Horw

Geisterhotel könnte vielleicht bald zum Verkauf stehen

Seit 2007 zu: das Seehotel St. Niklausen in Horw. (Bild: Marc Benedetti)

Das Seehotel St. Niklausen unweit von Luzern war früher ein beliebtes Ausflugsziel mit Gartenwirtschaft und eigener Schiffsanlegestelle. Seit sechs Jahren ist es geschlossen und wird immer mehr zum Geisterort. Besitzer Markus Heer blockte bisher alle Kaufanfragen ab. Dabei wäre die Immobilie mit ihrer Lage top. Jetzt könnte Bewegung in die Sache kommen.

St. Niklausen: So heissen die Busstation der Linie 21, die Schiffsanlegestelle und das Hotel. Doch kein Hotelgast steigt mehr an diesem Bushalt zu, und die Kursschiffe fahren an St. Niklausen vorbei. «Hotel geschlossen!» steht auf einem handgeschriebenen Plastikschild an der Bauabschrankung vor dem Areal. Kein Mensch zu sehen weit und breit. Ein unheimlicher und zugleich schöner Ort, weil so ruhig und naturbelassen.

Markus Heer, ein älterer Herr zwischen 70 und 80 Jahren, konserviert diesen Zustand seit sechs Jahren. Er ist laut Eintrag im Schweizerischen Handelsamtsblatt Alleinbesitzer des gastgewerblichen Betriebs. Heer lebt in der Jugendstilvilla Kreuzfluh auf einem Hügel neben dem Hotel. Lässt er das Hotel leer stehen als nostalgische Erinnerung an seine verstorbene Mutter, die den familiären Betrieb zuletzt führte? Oder will er, der keine Kinder hat, zu seinen Lebzeiten nichts mehr Neues dort entstehen sehen?

Was sagt der Besitzer?

Über seine Motive kann man nur mutmassen. Da mehrere telefonische Kontaktversuche erfolglos bleiben, versucht zentral+ sein Glück direkt vor Ort. Das schöne schmiedeeiserne Tor der Villa Kreuzfluh ist mit einer dicken Kette verschlossen. Klingeln zwecklos, die Knöpfe funktionieren nicht. Ein Appenzeller-Hund rennt zum Tor und kläfft.

Da taucht ein sportlich wirkender Mann im mittleren Alter im Garten auf. «Herr Heer?» «Nein, ein Kollege», sagt dieser. «An Gesprächen mit Journalisten hat Herr Heer kein Interesse», sagt der Mann. «Es geht ihm momentan nicht so gut.» Dann wendet er sich ab und geht. Im Hintergrund erscheint plötzlich ein zerbrechlich wirkender älterer Mann. Markus Heer.

«Intakte Familie nötig»

Nach anfänglichem Zögern kommt er zum Tor und lässt sich auf ein kurzes Gespräch durch das geschlossene Gitter ein. Heer blickt nachdenklich-traurig und spricht ganz ruhig. Es sei schon zu viel geschrieben worden, sagt er. Zur Frage, ob er sein Hotel nicht verkaufen wolle, antwortet Heer: «In absehbarer Zeit.» Auf die Feststellung, dass es schade sei, dass der Betrieb nicht mehr existiere, meint er: «Ein solches Hotel zu führen braucht viel persönliches Engagement – und eine intakte Familie.»

Damit tönt er an, was einige Gesprächspartner zuvor angedeutet haben: In der Familie Heer hängt der Haussegen seit Jahren schief. Zwischen den Familienzweigen gibt es dem Vernehmen nach seit Jahren Grabenkämpfe.

Verdienstorden zu vergeben

Nachfrage bei der Gemeinde Horw zum Thema Hotel St. Niklausen: «Wer es schafft, Bewegung in diese leidige Situation zu bringen, erhält einen Verdienstorden der Gemeinde Horw», sagt Gemeindepräsident Markus Hool. «Es läuft seit Jahren nichts in dieser Sache, und es ist hoffnungslos.» Die Gemeinde habe rechtlich keine Handhabe. Das letzte Gespräch mit dem Besitzer zirka 2012 sei ebenso ergebnislos verlaufen wie alle bisherigen.

Dabei würde es an Interessenten nicht mangeln, die das Areal mit seinen fünf Gebäuden und Umschwung gerne kaufen würden. «Wir haben einige Anfragen pro Jahr», sagt Hool. «Wir können sie nur immer an den Besitzer verweisen, ihm die Dokumente schicken und Vermittlerdienste leisten», sagt der Gemeindepräsident. Dabei wäre laut Hool so manches für Horw interessante Projekt darunter gewesen. Als Beispiel nennt er das Projekt einer Reha-Klinik am See.

Politischer Vorstoss 2008

Politisch war das Hotel auch schon Thema im Einwohnerrat von Horw. Als 2008 publik wurde, dass der Schiffshalt St. Niklausen aus dem Fahrplan gestrichen werden sollte, reichte der Architekt Jörg Stalder, damals für die links-grüne Gruppierung L20 im Rat, ein Postulat ein. Er verlangte, dass sich die Gemeinde für die Wiedereröffnung des Hotels stark machen solle. Der Vorstoss wurde damals auf Empfehlung des Gemeinderats abgeschrieben.

Exklusives Hotel für Ruhesuchende

Seither sind fünf Jahre vergangen. An der Immobilie nagt der Zahn der Zeit. Jammerschade, findet nicht nur die Gemeinde, sondern auch der Luzerner Tourismusdirektor Marcel Perren. Wie ähnliche Beispiele von Häusern zeigen würden, die früher leer standen und nun wieder touristisch genutzt werden, ginge es auch anders, sagt er: Die Villa Hertenstein in Weggis ist von ihrem Besitzer umgebaut und im Juni als Seminarhotel wieder eröffnet worden. Die historische Villa Honegg auf dem Bürgenstock wurde zum 5-Stern-Hotel und gehört Investoren aus dem Emirat Katar.

Der Standort St. Niklausen sei sehr attraktiv, findet Perren. Investoren müssten sich aber gut überlegen, wie man einen solchen Betrieb neu positionieren könnte. Der Tourismusdirektor hat eine Idee parat: Ein kleines, aber feines Boutiquehotel für Ruhe liebende Individualgäste in der Nähe der Stadt. «Etwas Exklusives wäre an dieser Lage sicher erfolgreich.»

Doch es braucht nicht nur Ideen, sondern auch Geld. Perren: «Bei Hotels, die lange leer gestanden sind, ist der Investitionsbedarf erfahrungsgemäss hoch.» Der Tourismusdirektor hatte keinen Kontakt mit dem Besitzer. Doch nach seiner Schätzung müsste ein Investor 20 bis 30 Millionen Franken aufwerfen, um wieder etwas Schönes daraus zu machen.

Hoteliers nicht abgeneigt

Wer könnte Interesse am Hotel haben, das gemäss seinem Besitzer «in absehbarer Zeit» auf den Markt kommen könnte? zentral+ hat einige Zentralschweizer Hoteliers gefragt, ob sie den Betrieb kaufen würden. «Das ist eine Schuhnummer zu gross für mich», sagt Olaf V. Reinhardt. Er war 2012 im Gespräch als möglicher Betreiber des Hotels Gütsch. Reinhardt führt zurzeit keinen eigenen Betrieb, ist aber VR-Präsident der Gruppe Private Selection Hotels. Dieser gehören 56 persönlich geführte kleinere Hotels im Vier- bis Fünfsternebereich an.

Reinhardt leitete früher das Seehotel Kastanienbaum in Horw, er kennt das ehemalige Hotel St. Niklausen von daher gut. «Meine Frau Beatrice führte ausserdem eine Sommersaison lang die Gastronomie dort», erklärt Reinhardt. Zum Schluss fügt er hinzu: «Wenn jemand anders dieses Haus kaufen würde, wäre ich durchaus dafür zu haben, den neuen Betrieb zu führen.»

Liegenschaften mit grossem Potenzial

Patrick Hauser, Co-Direktor des Hotels Schweizerhof Luzern, sagt auf Anfrage: «Wir würden einen Erwerb nicht von vornherein ausschliessen. Anschauen würden wir die Immobilie bestimmt.» Die Liegenschaften der Familie Heer am See seien «Juwelen» und hätten grosses Potenzial für einen gastgewerblichen Betrieb, sagt Hauser. Das Hotel Hermitage und die «Seeburg» mit ihrer Sunset Bar seien der beste Beweis dafür, dass die Luzerner Orte am See liebten und gern besuchten. Es gibt also durchaus noch Hoffnung fürs Hotel St. Niklausen.

Trauerspiel in Meggen

Übrigens: Bei einer Liegenschaft in Meggen, welche einem anderen Zweig der Familie Heer gehört, ist die Situation ähnlich verworren. Das leer stehende Restaurant Angelfluh in Meggen gehört gemäss «Rigi-Anzeiger» der Erbengemeinschaft der 2009 verstorbenen Margrit Heer von St. Niklausen; sie war die Tante von Markus und dessen Bruder Hans Heer. Margrit Heers Söhne Marius und Walter Heer sind die Haupteigentümer der «Angelfluh».

Das frühere Ausflugsrestaurant steht schon fast 20 Jahre leer. Weil die Besitzer ohne Genehmigung Bauarbeiten und Terrainaufschüttungen vornahmen, ging die Gemeinde Meggen vor Gericht. Das Luzerner Verwaltungsgericht und später das Bundesgericht verknurrten die Eigentümer, ihre illegalen Bepflanzungen und Terrainverschiebungen wieder rückgängig zu machen. Das war 2010. Inzwischen ist die «Angelfluh» weiter heruntergekommen. Diesen Frühling wurde das Haus kurz besetzt und dann wieder geräumt.

Kann man die Situation in Meggen und Horw miteinander vergleichen? Peter Bachmann aus Adligenswil, Sachverwalter der Erbengemeinschaft für die «Angelfluh», formuliert es so: «Beide Immobilien in Meggen und Horw stehen leer, bei beiden ist es schade und bei beiden sehr personenbezogen.»

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5 Kommentare
  • Profilfoto von Joseph de Mol
    Joseph de Mol, 03.09.2019, 07:23 Uhr

    Ich würde für dieses herrliche Anwesen folgendes vorschlagen, um im Sinne eines gesellschaftlichen Ausgleiches alle gleichermassen an den «Kosten» des Gemeinwesens partizipieren zu lassen: A. eine Flüchtilingsunterkunft B. ein Club C. gratis Wohn- und Veranstaltungsraum für den Verein Räzel D. Abbruch und Errichtung einer öffentlichen Badeanstalt

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  • Profilfoto von Peter_Schacher
    Peter_Schacher, 13.02.2016, 18:09 Uhr

    Dieser Familie sollte man beide Liegenschaften enteignen. Aber subito. Was die hier abliefern ist ein Verbrechen an der Einwohnerschaft.

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  • Profilfoto von andrea frank hispeed.ch
    andrea frank hispeed.ch, 25.11.2015, 19:44 Uhr

    Guten Tag . In dieser schweren Zeit gibt es genug Menschen die nur ein Dach über dem Kopf benötigen. Ich lebe seit 10 Jahren in Horw und träume von diesem Haus. Aus der Gastronomie kommend habe ich Herrn Heer bereits angeboten eine familäre soziale Einrichtung dort zu schaffen. Er hat genug Geld und benötigt nur ein Herz. Die Arbeit mache ich gerne. Wäre das nicht ein super Zeichen des Friedens? Vorweihnachtliche Grüsse Andrea Schlierenkämper

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  • Profilfoto von MaLockert
    MaLockert, 20.07.2013, 20:07 Uhr

    Ein wirklich wunderschönes Anwesen!

    Und es scheint ihm so zu gehen wie so oft: trägt es doch die Schwierigkeiten und das Festgefahrene mit und wird Spielball von Themen, die auf ganz anderen Feldern liegen.

    Häufig haben schon systemische Aufstellungen von Häusern oder Orten die dahinter liegenden Verstrickungen der Besitzer aufscheinen lassen und konnten wesentliche Impulse für allseits annehmbare Lösungen freisetzen.

    Es ist dem Besitzer und dem Objekt zu wünschen, dass heilsame Energie neue Lebendigkeit bringt und Freude mehrt. So ein stolzes Haus will doch bewohnt und bewirtschaftet sein!

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  • Profilfoto von Vincent Boillat
    Vincent Boillat, 19.06.2013, 01:46 Uhr

    Wenn ich das Geld dafür hätte, würde ich Herrn Heer ein Angebot unterbreiten. Ich würde da gerne eine Begegnungsstätte mit Seminaren und Tagungen für spirituell interessierte Menschen aufbauen. Das Haus und die Lage ist einzigartig. Es ist weg vom Rummel und doch sehr gut am öV angebunden.

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