Politiker kritisieren Luzerner Stadtrat

Gemeinnütziger Wohnungsbau kommt nicht vom Fleck

Derzeit wird die alte Himmelrichsiedlung in Luzern abgerissen. Im Neubau der ABL wird es gemeinnützige Wohnungen geben. (Bild: lwo)

Das sorgt für Unmut: Auch fünf Jahre nach Annahme der Luzerner Wohnrauminitiative wird auf städtischen Arealen keine einzige neue gemeinnützige Wohnung gebaut sein. Eigentlich sollten es fast 500 sein. Dass der Stadtrat trotzdem keinen Handlungsbedarf sieht, irritiert Politiker.

Gelassenheit tönt anders. «Wir sind nicht zufrieden und nicht einverstanden mit der Antwort des Stadtrates.» Das sagt Rieska Dommann, FDP-Grossstadtrat. Dommann hat Anfang November zusammen mit Korintha Bärtsch (Grüne) und Nico van der Heiden (SP) eine Interpellation zum Thema gemeinnütziger Wohnungsbau in der Stadt Luzern eingereicht.

In der Interpellation äussern sich die drei Stadtparlamentarier besorgt darüber, ob die Stadt bezüglich gemeinnützigem Wohnungsbau genügend schnell vorankommt. Und ob sie die vom Volk abgesegneten Ziele einhalten kann. Diese lauten: Bis Ende 2037 muss der Anteil an gemeinnützigen Wohnungen gemessen am Wohnungsbestand auf 16 Prozent erhöht werden. Nach heutigen Berechnungen sind das in 25 Jahren rund 2300 zusätzliche preisgünstige Wohnungen, was im Schnitt 100 Wohnungen pro Jahr ausmacht. 

Mal weniger, mal mehr Wohnungen als geplant

Der Stadtrat kommt in seiner Antwort auf die Interpellation zum Schluss, dass man recht ordentlich unterwegs sei und dass die Ziele erreicht werden können. Allerdings, betont er, sei es für eine aussagekräftige Zwischenbilanz noch zu früh. Erst 2019 wolle man diese erstellen.

Was sich bis dato sagen lässt:

  • In den ersten beiden Jahren 2013 und 2014 sind rund 150 gemeinnützige Wohnungen zum Bestand hinzugekommen. Allerdings wurden diese nicht neu erstellt, sondern von gemeinnützigen Baugenossenschaften dazugekauft. So hat etwa die GSW-Genossenschaft 70 Wohnungen erworben und die Baugenossenschaft Matt deren 36. Auch andere gemeinnützige Genossenschaften konnten ihren Bestand so leicht erhöhen. Unter dem Strich ändert sich dadurch aber an der Anzahl günstiger Wohnungen nichts.
  • Der angepeilte theoretische Schnitt von jährlich 100 zusätzlichen gemeinnützigen Wohnungen kann aktuell nicht erreicht werden.
  • Für die Interpellanten besonders frustrierend ist folgendes Eingeständnis der Stadt: «Es ist korrekt, dass bis Ende 2018 wohl keine gemeinnützigen Wohnungen auf städtischen Arealen entstehen werden.» Das wären dann fünf Jahre nach dem Ja des Stimmvolks zur massgebenden Wohnrauminitiative. Gemäss Bericht und Antrag des Stadtrates aus dem Jahr 2013 sollten es aber fast 500 sein. Zu den städtischen Arealen gehören etwa die Industriestrasse, der Urnerhof, die obere Bernstrasse oder das Eichwaldareal auf der Allmend. Grund für die Harzerei: Es dauert einfach alles länger als geplant.
  • Der Stadtrat versprüht in seiner Antwort auf die Interpellation dennoch viel Zuversicht. Er verweist auf diverse private Initiativen, welche den Anteil an gemeinnützigen Wohnungen ansteigen lassen werden. Zudem würden in den nächsten Jahren verschiedene Genossenschaften durch Verdichtung zusätzlichen Wohnraum auf ihren Grundstücken schaffen. Etwa die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern, der Branchenkrösus, der im Himmelrich 3 rund 20 und im Obermaihof 1 rund 45 Wohnungen mehr als geplant realisieren werde. Auch die Geissenstein-Baugenossenschaft schaffe durch Verdichtung 45 Wohnungen mehr.
  • Doch nicht nur durch Verdichtung, sondern auch bei einzelnen geplanten Neubauten können mehr Wohnungen realisiert werden. Etwa auf dem Industriestrassenareal, wo es 160 statt 115 Wohnungen geben soll. Und beim Urnerhof sollen es dereinst 110 statt 80 Wohnungen sein – allerdings braucht es dazu bereits wieder eine Teilrevision der erst 2015 in Kraft getretenen neuen Bau- und Zonenordnung (BZO) der Stadt Luzern.
  • Allerdings gibt es umgekehrt auch Projekte, wo nicht mehr, sondern weniger Wohnungen gebaut werden dürfen. Als Beispiel führt die Stadt die obere Bernstrasse auf, wo aus baurechtlichen Gründen statt 165 nur 135 Wohnungen realisiert werden können. Auch an der Eichwaldstrasse lassen sich offenbar nicht wie geplant 70, sondern nur 50 solcher günstiger Wohnungen umsetzen.
  • Aufgrund dieser Umstände hält der Stadtrat in seiner Antwort auch daran fest, dass auf städtischen Arealen wie versprochen innerhalb von zehn Jahren rund 1000 neue Wohnungen gebaut werden können.
  • Von Massnahmen zur Beschleunigung beim Bau von gemeinnützigen Wohnungen will der Stadtrat deshalb nichts wissen. Nur wenn 2019 der Zwischenbericht entsprechenden Handlungsbedarf ausweise, werde man reagieren.

«Es geht viel zu langsam vorwärts»

Rieska Dommann, FDP-Grossstadtrat Luzern.

Rieska Dommann, FDP-Grossstadtrat Luzern.

(Bild: zVg)

Die Interpellation der FDP-, SP- und Grüne-Fraktion kommt diesen Donnerstag ins Parlament. Dann werden die Interpellanten dem Stadtrat nochmals ins Gewissen reden. Rieska Dommann sagt: «Die Ziele des Stadtrates können nach heutigem Wissen bei Weitem nicht erreicht werden. Besonders auf den städtischen Arealen geht es viel zu langsam vorwärts. Der Stadtrat beschönigt die Situation.»

Dommann erinnert daran, dass viele geplante Projekte vor langen Genehmigungsprozessen stehen. So muss die Stadt etwa mit den ganzen Vorhaben auf den Littauer Parzellen warten, bis die BZOs der Stadt und von Littau zusammengeführt sind. Das allein dauert laut Dommann wohl bis 2022. Auch die Teilrevision der städtischen BZO könnte sich hinziehen. Zudem muss man bekanntlich im Bauwesen immer mit Einspracheverfahren von Anwohnern rechnen.

Dommann fasst zusammen: «Wir wollen dem Stadtrat nochmals unsere Bedenken mitteilen und ihn auf die vielen Stolpersteine aufmerksam machen. Schliesslich geht’s hier um die Erfüllung eines Volksauftrages.»

Hinweis: zentral+ hat schon mehrmals über den gemeinnützigen Wohnungsbau in der Stadt Luzern berichtet. Hier etwa finden Sie u.a. eine grosse Übersicht über all die Areale, wo künftig entsprechend gebaut werden soll:

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