbersegnung bereits am Nachmittag von Allerheiligen, dem arbeitsfreien staatlichen Feiertag, vorgenommen. Damit verbunden ist der Brauch, die Gräber vor allem mit Lichtern besonders zu schmücken.

Am Vorabend, dem 31. Oktober, wird in den Vereinigten Staaten und vielen Ländern Europas Volksbrauchtum zu Halloween begangen. Das Wort Halloween leitet sich aus der englischen Bezeichnung All Hallows Eve, dem Vorabend von Allerheiligen, ab. In der heutigen, aus Nordamerika zurückgekommenen Form hat es einen stark kommerzialisierten und säkularisierten Charakter angenommen.

Die dargestellte «Totenhilfe» wird als Dankbarkeitsleistung der Toten für die Lebenden gesehen. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Glaube, dass die Gebete der Lebenden, besonders im Rahmen von rituellem Totengedenken und Totenkult, dazu beitragen, die Zeit der armen Seelen im Fegefeuer zu verkürzen. Diese erweisen sich in Legenden und der entsprechenden Ikonografie oft als «dankbare und helfende Tote».

Dankbare Tote sind keine Baarer Erfindung

An dieser Stelle ist es auch angezeigt, der Baarer Legende etwas Exklusivität abzusprechen. Die einschlägige Legende geht nämlich auf den Mönch Caesarius von Heisterbach zurück, der um 1200 im deutschen Königswinter lebte: Ein Ritter hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, auf Friedhöfen für Verstorbene zu beten. Als er einmal von Feinden verfolgt wurde, flüchtete er sich auf einen Friedhof – wo bewaffnete Tote aus den Gräbern stiegen und ihm zu Hilfe eilten. Die Baarer mussten diese Version einfach noch ein bisschen ausschmücken.

In Märchen ist Totenhilfe übrigens ein eher selteneres Motiv. Wohl gibt es immer wieder wundersame Helfer, doch die sind selten ausdrücklich verstorbene Personen. Das bekannteste Beispiel ist wohl Aschenputtel, die am Grab ihrer Mutter das silberne Ballkleid erhält, mit dem sie den Prinzen bezaubert (bevor sie ihren Schuh verliert).

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