Schwieriges Unterfangen ist geglückt

Genoni: «Der EV Zug hat eine Leistungskultur implementiert»

Für Torhüter Leonardo Genoni hat der grösste Schritt auf dem Weg zum Liga-Dominator im Kopf der Zuger stattgefunden. (Bild: Marc Schumacher/freshfocus)

Was hat den EV Zug in dieser Saison aufblühen und gedeihen lassen? Leonardo Genoni (33) meint im zweiten Teil des Interviews, dass der grösste Fortschritt in der sportlichen Weiterentwicklung der Zuger im Kopf stattgefunden habe. Und die Goalie-Lichtgestalt sagt, wie wichtig dabei die Rolle von EVZ-Cheftrainer Dan Tangnes sei.

Das zweiteilige Interview mit Leonardo Genoni findet auf den Zuschauerrängen in der Bossard Arena statt. Plötzlich flattert ein kleiner Vogel durch die Eishalle und sucht Halt an einem hinter dem Tor aufgezogenen Puckfangnetz. «Hoffentlich müssen sie den nicht töten», entfährt es Leonardo Genoni.

Auf den verwunderten Blick des Chronisten sagt Zugs Goalietitan: «Vögel sind so schreckhaft, dass sie sich kaum mehr dazu bewegen lassen, selber wieder ins Freie zu fliegen.»

Und er erzählt eine Geschichte aus seiner Zeit bei Davos: «Da hatten wir auch einen Vogel im Stadion, den man einfach nicht zu seinem Glück zwingen konnte. Wir waren am Trainieren und hatten darum nicht bemerkt, wie ein Mann mit einem Gewehr auf der Tribüne Position bezog. Plötzlich knallte es, und der Vogel fiel tot aufs Eisfeld. Schade, dass es so enden musste.»

zentralplus: Nicht zuletzt wegen Ihren Heldentaten im Dress der Berner wird dem EV Zug nach zwei verlorenen Finalserien nachgesagt, er leide unter einem SCB-Trauma. Spüren Sie etwas in diese Richtung in der Zuger Garderobe?

Leonardo Genoni: Nein, das glaube ich nicht. Wir können nur unsere Leistung beeinflussen, und nach dieser Qualifikation steigen wir mit Selbstbewusstsein ins Playoff. Schliesslich haben wir in der regular season jeden Gegner mindestens einmal geschlagen.

zentralplus: Im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr hat eine praktisch identische Zuger Mannschaft einen gewaltigen Schritt in ihrer Entwicklung gemacht. In welchem Bereich war der Schritt am grössten?

«Das ist ein Zeichen von mentaler Stärke.»

Genoni: Ganz klar im Kopf. Es war ein langer Sommer, in dem wir das Leistungszentrum OYM in Cham beziehen durften. Wir waren top parat. Wir haben uns auch durch die Verschiebung des Saisonstarts nicht aus der Ruhe bringen lassen. Das ist ein Zeichen von mentaler Stärke.

zentralplus: Aber das gelingt einem Team ja nicht auf Knopfdruck. Wie ist das beim EVZ vonstatten gegangen?

Genoni: Sie passt mit der Leistungskultur, die wir im EVZ entwickelt haben, zusammen. Diese Leistungskultur ist der grösste Erfolg im sportlichen Bereich des Vereins. Sie beinhaltet, dass wir jeden Tag ein Schrittchen vorwärts machen. Dieses Denken in einen Verein zu implementieren ist schwierig. Unser Trainer Dan Tangnes hat grossen Anteil daran, dass es gelungen ist.

zentralplus: Selbst an weniger guten Abenden war der EVZ in der Lage, Spiele zu gewinnen. Was braucht es, um diese Fähigkeit, wie sie nur Spitzenteams eigen ist, zu erlangen?

Genoni: Man muss sein Basisniveau über allen anderen festsetzen. Dann ist die Chance gross, immer mithalten zu können. Das war das erste Ziel unserer sportlichen Leitung: Das Niveau hoch anzusetzen und kontinuierlich zu steigern. Wir haben meist nicht überragende Spiele gezeigt, dabei aber ein hohes Durchschnittslevel erreicht.

zentralplus: Ist dieser EVZ so stabil und gut wie jene Mannschaften, mit denen Sie in Davos dreimal und in Bern zweimal Schweizer Meister geworden sind?

Genoni: Wenn wir den bisherigen Saisonverlauf anschauen, lässt sich festhalten: Am Anfang haben wir solide gepunktet und machten so weiter, bis zu erkennen war, dass wir nicht mehr eingeholt werden können. Darum gab es gegen Ende der Qualifikation ein paar Spiele, die nicht immer gut waren. Aber jetzt treffen wir in der ersten Runde auf eine Mannschaft, die schon seit einiger Zeit in jedem Spiel an die Leistungsgrenze gehen musste, um Siege einzufahren und zu punkten. Das heisst: Unser Gegner ist parat. Wir hingegen müssen erst wieder den Einstieg finden und wir Goalies müssen dafür schauen, dass wir weniger Tore kassieren. Es braucht von allen noch zwei, drei Zentimeter mehr als bisher.

«Mich dünkt, Dan Tangnes ist mit seinen Assistenten mehr zusammen als zu Hause mit seiner Familie.»

zentralplus: Dann erübrigt sich die Frage, ob sich der EVZ in diesen Playoffs nur selber schlagen kann?

Genoni: Man muss sich in den Playoffs nur auf deine eigene Leistung konzentrieren, ganz egal, wer auf der anderen Seite steht. Das ist das Schöne an diesem Format.

zentralplus: Sie haben unter grossen Trainer wie Arno Del Curto und Kari Jalonen gearbeitet. Hat EVZ-Trainer Dan Tangnes das Zeug dazu, in diese Gilde aufzusteigen?

Genoni: Ja, das glaube ich – weil er sehr gute Arbeit macht. Er war ja schon ein Jahr vor meiner Ankunft in Zug tätig. Er hat den Spielern Verantwortung beigebracht. Als Zuschauer sieht man am Ende nur das Resultat auf der Anzeige, aber dahinter steckt viel mehr. Er hatte die Idee, eine gemeinsame Leistungskultur einzuführen, von der ersten Mannschaft über die EVZ Academy bis in die höchste Nachwuchsstufe. Dan Tangnes ist der richtige Mann für den EV Zug.

zentralplus: Im Vergleich zu einem klassischen Bandengeneral soll Dan Tangnes einen moderneren Führungsstil pflegen.

Genoni: Das ist so. Ihm ist Kommunikation wichtig. Auch, weil er wissensdurstig ist. Er will wissen, was die Spieler zu gewissen Situationen auf dem Eis meinen. Und er analysiert viel mit dem Trainerteam. Mich dünkt, er ist mit seinen Assistenten mehr zusammen als zu Hause mit seiner Familie. Dan Tangnes entwickelt sich immer weiter, weil er nicht, wie für einen Trainer üblich, nur an den kurzfristigen Erfolg denkt. Er denkt weit darüber hinaus.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon