Umstrittene Überbrückungsrenten

Vergolden sich Alt-Stadträte Lohn auf Kosten der Krienser?

Seit 2020 nicht mehr im Amt: Der alte Krienser Stadtrat, der als letzter von einer umstrittenen Pensionsordnung profitiert (von links): Lothar Sidler, Cyrill Wiget, Franco Faé, Judith Luthiger, Stadtschreiber Guido Solari und Matthias Senn. (Bild: Archivbild: zvg)

Der Stadtrat von Kriens hat sich kurz nach Start die eigene Rente gekürzt – jedoch nicht rückwirkend. Ein FDP-Einwohnerrat befürchtet nun, dass Alt-Stadträte diesen «goldenen Fallschirm» missbrauchen.

Als der Krienser Stadtrat im Sommer 2020 komplett ausgewechselt wurde, fielen die Stadträte vergleichsweise sanft. Zumindest in finanzieller Hinsicht. Möglich machte es die ehemalige Pensionsordnung der Stadt – respektive der «goldene Fallschirm», wie sie im Einwohnerrat einst bezeichnet wurde. Nach diesem Reglement zahlt die Stadt Kriens ihren ehemaligen Stadträten eine «Überbrückungsrente» bis zum 65. Lebensjahr (zentralplus berichtete).

Das stand in der ehemaligen Krienser Pensionsordnung

Gemäss der Krienser Pensionsordnung von vor 2021 hatten ehemalige Krienser Stadtratsmitglieder Anspruch auf eine Reihe von «ordentlichen Sonderleistungen» bis zum 65. Geburtstag. Anspruch hatte, wer eine oder mehrere der folgenden Bedingungen erfüllte:

  • Abwahl oder Nichtnominierung, sofern die Person das 50. Altersjahr vollendet und mindestens acht Amtsjahre geleistet hat (Ausnahmen gibts bei schweren Amtspflichtverletzungen oder einer strafbaren Handlung)
  • Rücktritt nach zwölf Amtsjahren, sofern die Person das 55. Altersjahr vollendet hat
  • Rücktritt nach acht Amtsjahren, sofern die Person 60. Altersjahr vollendet hat

Wer weniger lang im Amt war, hatte Anspruch auf eine Abgangsentschädigung, die aber in der Regel tiefer ausfiel.

Teil dieser «ordentlichen Sonderleistungen» war eine Überbrückungsrente. Diese betrug 52 Prozent des bisherigen Jahresverdienstes. Zudem zahlte die Stadt Kriens den Pensionskassenbeitrag von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite weiter.

So wollte die Stadt Kriens die Lücke zwischen dem neuen Lohn und dem ehemaligen Stadtratslohn ausgleichen. Verdienten die ehemaligen Stadträte mehr, wurden auch ihre Sonderleistungen entsprechend gekürzt. Sprich: Wessen Lohn nach der Zeit als Stadtrat auch ohne Sonderleistungen schon höher war als zuvor, erhielt keine Überbrückungsgelder. Um dies zu kontrollieren, müssen ehemalige Stadträte der Personalabteilung jährlich ihr Erwerbseinkommen melden.

Solche «Ruhegehälter» sollen dafür sorgen, dass Stadträte nach ihrer Abwahl oder ihrem Rücktritt nicht in eine Einkommenslücke fallen. So soll verhindert werden, dass sie beispielsweise kurz vor Amtsende bereits nach neuen Stellen Ausschau halten oder nur des Geldes wegen im Amt bleiben. In Kriens betrug diese Überbrückungsrente bis zu 52 Prozent des bisherigen Jahresverdienstes. Bei rund 160'000 Franken Jahresgehalt also etwa 80'000 Franken.

3,4 Millionen Franken Rente für ehemaligen Stadtrat von Kriens

Je nachdem, wie viel ein ehemaliger Stadtrat nach seiner politischen Karriere verdient, kürzt Kriens diesen Beitrag entsprechend. Um diese Rentengelder bei Bedarf zahlen zu können, werden die erwarteten Beträge im Jahr des Rücktritts zurückgestellt. Für die vier zurückgetretenen Stadträte 2020 hat Kriens 2,4 Millionen Franken beiseitegelegt. Hinzu kommen eine Million Franken für Ex-Stadtpräsident Cyrill Wiget (Grüne).

Im Sommer 2021 überarbeitete der neue Krienser Stadtrat diese Rentenordnung, unter anderem, um Kosten zu sparen (zentralplus berichtete). Neu gibts je nach der Anzahl Amtsjahre eine Abgangsentschädigung. Aber: die Revision gilt nicht rückwirkend. Für alte Stadträte gilt noch immer der «goldene Fallschirm» – was nun erneut für Diskussionen sorgt. Der baldige Ex-Einwohnerrat Marco Meier (FDP) befürchtet, dass ehemalige Exekutivmitglieder die alte Rentenordnung stark ausnutzen. Er hat vor Kurzem eine entsprechende Interpellation zum Thema eingereicht.

Teilzeitarbeit, um Krienser Gelder einzustreichen?

Als Einwohnerrat und Mitglied der Krienser Finanzkommission suche er immer wieder den Austausch mit den Kriensern, wie Meier auf Anfrage schreibt. Dabei sei er von mehreren Personen auf das Ruhegehalt angesprochen worden. Selbstständige Alt-Stadträte im erwerbsfähigen Alter sollen sich extra keinen marktüblichen Lohn auszahlen, um weiterhin möglichst von der vollen Überbrückungsrente zu profitieren – so der Verdacht, der ihm zugetragen worden sei.

Auch sollen unselbstständige Alt-Stadträtinnen ihr Pensum extra so angepasst haben, dass sie ebenfalls möglichst viel von den Krienser Sonderleistungen profitieren. Sprich: Sie würden freiwillig Teilzeit arbeiten und erhielten dank Krienser Steuergeldern immer noch einen Lohn wie zu Stadtratszeiten. Die ehemalige Pensionsordnung verkomme so zu einem «Win for Life»-Gewinn statt zu einer Unterstützung zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt, kritisiert Meier im Vorstoss.

FDP-Einwohnerrat Marco Meier hinterfragt die Entschädigungen der ehemaligen Stadtratsmitglieder. (Bild: Stadt Kriens)

Zudem verursache dieser alte Zopf noch immer hohe Kosten in der Krienser Jahresrechnung. Meier hat sich die Summen für «Renten» und «Ruhegehälter» der letzten vier Jahre geben lassen. 2020 lagen die Kosten bei etwa 825'000 Franken, 2023 bei rund 800'000 Franken. Also nur ein «marginaler Rückgang», obwohl diese Zahl eigentlich drastisch hätte sinken müssen, findet Meier. Die Überlegung: Fangen ehemalige Stadträte wieder an zu arbeiten, benötigen sie die Überbrückungshilfe nicht mehr.

Welche ehemaligen Stadträte Überbrückungsrenten beziehen, wollte die Stadt Kriens trotz Öffentlichkeitsprinzip nicht herausrücken, schreibt Meier weiter. Dies aus Datenschutz- und Persönlichkeitsschutzgründen. Aus denselben Gründen will Meier nicht bekannt geben, zu welchen Personen er Hinweise aus der Bevölkerung erhalten habe. Gemäss damaligem Reglement kämen jedoch diverse Alt-Stadträte und Alt-Stadtpräsidenten infrage.

Ergebnis jahrelanger Diskussionen um Löhne

Das Reglement wurde im Mai 2021 angepasst. Es war das Ergebnis jahrelanger Diskussionen um den Lohn der Krienser Exekutive. Im Rahmen einer SVP-Initiative wurde 2017 der Lohn der Stadträte auf 160'000 Franken gedeckelt. Bei Diskussionen um die Entschädigung von Nebenmandaten geriet sich der damalige Stadtrat öffentlich in die Haare (zentralplus berichtete). Seinen anschliessenden Vorschlag, der Krienser Stadtrat arbeite künftig im Vollamt, versenkte das Parlament. 2020 wurde das Gremium ausgetauscht. Der neue Stadtrat von Kriens fasste das heisse Eisen an – und kürzte sich selbst die Rente, mit Unterstützung des Einwohnerrats.

Allerdings nicht rückwirkend. Wieso, könne Meier nicht beurteilen – er stiess 2022 zum Krienser Einwohnerrat. «Meine Annahme ist, dass das Parlament damals möglichst den Blick nach vorne gerichtet haben wollte und die Altlasten oder die enormen Aufwände dahinter nicht kannte oder nicht erkannt hatte.» Erschwerend komme die Besitzstandswahrung hinzu. Trotzdem stellt er in seiner Interpellation unter anderem die Frage, ob es Möglichkeiten gäbe, die zum Teil noch immer geltenden Regeln des alten Reglements anzupassen.

Wer kontrolliert die Zahlen?

Weiter will er wissen, wie genau die Kürzung der Sonderleistungen berechnet wird. Und wer für die Richtigkeit der Einkommensdeklarationen der ehemaligen Stadträte verantwortlich ist. Auch stellt er Fragen zur Transparenz und er will wissen, wie der Krienser Stadtrat die Entwicklung dieser Beiträge in den nächsten fünf Jahren einschätzt.

Fragen, deren Antwort Marco Meier nicht mehr offiziell im Einwohnerrat erhalten wird. Er ist bei den Wahlen Ende April nicht wiedergewählt worden (zentralplus berichtete). Dass er das Thema erst jetzt einbringt, habe mit dem «enormen Rechercheaufwand» zu tun, wie er erklärt. Da er es seinen Wählern versprochen hatte, habe er den Vorstoss trotzdem noch eingebracht. Der neue Einwohnerrat tagt erstmals am 5. September.

Verwendete Quellen
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