Malters und Horw wehren sich lautstark

38 Luzerner Gemeinden wollen ihre Asylbusse nicht bezahlen

Die Gemeiden Horw und Malters haben im Jahr 2022 zu wenig Flüchtlinge untergebracht – und werden zur Kasse gebeten. Doch die beiden Gemeinden wollen nicht zahlen. (Bild: Archiv cbu)

Knapp zwei Drittel der Gemeinden, die zu wenig Flüchtlinge aufgenommen haben, zahlen ihre Rechnung nicht. Anfragen zeigen: Betroffene Gemeinden schrecken vor Kritik nicht zurück – und wollen nicht aufgeben.

Die vom Kanton Luzern geforderte Anzahl an Flüchtlingsunterkünften haben Ende Dezember 61 Gemeinden nicht erreicht (zentralplus berichtete). Sie müssen dem Kanton Luzern eine Ersatzabgabe bezahlen.

Jetzt zeigen Anfragen von zentralplus: Nur 20 haben ihre Rechnung beglichen. Zurückgewiesen haben die Rechnung 38 Gemeinden. Konkret heisst dies, dass 38 Gemeinden mit der Rechnung nicht einverstanden sind. Welche Gemeinden dies sind, will die zuständige Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) auf Anfrage nicht bekannt geben.

«Die Anzahl der fehlenden Plätze wurde anhand einer Prognose ohne Bezug zur Realität berechnet.»

Claudio Spescha, Sozialvorsteher Malters

Antworten auf Anfragen von zentralplus zeigen, dass sich Malters und Horw unter den 38 Gemeinden befinden, welche die Rechnung zurückgewiesen haben. Die beiden Gemeinden erhielten aufgrund fehlender Plätze die höchsten Rechnungen vom Kanton Luzern.

Malters und Horw glauben, dass Rechnungen nicht rechtens seien

Claudio Spescha, Sozialvorseher der Gemeinde Malters, begründet die Rückweisung: «Hauptgrund waren die Zweifel, dass es rechtens ist, dass wir für fehlende Plätze eine Ersatzabgabe bezahlen müssen, aber die Anzahl der fehlenden Plätze anhand einer Prognose ohne Bezug zur Realität berechnet wurde.» Spescha meint, dass der Kanton genügend Plätze zur Verfügung habe. Die Ersatzabgabe sei daher sinnlos.

«Der Kanton stellt ohne genügende gesetzliche Grundlage überhöhte Anforderungen an Unterkünfte.»

Gemeinde Horw

Bereits im Januar zeigte die Gemeinde Malters kein Verständnis für die Asylbussen – und beschuldigte das System des Kantons. Damals teilte der Mitte-Politiker Spescha gegenüber «Pilatus Today» mit, dass die mangelnden Unterkunftsplätze nicht den fehlenden Willen der Gemeinde widerspiegelten. Vielmehr stehe Malters zu wenig Wohnraum für Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung. Zudem habe der Kanton von der Gemeinde angebotene Unterkünfte abgelehnt.

Horw: «Unser Aufnahmesoll ist mehr als erfüllt»

Auch die Gemeinde Horw kritisiert den Kanton arg: «Einerseits spricht der Kanton von einer ‹Notlage› im Flüchtlingswesen, stellt andererseits aber ohne genügende gesetzliche Grundlage überhöhte Anforderungen an Unterkünfte», so die Medienstelle. Das hat zur Folge, dass der Kanton die angebotenen Unterkünfte nicht angerechnet hat. In der Gemeinde Horw hat der Kanton etwa eine geplante Flüchtlingsunterkunft in einem Horwer Hotel abgelehnt – aus organisatorischen Gründen und wegen eines fehlenden Aufenthaltsraums (zentralplus berichtete).

Neben der zu strengen Beurteilung von potenziellen Flüchtlingsunterkünften kritisiert Horw, dass die Flüchtlingsabgabe ganz grundsätzlich einer gesetzlichen Grundlage entbehre. «Denn das Legalitätsprinzip erfordert, dass die Grundsätze der Bemessung dieser Abgabe in einem Gesetz im formellen Sinn enthalten sein müssen, was nicht der Fall ist.»

Laut der DAF sei ein Horwer Hotel als Unterkunft ungeeignet – Horw sagt, der Kanton stelle ohne genügende gesetzliche Grundlagen überhöhte Anforderungen. (Bild: anstatthotel)

Schliesslich bemängelt Horw auch, dass der Kanton die Zuweisungszahlen erhoben hat, ohne der Gemeinde eine bestimmte Anzahl Flüchtlinge zugewiesen zu haben. «Mangels konkreter Zuweisung von Personen kann der Gemeinde nicht der Vorhalt gemacht werden, die ‹Aufnahmepflicht› nicht erfüllt zu haben. Es dürfen keine Ersatzzahlungen für Plätze verlangt werden, die vom Kanton gar nicht benötigt werden.»

Konkret fordert die Gemeinde Horw, dass der Kanton auf jegliche Ersatzabgaben verzichtet, da sie ihr Aufnahmesoll «mehr als erfüllt».

Horw kann sich Gang vor Gericht vorstellen

Horw müsste eine Ersatzabgabe in Höhe von 91'000 Franken bezahlen. Ein geringer Betrag verglichen mit dem letztjährigen Überschuss von über 17 Millionen Franken (zentralplus berichtete). Doch der Aufwand gegen die Rechnung lohne sich, ist Horw überzeugt. Die Verantwortung für den Finanzhaushalt nehme die Gemeinde unabhängig vom Jahresergebnis wahr. «Zudem haben die sich ständig kumulierenden Ersatzabgaben über die Jahre hinweg erhebliche finanzielle Belastungen zur Folge.»

Zurzeit ist die DAF daran, die Stellungnahmen zu den Rechnungsrückweisungen der 38 Gemeinden zu verfassen. Falls die DAF an den Zahlungen festhält, können die Gemeinden beim Gesundheits- und Sozialdepartement einen anfechtbaren Entscheid einfordern. Ein Weg, den die Gemeinde Horw nicht scheut: «Wir sind bereit, einen allfälligen negativen Entscheid im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten und nach Beurteilung der Erfolgschancen auch durch ein eidgenössisches Gericht beurteilen zu lassen.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit der Medienstelle der Gemeinde Horw
  • Schriftlicher Austausch mit der DAF
  • Schriftlicher Austausch mit Claudio Spescha, Sozialvorsteher Malters
  • Medienmitteilung des Kantons Luzern vom 16. Januar
  • Artikel auf «Pilatus Today»
10 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon