Klamme Kasse: Hilft eine Fusion Ebikon aus der Misere?
Hilft eine Fusion Ebikon aus der Misere? Die GLP werde das Thema bald diskutieren, so Parteichef Kilian Ebert. (Bild: zvg)
Die GemeindeEbikon kämpft mit hohen Schulden, in den nächsten Jahren muss sie deshalb Investitionen zurückstellen. Vor diesem Hintergrund schielen einige wieder auf eine Fusion mit der reicheren Nachbarin.
4900 Franken wird Ebikon Ende dieses Jahres pro Einwohnerin verschuldet sein. Das ist fast doppelt so hoch, wie der Kanton für gesunde Gemeindefinanzen vorgibt. Damit die Gemeinde nicht vollends in die finanzielle Misere rutscht, hat der Gemeinderat vor kurzem einen 10-Jahres-Finanzplan vorgestellt und den roten Stift angesetzt. Der Bushub, neue Schulhäuser, ein neuer Fussballplatz: All diese Investitionen müssen wegen der leeren Kassen warten (zentralplus berichtete).
Keine rosigen Aussichten für die 14’600-Seelen-Gemeinde, die gemessen an der Bevölkerung eigentlich schon als Stadt zählen würde. Auch die Ebikoner sind mit der Lage nicht zufrieden und lehnten etwa 2024 das Budget ab, weil sie nicht noch höhere Steuern zahlen wollten (zentralplus berichtete). Was also tun? Ein zentralplus-Leser kramt eine über zehnjährige Idee hervor: Ebikon soll sich Hilfe von seiner reichen Nachbarin holen. Eine Fusion mit der Stadt Luzern. Und wie eine Umfrage zeigt, findet die Idee auch bei einigen Parteien Anklang.
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inwiefern Ebikon von einer Fusion profitieren könnte
Neu ist die Idee nicht. Vor 18 Jahren schwirrte die Vision einer «Supergemeinde» Luzern herum, unter dem Titel «Starke Stadtregion Luzern». Die Stadt Luzern sollte mit den Agglomerationsgemeinden Adligenswil, Ebikon, Emmen, Littau, Kriens und Horw zu einer grossen Gemeinde zusammenwachsen.
Grundlage bot eine Studie, in der Berater, Architekten und Planerbüros Herausforderungen der Grossregion Luzern definierten und in welcher Form sich diese lösen liessen. Ihr Fazit: Von einer neuen Stadtregion könnten die Gemeinden am stärksten profitieren.
Nur: Ausser der Stadt Luzern hatte niemand Lust auf eine Hochzeit. Ebikon und Kriens lehnten eine Fusion 2011 mit rund 70 Prozent Neinstimmen ab, Adligenswil gar mit 93,4 Prozent. Emmen entschied sich 2012 mit 53,6 Prozent dagegen.
Neue Gemeinde Root bringt Stein ins Rollen
Danach war eine Fusion für Ebikon einige Jahre vom Tisch. Doch in den vergangenen Jahren erschien das Thema wieder auf der Bildfläche. So etwa mit der Fusion von Root und Honau, die Anfang 2025 verschmolzen sind (zentralplus berichtete). Oder Greppen und Weggis, die eine Vereinigung ins Auge fassen (zentralplus berichtete). In einem Interview mit der «Luzerner Zeitung» 2023 sagte der abtretende GLP-Präsident von Ebikon, Sandor Horvath, ein Zusammenschluss mit der Stadt Luzern sei «unausweichlich».
«Unausweichlich» sei wohl etwas zu pointiert, sagt sein damaliger Nachfolger Daniel Kilchmann auf Anfrage. Doch gemäss dem heutigen GLP-Einwohnerrat würde einiges für eine Fusion von Ebikon mit der Stadt Luzern sprechen: Die Grenzen zwischen Stadt und Gemeinde seien fliessend. Die Gemeinden könnten zentrale Herausforderungen gemeinsam angehen. Luzern habe nahezu keine Leerfläche mehr, Ebikon wäre als Standort attraktiv für Unternehmen und «qualitativen Wohnraum». Der Druck wegen hoher Schülerzahlen würde breiter abgefedert. Und Luzern hätte als grössere Stadt und Verkehrsknotenpunkt auf Bundesebene mehr Gewicht.
Auch finanzielle Aussichten würden eine gewichtige Rolle spielen, wie Parteikollege und GLP-Chef Kilian Ebert anfügt. Zentrale Projekte in Ebikon mussten wegen fehlenden Geldes zurückgestellt werden. «Diesen Investitionsstau würde man durch eine Fusion wohl schneller und vor allem nachhaltig beheben können», so Ebert.
Geld und Know-how der Stadt
Auch für den Ebikoner SP-Präsidenten Mario Huber sprächen einige Punkte für eine Fusion. Ebikon sei die zweitgrösste Fasnachtsgemeinde des Kantons, Brauchtum vereine. Zudem könnte die Gemeinde vom Know-how der Stadt Luzern profitieren. «Dieses fehlt in Ebikon klar, zum Teil, weil viele Abteilungen der Gemeinde unterbesetzt sind, aber auch, weil der Gemeinderat Pseudo-Investitionspläne und 10-seitige Powerpoint-Finanzstrategien als zufriedenstellend erachtet», wie er als Schelte zur letzten Session anfügt. «Auch wären wir plötzlich auf der Gewinnerseite des bürgerlichen Steuerwettbewerbs, welcher Gemeinden wie Ebikon für private Profite opfert.»
Grüne-Co-Präsident Markus Aregger streicht auf Anfrage ebenfalls den Zugang zu mehr finanziellen Mitteln und mehr Dienstleistungen heraus. Durch eine Fusion würde die Lebensqualität in Ebikon steigen. Die Rontaler Gemeinde biete dafür im Gegenzug Platz für Wachstum und Steuern, die hauptsächlich von natürlichen Personen stammen würden – beides Dinge, welche die Stadt Luzern suche.
Die Mitte habe sich hingegen noch nicht im Detail mit einer möglichen Fusion befasst, wie Co-Präsident Patrick Gunz auf Anfrage schreibt. Sollte sich herausstellen, dass eine Fusion der beste Weg für die Gemeinde sei, werde sich die Fraktion einer Diskussion nicht verschliessen. Für einen Zusammenschluss kämen jedoch nicht nur die Stadt Luzern, sondern auch Gemeinden des Rontals infrage, so Gunz.
Ebikon soll seine Herausforderungen selbst angehen
Auch Huber erwähnt die anderen Gemeinden. Ebikon sollte ebenfalls eine Stärkung mit Buchrain und Dierikon prüfen. So könnte Ebikon zu einer «Leitstadt im Rontal» wachsen. Denn schliesse sich Ebikon der Stadt Luzern an, würde das Rontal «seine Stadt» verlieren. Und müsste sich mit wenigen Sitzen im Grossen Stadtrat von Luzern begnügen, statt in einem eigenen Parlament mit 30 Sitzen über das eigene Ortsgebiet zu bestimmen.
Gerade wegen letzterem Punkt ist FDP-Präsident Franz Isaak einer Fusion skeptischer gegenübergestellt. Zwar sei die Stadt Luzern derzeit finanziell in einer besseren Lage – das sei jedoch nicht immer so gewesen und könne sich auch wieder ändern, so Isaak. Zudem drohe Ebikon, dass die Gemeinde bei wichtigen Themen wie Verkehr, Raumplanung und Soziales nicht mehr selbst bestimmen könne.
Ebikon habe «optimale Voraussetzungen» für eine gesunde Entwicklung: gute Erschliessung mit Auto und ÖV, Nähe zu Luzern und Zug, schöne Naherholungsgebiete, zählt Isaak auf. «Für mich ist liberal, wenn man Herausforderungen selbst angeht, mit Zuversicht in die Zukunft schaut und sich nicht einfach auf andere verlässt.»
Ebikoner Interessen im Hintergrund?
Auch SVP-Co-Präsident Christian Huber steht einer möglichen Fusion von Ebikon kritisch gegenüber. «Eine Fusion zerstört historisch gewachsene Strukturen und nimmt der Bevölkerung von Ebikon die Souveränität und Autonomie auf unserem Gemeindegebiet.»
Er verweist dabei auf die aktuelle Abstimmung zur Cheerstrasse-Initiative in der Stadt Luzern: Während betroffene Quartiere wie Thorenberg die Umfahrung deutlich angenommen hätten, seien sie von den zentraleren städtischen Quartieren überstimmt worden (zentralplus berichtete). Ähnliches würde Ebikon drohen, so Huber. «Ebikon würde künftig durch eine Verwaltung im knapp fünf Kilometer entfernten Luzern gelenkt.»
Zudem sei nicht sicher, dass die Stadt Luzern nach einer Fusion mit Ebikon plötzlich sämtliche Schulhäuser und Investitionen auf Ebikoner Gemeindegebiet umsetzen würde. «Die Stadt Luzern hat eine eigene Agenda und Finanzplanung, welche sich nicht einfach so umkrempeln lässt.» Zwar könnte Ebikon kurzfristig monetär profitieren. «Langfristig ist zu erwarten, dass Ebikon zu einem weiteren gesichtslosen Vorort von Luzern wird.»
Thema wird Ebikon wohl bald beschäftigen
Die SVP- und FDP-Vertreter stünden einer Fusion eher dagegen, die Mitte und SP wären zumindest offen der Diskussion gegenüber. Grüne und GLP würden die Fusion hingegen unterstützen. Die GLP werde dazu «voraussichtlich schon bald» Gespräche führen, so Präsident Ebert. Er geht davon aus, dass sich die Gemeinde schon in ein bis zwei Jahren ernsthaft damit befassen werde. Auch schätzt er die Chancen beim Stimmvolk ob der unbequemen finanziellen Lage von Ebikon höher als 2011 ein.
Bei der Gemeinde sei eine Fusion offiziell noch kein Thema, wie Gemeindepräsident Daniel Gasser (Mitte) auf Anfrage schreibt. Der Gemeinderat setze jedoch bereits heute auf eine gute Zusammenarbeit mit den Rontaler Gemeinden und der Stadt. So bestünden etwa Synergien bei der Feuerwehr, Musikschule oder beim Zivilstandesamt. Eine Fusion sei ein langer Prozess, erfordere zuerst politische Debatten und müsse vom Souverän beschlossen werden. Zudem müssten beide Seiten einverstanden sein.
Vonseiten der Stadt Luzern stehen die Türen weit offen. Seit der Abstimmung zur «starken Stadtregion Luzern» hat die Stadt in ihrer Gemeindeordnung verankert, die Region durch Fusionen stärken zu wollen. Eine Fusion mit Ebikon käme also grundsätzlich infrage, schreibt Stadtpräsident Beat Züsli (SP). Allerdings müsste der Anstoss von Ebikon kommen. Zumindest die Debatte dazu dürfte bald starten.
Schreibt über alles, was Luzern und Zug aktuell beschäftigt. Im ländlichen Luzern aufgewachsen, hat sie beim «Entlebucher Anzeiger» ihre Begeisterung für Lokaljournalismus entdeckt. Nach einem Studium in Medienwissenschaften und Englisch ist sie seit September 2021 bei zentralplus. Nebenbei absolviert sie derzeit die Diplomausbildung Journalismus am MAZ.
Luzerns Nachbargemeinden sollten mit der Stadt fusionieren, bildet doch diese Region längst eine einzige Stadt. Ist man in einem Pendlerzug von oder nach Zürich unterwegs, dann gewinnt man den Eindruck, «Züri Süd» sei auch bloss ein Quartier der metropolitanen Grossregion Zürich. Wenn wir in der Region Luzern diesem Sog etwas entgegen halten wollen, sollten wir unsere Region stärken.
Natürlich bedeuten Fusionen auch ein Verlust an Eigenständigkeit und Identität. Dass die Littauer:innen bei der Abstimmung über die Cheerstrasse überstimmt wurde, stimmt zwar, ist aber kein besonders gutes Argument: Littau hat nämlich von der Fusion mit Luzern enorm profitiert — ich glaube nicht, dass sich in Littau eine Mehrheit für die Rückkehr zum Zustand vor der Fusion mit Luzern finden liesse. Aber natürlich kann man in Ebikon die Augen vor der Entwicklung zur Grossregion Luzern verschliessen — und weiterhin das lokale «Süppli» kochen sowie von der «Hauptstadt des Rontals» träumen.
martin.vonrotz, 14.02.2025, 12:12 Uhr
Da fehlt die Option dass Ebikon die Probleme selbst lösen MUSS. Wieso soll sich Luzern, oder andere finanziell stärkere Gemeinden diesen Klotz ans Bein hängen?