Kinderhilfe Bethlehem

500 Millionen von Luzern nach Bethlehem

Das Caritas Baby Hospital wird von der Kinderhilfe Bethlehem mit Sitz in Luzern organisiert. (Bild: zvg)

In den durch Israel besetzten palästinensischen Gebieten fehlt es an einem koordinierten Gesundheitssystem. Seit 50 Jahren werden deshalb von Luzern aus jährlich rund 10 Millionen Franken für den Betrieb des «Caritas Baby Hospital» in Bethlehem gesammelt. Ohne den Palästina-Konflikt für Spendengelder zu instrumentalisieren, sei dies nicht einfach.

Seit gut 50 Jahren sorgt der in der Stadt Luzern ansässige Verein Kinderhilfe Bethlehem für die Finanzierung und die strategische Führung des Caritas Baby Hospital in Bethlehem. Rund 10 Millionen Franken Spendengelder werden dafür jährlich gebraucht. Seit der Gründung des Vereins sind somit bereits mehr als 500 Millionen Franken von Luzern nach Palästina geflossen. Geld, das dort dringend gebraucht wird. Denn es fehlt an einem koordinierten Gesundheitssystem (siehe Kasten unten am Text).

Wie schafft man das angesichts der unüberschaubaren Vielzahl an Organisationen, die gleichzeitig um Spender kämpfen? Und was passiert mit dem Spital, wenn gerade ein Tsunami oder ein Erdbeben die Spendengelder zu sich ziehen?

«Von der politischen Situation lässt sich kaum Rückschlüsse auf die Spenden ziehen.»
Sybille Oetliker, Geschäftsleiterin Kinderhilfe Bethlehem

Liedermacher bringt Spende nach Palästina

Mit seinem Benefiz-Konzert sammelt Linard Bardill am kommenden Sonntagmorgen im Filmtheater des Verkehrshauses Luzern Spenden für die Kinderhilfe Bethlehem. Im Mai wird er den Erlös aus dem Konzert persönlich nach Bethlehem bringen und im Caritas Baby Hospital weitere Konzerte für die Patienten geben. «Ich hoffe, dass wir gemeinsam ein Zeichen für die Kinder im Krisengebiet setzen und sie unsere Unterstützung über Religion und Herkunft hinweg spüren lassen können», so Bardill.

 «Wir haben glücklicherweise sehr treue Spender», sagt Sybille Oetliker, Geschäftsleiterin der Kinderhilfe Bethlehem. Man profitiere dabei auch von der engen Verbindung zur katholischen Kirche. So würden jeweils sämtliche Einnahmen aus der Weihnachtskollekte an die Kinderhilfe Bethlehem überwiesen. Zudem sammle man nicht nur in der Schweiz das ganze Jahr über Geld, sondern auch in Deutschland, Österreich, Italien und Grossbritannien. «Koordiniert wird das Ganze von Luzern aus», erklärt Oetliker. «Man kann schon sagen, dass es eine besondere Solidarität von Luzern nach Bethlehem gibt.»

Doch einfach sei es trotzdem nicht, gibt Oetliker zu. «Wir müssen immer wieder neue Wege gehen, um unsere Arbeit bekannt zu machen und Gelder zu sammeln.» So etwa das Benefiz-Konzert des Bündner Liedermachers Linard Bardill im Verkehrshaus Luzern (siehe Box). Man versuche bei solchen Aktionen nicht, den Palästina-Konflikt für Spendengelder zu instrumentalisieren, sondern vielmehr, die Arbeit vor Ort zum Thema zu machen.
«Klar, ohne den Konflikt gäbe es die Kinderhilfe Bethlehem nicht», so Oetliker. «Aber unsere Mission findet unabhängig davon statt.» Daher habe der Verlauf des Konflikts auch keinen grossen Einfluss darauf, wie viele Spenden man letztlich generieren kann. «Von der politischen Situation lässt sich kaum Rückschlüsse auf die Spenden ziehen.»

«Schwangere Frauen leiden besonders unter der eingeschränkten Bewegungsfreiheit.»
Sybille Oetliker, Geschäftsleiterin Kinderhilfe Bethlehem 

Nur über Umwege ins Spital

Im Laufe der Zeit hätten sich vor allem der medizinische Standard und die Krankheiten der Patienten verändert. Der Konflikt und die politische Situation hätten keinen direkten Einfluss auf die Arbeit im Kinderspital selbst. Das Caritas Baby Hospital liegt nur wenige Kilometer von der israelischen Grenze entfernt. Während die Situation im Gazastreifen besonders gravierend sei, funktioniere in Bethlehem die Zusammenarbeit mit den israelischen Behörden  gut. Man bekomme genügend Medikamente und Kinder mit gravierenden Erkrankungen können sogar in israelische Krankenhäuser überwiesen werden. «Man braucht die richtigen Kontakte und muss wissen, wen man wann um Erlaubnis fragen muss», so Oetliker. «Dass solche Transfers relativ reibungslos möglich sind, ist das Resultat von 60 Jahren Vertrauensaufbau.» 

Anders sieht es für die lokale Bevölkerung aus. «Schwangere Frauen und kranke Kinder leiden besonders unter der eingeschränkten Bewegungsfreiheit in den besetzten Gebieten», erklärt Oetliker. Ihnen werde der Weg zum Krankenhaus mitunter durch Strassenblockaden und Checkpoints oft erschwert. Manchmal schaffen sie es nur durch grosse Umwege rechtzeitig ins Spital.

Im Jahr 2014 wurden im Caritas Baby Hospital rund 38’000 Babys und Kinder behandelt − unabhängig von Herkunft und Religion. Herzstück des Kinderspitals sind dessen ambulante Klinik und die 2013 gegründete Intensivstation. Weiter bietet das Spital eine Mütterschule an, bildet Pflegepersonal aus und betreut Familien mit seinem Sozialdienst. Insgesamt beschäftigt das Spital 220 Angestellte. Ausser vier ausländischen Ordensschwestern seien alle palästinensischer Herkunft. «Es handelt sich um eine nach christlichen Werten geführte Einrichtung», sagt Oetliker. Doch missioniert werde nicht. «Dafür sind wir nicht da.»

Krieg, Armut und Hoffnungslosigkeit in Palästina

Seit 1967 kontrolliert Israel das Westjordanland, Ost-Jerusalem und den Gaza-Streifen. Nach internationalem Recht gilt Israel daher als Besatzungsmacht der palästinensischen Gebiete. Laut einer WHO-Studie zählt die Lebensqualität in den Palästinensergebieten zu den niedrigsten in allen untersuchten Ländern. 

Die Verhältnisse vor Ort sind tragisch: Krieg, Armut und Hoffnungslosigkeit. Die palästinensische Autonomiebehörde ist zu schwach, um die Bevölkerung zu schützen. Zudem fehlt es in den besetzten Gebieten an einem koordinierten Gesundheitssystem. Neben palästinensischen Behandlungszentren und Kliniken gibt es zahlreiche Einrichtungen von den Vereinten Nationen, Nichtregierungs-Organisationen (NGO) und Privaten, die der Bevölkerung ein Mindestmass an medizinischer Versorgung zur Verfügung stellen.

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Mehr Bilder vom Caritas Baby Hospital in Bethlehem finden Sie hier in unserer Slideshow:

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