Referendumspräsidentin im Interview

Massiver Widerstand gegen das Zuger «Streichpaket»

Sparen ja, aber nicht so: Barbara Kurth ist Präsidentin des Referendumskomitees gegen das zweite Entlastungspaket des Kantons Zug.

(Bild: zvg)

27 Verbände, Parteien und Vereine haben sich zusammengeschlossen, um sich gegen das Entlastungspaket des Kantons Zug zu wehren. Ab Freitag beginnt die Unterschriftensammlung – mitten in den Sommerferien. Die Präsidentin der «Allianz» sagt, warum das kein Problem sei. Und wie sie die Bevölkerung gegen das Sparpaket mobilisieren will.

Nun soll es also losgehen mit der Unterschriftensammlung: Am Freitagmorgen hat die «Allianz für ein lebenswertes Zug» eine Medienmitteilung verschickt, in der sie die Unterschriftensammlung ankündigt. Die Allianz ist breit abgestützt, sie umfasst bis anhin 27 Personalverbände, Gewerkschaften, Parteien und Institutionen (siehe Box). Sie alle wollen sich gegen das Zuger Sparpaket wehren. «Für Zug sind derart grosse Allianzen aussergewöhnlich», schreibt die Allianz, und sie hat Recht damit. Allerdings hat sie auch ein grundlegendes Problem: Die Unterschriften müssen ausgerechnet in den Sommerferien gesammelt werden. Wir erreichen Barbara Kurth, die Präsidentin der Allianz und Präsidentin des LehrerInnenverbands, in ihren Ferien in Griechenland.

zentralplus: Frau Kurth, glauben Sie, die Unterschriften kommen zusammen? Sie sind auch selber gerade in den Ferien, es wird vielen Leuten aus den Verbänden ähnlich gehen.

Barbara Kurth: Ich bin völlig überzeugt, dass wir die Unterschriften sammeln können. Wir haben alle Mitglieder der Allianz auch schon vor den Sommerferien angeschrieben und darauf vorbereitet, dass es jetzt losgeht. Und wir haben bis Anfang September Zeit. Es sind so viele Verbände und Parteien mit im Boot, dass ich keine Zweifel habe, dass das klappt.

zentralplus: Sie sagen es: Die Allianz ist sehr durchmischt, vom Polizeiverband über die Unia zu Pro Infirmis, es sind ganz verschiedene Interessenvertreter mit dabei. Wie bringen Sie alle diese Interessen unter einen Hut?

Kurth: Wir haben uns von Anfang an bei allen Verbänden gemeldet und gesagt: Wir wehren uns gegen das Sparpaket. Wir können nicht zulassen, dass der Kanton Zug bei den Ärmsten spart, wir müssen dafür sorgen, dass der Kanton lebenswert bleibt. Alle diese Verbände sind zudem vom Sparpaket direkt betroffen, deshalb waren sie für diese Sache umso besser zu gewinnen.

zentralplus: Dabei geht es ja auch um direkte Eigeninteressen: Es wird bei den Lehrern gespart, bei den Polizisten, beim Verwaltungspersonal. Ist es überhaupt legitim, dass sich diese Personalverbände auf politischem Weg gegen Kürzungen wehren, die auch ihre Partikularinteressen betreffen?

Kurth: Natürlich ist es das. Sie haben es ja auch gelesen, dass im Kantonsrat davon die Rede war: Es streikt ja noch kein Personal, es steht noch keine Demonstration vor dem Kantonsratssaal, also können wir weitersparen. Das darf doch nicht sein. Wir müssen uns wehren, sonst geht es einfach weiter. Auch im Hinblick aufs neue Sparpaket, Finanzen 2019. Und es geht nicht nur um Partikularinteressen. Wir sind nicht pauschal gegen Sparen, bei vielen Massnahmen waren wir auch einverstanden: Dass beim Staatspersonal die Beförderung einmalig ausgesetzt wird etwa, oder dass an der Kantonsschule ein Kind mehr pro Klasse eingesetzt wird, oder dass die Rekachecks gestrichen werden. Aber das Sparpaket geht schlicht zu weit.

zentralplus: Warum kommt dieser Widerstand nun so plötzlich? Hätte sich diese Allianz nicht schon vor der Kantonsratsdebatte bemerkbar machen müssen?

Kurth: Wir waren schon in der Vernehmlassung immer dabei, und dafür sind wir der Regierung auch dankbar, sie haben uns immer miteinbezogen. Aber, und das hat uns masslos frustriert: Sie haben keinen einzigen unserer Vorschläge umgesetzt. Wir verstehen Vernehmlassungen als echte Partizipation und nicht als Alibiübung.

«Das ist kein Sparpaket, es ist ein Streichpaket.»

Barbara Kurth, Präsidentin Referendumskomitee

zentralplus: Im Kantonsrat war die Angst vor einem Volksentscheid spürbar: Jürg Messmer (SVP) hatte gesagt, er wolle nicht verantwortlich dafür sein, wenn das Volk Nein sagt und deshalb die Steuern erhöht werden müssen. Die bürgerlichen Parteien werden sagen: Ein Nein zum Sparpaket bedeutet Steuererhöhung. Was sagen Sie dazu?

Kurth: Ja wäre das denn so schrecklich? Wir haben ausgerechnet, was das für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen bedeuten würde. Bei einem gemeinsamen Einkommen von 80’000 Franken würde eine Familie rund 175 Franken mehr bezahlen im Jahr. Das sind 15 Franken im Monat. Damit könnte verhindert werden, dass die Ergänzungsleistungen gesenkt, die Abzüge der Kinderbetreuung halbiert, bei der Unterstützung von Familien gespart und an den Schulen zusammengestrichen wird. Das ist kein Sparpaket, es ist ein Streichpaket.

zentralplus: Aber in der Bevölkerung wird doch auch das Gefühl aufkommen: Bei uns im Berufsleben wird auch gespart und gekürzt, das ist doch völlig normal. Warum sollen wir 175 Franken mehr Steuern bezahlen?

Kurth: Sie haben insofern Recht, als wir im Hinblick auf die Abstimmung noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen. Es ist mir auch klar, dass niemand gerne freiwillig mehr Steuern bezahlt. Aber im Kanton Zug war die Logik bislang immer so: Wenn es gut läuft, schrauben wir die Steuern herunter. Und jetzt, wo es schlecht läuft, müsste meiner Meinung nach die Logik sein, dass es halt wieder etwas hinaufgeht. Und ich glaube, dass die Bevölkerung mehr davon hätte, als wenn das Sparpaket durchkommt und der ganze Service Public massiv gekürzt wird.

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