«Schnapsidee»: Luzern und Zug sind hässig auf den Ständerat
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Die Finanzkommission des Ständerats will, dass Bern mehr OECD-Gelder erhält. In Luzern und Zug sorgt das für Irritation.
Die nationale Politik hat zum Ziel, die Militärausgaben in den kommenden Jahren bis auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Es geht um Milliarden von Franken – von denen niemand so richtig weiss, woher sie überhaupt kommen sollen.
Die Finanzkommission des Ständerats hat nun eine neue Idee vorgelegt, mit welchen Mitteln das Budget der Armee aufgestockt werden könnte. Der Vorschlag ist brisant. Und würde vor allem die Kantone Luzern und Zug zur Kasse bitten. Das missfällt deren Finanzdirektoren entschieden.
Kantonale Steuereinnahmen sollen Armee sanieren
Die Kommission aus Bern will, dass der Bund einen grösseren Teil der Einnahmen aus der OECD-Mindeststeuer bekommt. Die Steuer, welche die Kantone erheben, ist dieses Jahr eingeführt worden. Mit den resultierenden Mehreinnahmen sollten sodann die Militärausgaben gedeckt werden, wie die «NZZ» berichtete.
Die zuständigen Behörden einigten sich ursprünglich darauf, dass der Bund rund einen Viertel der OECD-Gelder bekommen soll und die Kantone den Rest behalten können. Die Finanzkommission des Ständerats schlägt jetzt unverblümt vor, den Verteilschlüssel zugunsten von Bern und dem Militär abzuändern. Auf 50/50. Sprich: Die Kantone müssten bedeutend höhere Abgaben leisten.
Luzern und Zug wären besonders betroffen
Die OECD-Mindeststeuer betrifft international tätige Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro. Diese müssen am Ort, wo sie angemeldet sind, mindestens 15 Prozent Steuern auf ihren Gewinn bezahlen. Über 140 Staaten, darunter die Schweiz, entschieden sich im Oktober 2021 gemeinsam für die Abgabe. Am 1. Januar 2024 führte die Schweiz nach einer Volksabstimmung die Steuer ein.
Die Kantone Luzern und Zug profitieren von der neuen Taxe massiv. Aufgrund der vielen ansässigen Grosskonzerne rechnen sie beide ab 2026 mit Mehreinnahmen in der Höhe von Hunderten Millionen Franken. Der Kanton Luzern geht davon aus, dass ihm die OECD-Mindeststeuer jährlich 400 Millionen Franken einbringen wird (zentralplus berichtete). Der Fiskus von Zug erwartet jährlich 200 Millionen Franken mehr an Einnahmen (zentralplus berichtete).
Im schweizweiten Vergleich gibt es kaum Kantone, in welchen die Einführung der Steuer solche Auswirkungen auf die Staatskassen hat. Luzern und Zug wären unter den grössten Leidtragenden, wenn sich der Bund nun plötzlich im Namen der nationalen Verteidigung ein grösseres Stück des OECD-Kuchens abschneiden würde.
Übergeht der Ständerat das Volk?
Mit 78,5 Prozent Jastimmen segnete das Schweizer Stimmvolk im Juni 2023 die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer ab. Indirekt sagte es damit auch Ja zum Verteilschlüssel, welcher dem Bund «nur» 25 Prozent der Einnahmen zusprach.
«Das ist ein Vertrauensbruch gegenüber dem Stimmvolk, wie es ihn in der Schweiz meines Wissens bisher noch nie gab.»
Heinz Tännler, Finanzdirektor des Kantons Zug
Vor diesem Hintergrund sagt Heinz Tännler (SVP), Finanzdirektor des Kantons Zug, gegenüber zentralplus: «Das ist ein Vertrauensbruch gegenüber dem Stimmvolk, wie es ihn in der Schweiz meines Wissens bisher noch nie gab.»
Auch Reto Wyss (Mitte), Finanzdirektor des Kantons Luzern, findet diesen Umstand «problematisch». Zudem sei die Armee eine Bundesaufgabe, die vollumfänglich von diesem zu finanzieren sei, führt Wyss auf Anfrage aus. «Das Vorgehen zeigt, der Bund ist nicht bereit, die eigenen Einnahmen und Aufgaben ins Lot zu bringen.»
Finanzdirektoren verstehen es nicht
Die Frage der Verteilung der OECD-Gelder beschäftigte Bund und Kantone bereits 2022 intensiv (zentralplus berichtete). In den langen Verhandlungen um den Verteilschlüssel setzte sich der Ständerat massgeblich zugunsten der Kantone ein.
Dass der neue Vorschlag nun ausgerechnet aus dem Ständerat kommt, welcher eigentlich die Interessen der Kantone vertreten sollte, löst bei den Säckelmeistern in Luzern und Zug Fragezeichen aus. «Das sorgt für Unverständnis», sagt Wyss. Tännler findet, mit der dargelegten Idee verspielten die Kantonsvertreter zugleich das Vertrauen der Kantone und der Bevölkerung. «Mich irritiert das Vorgehen. Mehr noch: Es enttäuscht mich», erläutert er.
Zug vertraut auf den Nationalrat
Sollte der Vorschlag der Finanzkommission des Ständerats durchkommen, sähen sich Zug und Luzern mit Konsequenzen konfrontiert. In Zug plant der Kanton, mit den OECD-Geldern Massnahmen zu finanzieren, um die wirtschaftliche Standortattraktivität aufrechtzuerhalten. Er will «seine» internationalen Firmen bei sich behalten.
«Wir bauen darauf, dass das Parlament das Risiko dieser Schnapsidee erkennen und den Plan verwerfen wird.»
Heinz Tännler, Finanzdirektor des Kantons Zug
Werde der neue Verteilschlüssel Tatsache, wäre die Finanzierung dieser Massnahmen gefährdet, so Tännler. Und wenn die betreffenden Unternehmen ins Ausland zögen, würden alle verlieren, betont der Zuger Finanzdirektor.
Um die Massnahmen umzusetzen, ist Zug momentan daran, ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten. Gemäss Tännler hat der neue Vorschlag aus Bern aber keine Auswirkungen auf diese kantonalen politischen Vorgänge. «Wir bauen darauf, dass das Parlament das Risiko dieser Schnapsidee erkennen und den Plan verwerfen wird», erklärt er.
Keine direkten Auswirkungen in Luzern
Im Kanton Luzern laufen die Diskussionen noch, wie die Erträge aus der OECD-Mindeststeuer eingesetzt werden sollen (zentralplus berichtete). Wie Reto Wyss betont, habe die Idee aus dem Ständerat aber keinen Einfluss auf den andauernden Disput.
Der Kanton arbeitet an einem Verteilmechanismus, der festlegt, wie viel Prozent der OECD-Mittel beispielsweise den Gemeinden oder der Wirtschaftsförderung zukommen. Es sei ein Anspruch an diesen Mechanismus, dass er flexibel sei und auf sich verändernde Erträge reagieren könne, sagt Wyss.
Kantone wollen nicht klein beigeben
Beide Kantone haben nicht vor, die Idee aus Bern ohne Reaktion auf sich beruhen zu lassen. «Wir werden uns mit den anderen Kantonen absprechen und dann sicher unsere Haltung aufzeigen», führt Wyss aus. Bei Bedarf würden sie intervenieren.
Heinz Tännler sagt abschliessend: «Wir werden uns in geeigneter Form einbringen und die Probleme aufzeigen, die ein solches Vorgehen schaffen würde.»