Luzerner Machtspiele hüben wie drüben

10 Parallelen zwischen dem FCL und dem Lucerne Festival

Es rumort hinter den Kulissen – Musiker am Lucerne Festival. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Sie sorgen derzeit für Schlagzeilen neben dem Platz und abseits der Bühne: der FC Luzern und das Lucerne Festival. Bei den Machtspielen findet man erstaunlich viele Gemeinsamkeiten. Eine Analyse in zehn Punkten.

Aktuell sorgen der FC Luzern und das Lucerne Festival nicht mit Toren und Sinfonien für Aufsehen, sondern mit Drama, Machtspielen und Entlassungen. Von Mobbing, Putsch und Eskalationen ist die Rede.

Beim Lucerne Festival wurden zuerst via «NZZ am Sonntag» Mobbing-Vorwürfe gegen den Intendanten Michael Haefliger publik. Das Festival hat schnell reagiert und die Anschuldigungen mit einer Untersuchung entkräftet. Dominik Deuber, der Leiter der Academy, musste seinen Platz räumen. Doch es steckte mehr dahinter: ein Machtkampf zwischen Intendant Haefliger und Stiftungsratspräsident Hubert Achermann. Letzterer ist inzwischen zurückgetreten, an seine Stelle ist Markus Hongler getreten, Chef der Mobiliar.

Beim FCL ging es nicht minder turbulent zu und her, ein Disput im Verwaltungsrat hat das sportliche Tief eingeläutet. Die unversöhnlich zerstrittenen FCL-Aktionäre liessen es krachen, bis nur noch ein Schrumpf-Verwaltungsrat mit FCL-Präsident Philipp Studhalter und Josef Bieri übrig blieb. Diesen Montag schliesslich wurde der Trainer entlassen und so stehen wieder die sportlichen Belange und die Trainersuche im Vordergrund (zentralplus berichtete).

Was ist nur los in Luzern? Zehn Parallelen zwischen den Dramen beim FCL und LF.

1. Die Ausstrahlung

Sie begeistern Massen, laufen zu Höchstleistungen auf und hantieren mit Millionenbudgets. Kurzum: Sie sind die Leuchttürme, die weit über Luzern hinaus strahlen. Im besten Fall zumindest. Der FCL und das LF sind die sportlichen und kulturellen Institutionen mit der grössten Ausstrahlung in der Innerschweiz.

Über den FCL definieren sich gewichtige Unternehmer, tausende Fans und Nachwuchsspieler identifizieren sich mit dem Fussball. Via das Lucerne Festival kommen die weltweit grössten Klassikstars nach Luzern und es weht ein Hauch Glamour durch die Leuchtenstadt.

Es sind dies die Fundamente für Ränkespiele.

2. Der Machtkampf

«Hohe Kunst der Intrige» statt hohe Kunst kriege man derzeit beim Lucerne Festival, brachte es die «Luzerner Zeitung» auf den Punkt. Es geht um Mobbing, ja sogar einen Putsch habe es gegeben. Da wurde das diesjährige Festivalmotto zu wörtlich genommen: Macht.

Nicht minder stark die Wortwahl beim FCL-Streit: Von einer «Bühne der Eitelkeiten», einem Hahnenkampf und schliesslich einem Waffenstillstand las man.

Hier wie dort geht es um Einfluss und Stolz: Beim FCL stehen sich Alpstaeg und Sieber gegenüber – beim Lucerne Festival sind es Michael Haefliger und Hubert Achermann.

2019 ging's beim Lucerne Festival vor allem um eines: Macht (sic!). (Bild: zvg)

3. Die Herrenclubs

Beim Lucerne Festival amten fast 90 Prozent Männer im Stiftungsrat, der Verwaltungsrat der FCL-Holding ist gar ein reiner Männerclub (wie im Fussballbusiness üblich). In der Geschäftsleitung sieht es nicht anders aus. Das muss noch lange keine Erklärung für die Machtspiele sein, aber bemerkenswert ist es allemal.

4. Die verfeindeten Lager

Beim FCL stehen sich zwei unversöhnlich verfeindete Lager im Verwaltungsrat gegenüber: die «Sieberianer» mit den Aktionären Marco Sieber, Hans Schmid und Samih Sawiris – und die «Zeugen Alpstaegs», die Getreuen um den einflussreichen FCL-Mehrheitsaktionär Bernhard Alpstaeg. Sie haben sich alle aus dem VR zurückgezogen.

Auch beim Lucerne Festival erhält man den Eindruck von Grabenkämpfen. Nach dem erzwungenen Rücktritt von Achermann folgten ihm weitere Personen aus dem Stiftungsrat «Freunde des Lucerne Festivals» (zentralplus berichtete).

Am 3. September 2011: Der damalige FCL-Präsident Walter Stierli (links) und seine Hausbank Bernhard Alpstaeg zeigen sich ergriffen bei der Eröffnung der neuerbauten Swissporarena. (Bild: Daniel Good/freshfocus)

5. Samih Sawiris

Beim FCL sitzt er im Verwaltungsrat, beim Lucerne Festival amtet seine Andermatt-Gruppe als Sponsor des Sommerfestivals. Der Ägypter hat die beiden Leuchttürme im Sport und in Kultur geschickt zu seiner Etablierung in der Innerschweiz genutzt. Ob er es weiterhin tut?

6. Die Verlierer

Thomas Häberli ist jetzt der Ex-FCL-Trainer, er muss nach dem sportlichen Misserfolg einen neuen Job suchen. Der Entscheid vom Montag überrascht nicht, aber der Zeitpunkt und die Art und Weise sorgen für Kritik. Im Fokus steht Sportchef Remo Meyer. Er steht nach der zweiten Trainerentlassung 2019 im öffentlichen Gegenwind, sitzt aber fest im Sattel (zentralplus berichtete).

Beim Lucerne Festival sind es der Stiftungsratspräsident und der aufstrebende Kadermitarbeiter Dominik Deuber, die das Machtspiel mit dem Intendanten Michael Haefliger verloren haben und das Feld räumen mussten. Haefliger, seit 20 Jahren auf dem Posten, kann bleiben.

Lucerne-Festival-Intendant Michael Haefliger, als er die Streichung des Oster- und Piano-Festivals verkündete. (Bild: jwy)

7. Die Kommunikation

Schon Wochen vor der eigentlichen Entlassung hat Sportchef Meyer seinen Trainer dem Abschuss freigegeben und ihm in einem vielbeachteten Interview mit zentralplus das Vertrauen entzogen. Die Trennung war die logische Folge.

Zurückhaltender, aber kaum glücklicher agierte das Lucerne Festival: Erst als die «NZZ am Sonntag» die Mobbingvorwürfe enthüllte, reagierte das Festival mit einer externen Untersuchung. Lange konnte das LF die Misstöne unter dem Deckel halten, doch der Konflikt schwelte schon eine Weile: seit dem Knall-auf-Fall-Abgang des Academy-Dirigenten Matthias Pinscher und seit der Streichung der Nebenfestivals im Frühling und Herbst.

Als der öffentliche Druck zunahm, verschickte das LF eine Medienmitteilung, die den Intendanten von den Mobbingvorwürfen befreite – und nebenbei über die Ablösung an der Spitze des Stiftungsrats informierte. Der Putschvorwurf machte die Runde und ein Eklat war geboren. Das Ganze hätte man weitaus geschickter abwickeln können.

Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen FCL und LF ist der PR-Mann für delikate Angelegenheiten – Sacha Wigdorovits. Er berät Bernhard Alpstaeg als Unternehmer und vertritt gegenüber der Öffentlichkeit die LF-Stiftungsräte um Hubert Achermann.

8. Die Wirtschaftstiere

Der Machtkämpfe beim Fussballclub und Klassikfestival sind auch ein Stelldichein von einflussreichen Patrons und Wirtschaftstieren – man muss nur mal die Liste von Sponsoren, Stiftungsräten und Freunden durchgehen.

Wer zahlt, befiehlt. Erfolgreiche Unternehmer haben sich als Macher durchgesetzt. Zurückhaltung und Kompromissfähigkeit gehören da nicht unbedingt zu den Tugenden.

Beim Lucerne Festival waren es Differenzen über die Ausrichtung des Festivals, über die man diskutieren könnte. Beim FCL waren es Aktienanteile am Stadion, die sich Investor Alpstaeg unter den Nagel riss.

Geht es dabei um Geld? Kaum, wohl eher um Einfluss und Macht am Hofstaat sowie verletzte Eitelkeiten.

9. Die Bodenhaftung

Sportlich ist der FCL im Tief und liegt zur Winterpause auf dem drittletzten Tabellenrang. Das LF hingegen agiert in seiner Liga an der Weltspitze. Beim FCL sinken die Zuschauerzahlen stetig, nicht mal mehr 9'000 Zuschauer sind es im Schnitt in der fussballverrückten Zentralschweiz (zentralplus berichtete). Demgegenüber ist das LF verwöhnt, die Auslastung liegt zuverlässig um die 90 Prozent – Zahlen, von denen der FCL nur träumen kann (die Stadionauslastung tendiert gegen 50 Prozent).

Aber: Wie das Machtgebaren bei der Öffentlichkeit ankommt, kann man sich ausmalen. Und gerade das LF, das sich trotz seiner internationalen Verflechtung mit seiner Volksnähe rühmt, wäre es gefährlich, wenn es seine Bodenhaftung verliert.

10. Das weitere Eskalationspotenzial

Ausgestanden ist noch nichts, auch wenn das Kräftemessen in den Hintergrund gerückt ist.

Die Finanzierung des FC Luzern ist bis auf Weiteres gesichert, aber die Streithähne haben sich noch nicht gefunden. Beim FCL steht nicht weniger als die sportliche und wirtschaftliche Zukunft auf dem Spiel. «Die Uhr tickt unerbittlich. Denn bei allen inszenierten Nebenschauplätzen auf dieser Bühne der Eitelkeiten steht bloss eine Frage im Zentrum: Wie weiter mit der Institution FCL?», schrieb kürzlich zentralplus.

Und beim Lucerne Festival? Auch hier steht viel auf dem Spiel. «Für die Fortsetzung der Geschichte gibt es nun zwei Optionen: Man veranstaltet eine richtige Schlammschlacht – oder klärt die offenen Fragen professionell. Aus musikinteressierter Sicht kann man nur auf die zweite Variante hoffen; denn eine Eskalation nützt keinem, kann dem Lucerne Festival aber nachhaltig schaden. Wohlgemerkt: dem Festival, nicht nur seinem Intendanten», analysierte der «Tages-Anzeiger» die Situation.

Fortsetzung folgt in den zwei Luzerner Provinzpossen …

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