So will Stadtrat Konzertlokale und Museen fördern

Geld nur fürs Casino und Kunsthaus – andere Zuger Kulturhäuser darben

Ballett im Casino Theater Zug: Statt nur auf Gastspiele zu setzen, wie hier vom Theater Basel, möchte die TMGZ künftig auch eigene Produktionen realisieren. (Bild: Lucian Hunziker)

Nach einer langen Zeit des Sparens schwimmt die Stadt Zug seit zwei Jahren im Geld. Für die Zuger Kultureinrichtungen fällt aber nicht mehr ab. Ihre Betriebsbeiträge sollen bescheiden bleiben – ganz egal, wie sehr sie sich in der Vergangenheit angestrengt haben.

Das Museum in der Burg Zug hat in den vergangenen Jahren mit Ausstellungen Besucher aus der ganzen Schweiz angelockt. Das Jugendkulturzentrum Galvanik konnte die Zahl der Besucher stetig steigern. Der Trägerverein der Chollerhalle Zug hat’s geschafft, all seine Schulden zu bezahlen.

Das hilft ihnen aber nichts, wenn es um Betriebsbeiträge für die nächsten Jahre geht, die demnächst vom Grossen Gemeinderat beraten werden. Die rechtslastige Zuger Stadtregierung will ihnen nämlich keinen müden Heller mehr als bisher geben. Obwohl es dafür gute Gründe gäbe, wie wir sehen werden.

Beim Casino zeigt man sich spendabel

Was sich im Zuger Kulturbereich auszahlt, sind eine lange Tradition und gute Verbindungen ins Establishment. Das gilt zuallererst fürs Theater Casino Zug. Dieses wird von einer Stiftung betrieben, die Stadtpräsident Karl Kobelt (FDP) von Amtes wegen präsidiert. Bespielt wird die Stätte von der Theater- und Musikgesellschaft Zug (TMGZ). Sie wurde schon 1808 gegründet, war lange kulturelle Alleinversorgerin der Stadt und ist im lokalen Grossbürgertum gut verankert.

Insofern überrascht es nicht, dass das Präsidialdepartement und die Kulturstelle der Stadt Zug vorschlagen, den Betriebsbeitrag fürs Casino für die kommenden drei Jahre zu erhöhen. Und zwar um etwa 12 Prozent von 622’000 Franken auf 700’000 Franken. Der Stadtrat will die Summe damit sogar noch stärker erhöhen als seine beratende Kulturkommission – diese hatte lediglich 680’000 Franken vorgeschlagen.

Moderne Technik ist teuer

Als Grund für den finanziellen Mehrbedarf werden soziokulturelle Veranstaltungen angegeben, die über die Stiftung finanziert würden, sowie ein kostspieligerer technischer Unterhalt. Bekanntlich hat die Stadt das Casino vor wenigen Jahren für 26 Millionen Franken renoviert – die neuen Installationen verlangen nun aber offenbar nach teureren Serviceabonnements.

Aber auch die Theater- und Musikgesellschaft Zug (TMGZ) kann sich freuen. Der städtische Zustupf fürs Kulturprogramm soll in den nächsten Jahren um 21 Prozent von 412’000 auf 500’000 Franken erhöht werden. Das ist insofern gerechtfertigt, als die Gesellschaft im vergangenen Jahr wieder mehr Mitglieder gewinnen konnte.

TMGZ möchte eigene Produktionen realisieren

Die TMGZ möchte ihre Angebote für Kulturvermittlungen ausbauen. Ausserdem will die Theatergesellschaft, die zuletzt im Jubiläumsjahr 2008 mit der eigenen Musical-Oper «Nikki» aufgefallen war, nicht mehr nur reiner Gastspielort für auswärtige Ensembles sein. Vielmehr sollen eigene Produktionen unter Einbezug von Künstlern aus der Region entstehen. Die sollen dann auch an anderen Orten aufgeführt werden und so einheimisches Schaffen andernorts bekannt machen.  

Die neue Intendantin Kathrin Kolo plant als Erstes, ein «Wintermärchen» genanntes Tanztheater auf die Bühne zu bringen. Ausserdem will Kolo, die selber ausgebildete Tänzerin ist, im Casino ein Tanzfestival etablieren und ausserdem Künstler zu Residenzen einladen.

Besucherrekord im Kunsthaus Zug

Neben der TMGZ gibt es in Zug eine zweite Einrichtung, die auf wohlhabende Sponsoren vertrauen darf. Es ist das Kunsthaus Zug, das mit Olafur Eliasson, Pavel Pepperstein oder dem Ehepaar Kamarov weltläufigen Geist in die aufs Geldverdienen spezialisierte Kleinstadt bringt. Das Museum selbst gehört der Stiftung der Freunde des Kunsthauses Zug und wird von der öffentlichen Hand unterhalten. Die Ausstellungen finanziert die Zuger Kunstgesellschaft massgeblich über private Zuwendungen und Gönner.

Das Kunsthaus soll nach dem Willen der Stadtregierung in den kommenden Jahren wie bisher 75’000 Franken für den Ankauf von Werken erhalten. Der Beitrag an die Kunstgesellschaft soll um 4 Prozent von 490’000 auf 510’000 Franken wachsen. Damit wird auch der Erfolg des Hauses honoriert, der mit über 20’000 Besuchern – ein Viertel mehr als zuvor – 2018 einen Besucherrekord verzeichnen konnte.

Stadt und Kanton müssen bei Sanierung einspringen

Ins Haus selber müssen Kanton und Stadt Zug je 75’000 Franken für Sanierungsarbeiten buttern – denn die Stiftung, der die Liegenschaft gehört, ist knapp an Mitteln. Dafür haben sich Stadt und Kanton ein Vorkaufsrecht für den Fall der Fälle gesichert.

«Der Prozess steht am Anfang und wird ergebnisoffen geführt.»

Stadtpräsident Karl Kobelt (FDP)

Weiter unten in der Hackordnung – beziehungsweise im Ansehen der Stadtregierung – stehen jene Zuger Kulturhäuser, die Angebote für die Alt-68er und die Jungen bereithalten: die Chollerhalle und die Galvanik.

Kein Gehör für die Chollerhalle

Der Verein Chollerhalle hat unter der Präsidentschaft der Tänzerin Seraina Sidler-Tall sämtliche Schulden abgebaut. Der Betrieb der Chollerhalle wird zwar durch die Vermietung der Eventhalle mitfinanziert. Dennoch wollte der Verein in Zukunft wieder mehr kulturelle Aktivitäten entfalten – auch mit dem Verweis, dass es mit dem «Freiruum» auf dem Siemens-Areal und anderen Projekten einen grösseren Wettbewerb bei der Vermietung von Eventhallen gebe. Der Verein wollte daher eine elfprozentige Erhöhung der städtischen Subvention – von 180’000 auf 200’000 Franken. Nichts da, findet jedoch die Stadtregierung und möchte den Beitrag auf alter Höhe belassen.

Auch das Jugendkulturzentrum Galvanik hat Nachholbedarf. Seit der Wiedereröffnung des Lokals 2011 blieben die Löhne der Angestellten unverändert und die Infrastruktur wird älter und teurer im Unterhalt.

Auf der andern Seite steigen jedes Jahr die Besucherzahlen und die Zahl der Anlässe – im Schnitt findet mittlerweile jeden dritten Tag eine Veranstaltung statt. Ausserdem beherbergt die Galvanik Proberäume und funktioniert als Treffpunkt für Musiker und Produktionsort für Tonträger.

Galvanik wird auch kurzgehalten

Mercedes Lämmler, die Präsidentin der IG Galvanik, möchte diese Funktion als Heimat der Zuger Musikkultur stärken. «Wir wollen in Zeiten der Multioptionsgesellschaft, der Anonymisierung und der Individualisierung einen Ort der echten Begegnungen schaffen», sagt sie. Dafür hätte sie gerne einen um 13 Prozent höheren städtischen Betriebsbeitrag von 260’000 Franken gehabt. Doch der Stadtrat will weiter nur 230’000 Franken pro Jahr sprechen.

Am bedauernswertesten ist wohl das Museum in der Burg Zug, das finanziell noch nie auf Rosen gebettet war. Die Stiftung, die das Museum betreibt, erhält einen städtischen Beitrag von 340’000 Franken für die Aktivitäten in der Burg – und gut 60’000 Franken für den Betrieb eines Kulturgüterdepots beim Choller.

Burg Zug wagt nicht, um angemessenen Beitrag zu bitten

Das soll auch in den nächsten Jahren so bleiben. Die Burg Zug selbst hat diesen Antrag gestellt, «obwohl der Beitrag eigentlich höher sein müsste» wie Direktor Marco Sigg schreibt. Seit 2009 sind die Betriebsbeiträge eingefroren, unbesehen der Tatsache, dass Infrastruktur und das Personal stetig mehr kosten.

Die Burg Zug hat in den vergangenen Jahren beachtliche Anstrengungen unternommen, um Besucherzahl und Bekanntheit zu steigern. Ausstellungen über Auswanderer, die Schweiz im Kalten Krieg oder die Zeichnungen von Kindern aus dem Konzentrationslager Buchenwald hatten Strahlkraft über die engere Region hinaus.

Stadt Zug: Über 100 Millionen Überschuss in zwei Jahren

Sigg stapelt also tief, was damit zu tun haben mag, dass er das Museum weiterentwickeln will und in kommenden Jahren auf Unterstützung und den Goodwill der öffentlichen Hand angewiesen ist.

Doch die finanzielle Zukunft der Zuger Kulturhäuser ist ungewiss. Eine Feststellung, die vor dem Hintergrund der städtischen Finanzlage eigentlich aberwitzig klingt. Im Jahr 2018 wies Zug einen Überschuss von 36,3 Millionen Franken aus, 2019 waren es gar 77 Millionen.

Entflechtung der Kulturlasten

Die Kulturlasten sollen im Kanton Zug neu diskutiert werden. Denn bei der letzten Neuregelung des kantonalen Finanzausgleichs hatte man versucht, Mischfinanzierungen zu entflechten. Aufgaben, Verantwortlichkeit und Kompetenz sollten in einer Hand gebündelt werden – was meist gescheitert ist.

Im Kulturbereich ist noch nichts entschieden. Die Gemeindepräsidenten und der Kanton wollen nun sehen, ob und wie man die Lasten neu verteilen könnte. «Der Prozess steht am Anfang und wird ergebnisoffen geführt», sagt Stapi Karl Kobelt.

Kanton, Stadt und manche Gemeinden zahlen alle mit

Eine direkte Folge ist, dass die Betriebsbeiträge und die Leistungsvereinbarungen für die Zuger Kulturhäuser nur für drei statt vier Jahre gelten sollen – um danach die neue Lastenverteilung allenfalls berücksichtigen zu können.

Stadtzuger Kultureinrichtungen sind in aller Regel mischfinanziert. Die städtischen Beiträge an die Galvanik etwa machen weniger als die Hälfte der Subventionen aus – es beteiligen sich auch der Kanton und ein wenig die anderen Gemeinden. Eine Neuverteilung der Lasten hätte für alle Konsequenzen.

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