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Der Kanton Luzern will seinen Finanzausgleich umkrempeln – das letzte Wort hat am 18. Mai die Stimmbevölkerung. Doch welche Gelder werden überhaupt umverteilt?
Die Augenbrauen verengen sich, man murmelt ein «Was ist denn das wieder?» vor sich hin, liest die ersten paar Sätze – dann landet das Abstimmungsbüchlein im Altpapier.
Keine Bange, mit dieser Reaktion bist du nicht allein. So dürfte es wohl den meisten Luzernern gehen, wenn sie so attraktive Vorlagen wie «Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich» zugeschickt erhalten. Das Thema ist aber nur auf den ersten Blick wahnsinnig kompliziert.
Nach diesen sieben Fragen wirst du die Vorlage verstehen.
Was ist der Finanzausgleich?
Der Finanzausgleich ist ein Überbegriff für eine Umverteilung der Gelder innerhalb des Kantons Luzern. Reiche Gemeinden zahlen Geld ein, ärmere Gemeinden erhalten Geld. So will der Kanton sicherstellen, dass alle Gemeinden genügend finanzielle Mittel für ihre Aufgaben haben.
Der Finanzausgleich ist in zwei Mechanismen aufgeteilt, in den Ressourcenausgleich und den Lastenausgleich.
Der Ressourcenausgleich ist ein Topf, der die Steuergelder der Gemeinden umverteilt. Dieser wird durch den Kanton und die reicheren Gemeinden befüllt. Welche Gemeinde zahlt und welche Geld erhält, wird mit dem «Ressourcenpotenzial» pro Einwohner berechnet. Dieses besagt, wie viel Steuern eine Gemeinde potenziell pro Einwohnerin einnimmt.
Berechnet wird das Potenzial aus den verschiedenen Steuereinnahmen einer Gemeinde, nebst den ordentlichen Steuern etwa auch Erbschaftssteuern oder Grundstückgewinnsteuern. Liegt eine Gemeinde unter einer Schwelle – bisher 86,4 Prozent des kantonalen Durchschnitts – ist sie eine Nehmergemeinde.
2025 werden 130 Millionen Franken im Topf sein. Davon zahlt der Kanton 69 Millionen und die 27 reichsten Gemeinden zahlen insgesamt 61 Millionen Franken.
Der Lastenausgleich ist ein Topf, der die Gemeinden für verschiedene Lasten ausgleichen soll, die sie aufgrund ihrer Lage zu tragen haben.
Etwa topografische Lasten bei Gemeinden, die viel Fläche und viele Strassen haben. Einen Beitrag für Bildungslasten erhalten Gemeinden, die im Vergleich zur restlichen Bevölkerung viele Schüler haben. Weiter erhalten Gemeinden einen Soziallastenausgleich, wenn sie besonders viele Personen über 80 Jahren oder Personen haben, die Sozialhilfe beziehen. Zuletzt gibt es auch einen Infrastrukturlastenausgleich für Gemeinden, die besonders viele Arbeitsplätze haben und stark bebaut sind.
In diesen Topf zahlt nur der Kanton Luzern. Im Jahr 2025 stellt er 65 Millionen Franken für den Lastenausgleich zur Verfügung.
Wer profitiert davon?
Verschiedene Gemeinden profitieren unterschiedlich stark vom Finanzausgleich. Allen voran die Gemeinde Emmen. Durch den Ressourcenausgleich, also die Umverteilung der Steuergelder, erhält Emmen 2025 rund 23 Millionen Franken. Auch Kriens, Escholzmatt-Marbach, Ruswil oder Willisau erhalten beträchtliche Summen daraus.
Nebst dem Ressourcenausgleich erhält Emmen etwa auch Gelder für seine Soziallasten und für die Infrastruktur. Bei den topografischen Lasten profitieren vor allem Escholzmatt-Marbach, Flühli, Entlebuch und Hergiswil bei Willisau. Für ihre Bildungslasten Hochdorf, Beromünster und Schötz.
Bei den Soziallasten kassiert die Stadt Luzern mit Abstand am meisten, gefolgt von Kriens und Horw. Und bei der Infrastruktur erhalten Luzern, Kriens, Sursee und Emmen am meisten Geld.
Wieso soll der Finanzausgleich geändert werden?
Der Grund ist eigentlich ein erfreulicher: Insbesondere die Firmensteuern sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Das spüren allen voran die Stadt Kriens und die Stadt Luzern, die sich über ein Plus im dreistelligen Millionenbereich freuen (zentralplus berichtete).
Doch wenn die Steuereinnahmen sprunghaft ansteigen, müsste nach dem heutigen System auch viel mehr Geld in den Ressourcenausgleich fliessen. Und weil der Lastenausgleich heute an den Ressourcenausgleich gekoppelt ist, würde auch dieser Topf deutlich grösser werden.
Zum Vergleich: Heute werden im Finanzausgleich 195 Millionen Franken umverteilt. Gemäss Prognosen des Kantons wären es 2028 bereits 279 Millionen Franken.
Um das zu finanzieren, müssten Gebergemeinden und Kanton deutlich mehr Geld beisteuern als heute schon. Darunter würde die Solidarität unter den Gemeinden leiden, ist sich der Kanton Luzern sicher. Das zeigt sich etwa im Kanton Zug, wo sich die Stadtzugerinnen gegen die stetig steigenden Zahlungen wehren (zentralplus berichtete).
Was soll sich ändern?
Konkret plant der Kanton Luzern drei Massnahmen:
- Zum einen will er das Wachstum des Ressourcenausgleichs beschränken. Dieser darf pro Jahr nicht mehr als 10 Prozent wachsen. Auch die Schwelle, ab wann Gemeinden zu Zahlerinnen werden, wird etwas flexibler.
- Weiter werden Lastenausgleich und Ressourcenausgleich voneinander getrennt. Wächst der eine Topf, muss der andere nicht zwangsweise mitwachsen. Allerdings berücksichtigt der Lastenausgleich weiterhin die jährliche Teuerung.
- Gebergemeinden werden künftig alle gleich abgeschöpft. Bisher mussten Gemeinden wie die Stadt Luzern, die Zentrumslasten trägt, weniger Geld in den Ressourcenausgleich zahlen. Im Gegenzug zahlt der Kanton Luzern rund 10,6 Millionen Franken mehr in den Topf für Infrastrukturlasten, von dem besonders Zentrumsgemeinden profitieren.
Wer ist dafür?
Diese Teilrevision war ein Kompromiss. So wollten Agglogemeinden mehr Geld für ihre Lasten, ländliche Gemeinden wiederum keine Grenzen für den wachsenden Umverteilungstopf. Mit dem jetzigen Vorschlag können die Gemeinden jedoch alle einigermassen leben, sagte etwa der Verband Luzerner Gemeinden. Auch der Kantonsrat hat die Anpassung mit 110 zu 2 Stimmen angenommen.
Dabei sind sich jedoch die Parteien, Gemeinden und der Kanton einig, dass die jetzige Vorlage lediglich eine Zwischenlösung ist. Ab 2025 will der Kanton den Finanzausgleich umfassend überarbeiten, damit bis 2029 eine komplett neue Variante in Kraft treten kann.
Wer ist dagegen?
«Dagegen» ist vielleicht etwas übertrieben – aber wirklich glücklich mit der Änderung ist die Stadt Luzern nicht, wie sie in einer Medienmitteilung schrieb. Denn sie verliert ihre Privilegien für ihre Zentrumslasten. Um diese auszugleichen, müsste der Kanton den Infrastrukturtopf eigentlich um 17,7 Millionen Franken aufstocken. Also um deutlich mehr als die vorgeschlagenen 10 Millionen. Im Sinne eines Kompromisses mit den anderen Gemeinden ist Luzern jedoch mit den 10,6 Millionen Franken einverstanden.
Was passiert bei einem Nein?
Bei einem Nein bleibt der Finanzausgleich vorerst so, wie er jetzt ist. Gemäss den Prognosen des Kantons Luzern würden so in den nächsten Jahren jeweils deutlich mehr Gelder umverteilt werden. 2026 wären es 216 Millionen, 2027 bereits 252 Millionen Franken. Sprich: Die heutigen Gebergemeinden müssten deutlich mehr Geld für andere Gemeinden zahlen, womit deren Missmut wachsen dürfte. Gleichzeitig müsste der Kanton den Gemeinden immer mehr Geld für ihre Lasten zahlen.
Der nächste Anlauf zur Änderung steht jedoch bereits in den Startlöchern. Noch in diesem Jahr startet der Kanton Luzern eine Totalrevision für das Gesetz.
- Abstimmungsvorlage des Kantons Luzern
- Website des Kantons Luzern zum Finanzausgleich
- Luzerner Gesetz zum Finanzausgleich
- Luzerner Verordnung zum Finanzausgleich
- Lustat Statistik zum Finanzausgleich und der Stadt Luzern
- Informationen zum Finanzausgleich 2025
- Medienmitteilung Stadt Luzern
- Medienmitteilung Verband Luzerner Gemeinden
- Medienarchiv zentralplus