Nach Todesfällen in Dierikon

Geht’s jetzt vorwärts mit dem Hochwasserschutz?

In Dierikon wurden durch das Hochwasser Strassen und Trottoirs zerstört.

Die Unwetter vor zwei Wochen hatten verheerende Folgen. Diese waren auch Anlass für Vorstösse im Luzerner Parlament. Die SP verlangte Antworten, warum der Kanton aufgrund von klammen Finanzen nicht mehr Geld investiert. Die Antwort wurde mit Spannung erwartet.  

Das tragische Unwetter-Unglück in Dierikon bewegte die Gemüter im Luzerner Kantonsrat. «Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger sei absolute Kernaufgabe des Staates», heisst es von Seiten der SP-Fraktion. Am Sonntag, 7. Juni trat der Götzenbach über die Ufer. In einer Tiefgarage kamen eine Mutter und ihre Tochter ums Leben, sie wurden von den Wassermassen überrascht (zentral+ berichtete). Zudem verursachte das Unwetter immense Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen. Dies hatte nun in der Juni-Session des Kantonsrates ein politisches Nachspiel, die SP hatte dazu Vorstösse eingereicht.

 «Kann der Kanton Luzern haftbar gemacht werden?»

Peter Fässler, SP Kantonsrat (Kriens)

«Sicherheitsrisiko war bekannt»

Interessant: Die Anfrage der SP richtet vor allem die Frage an den Regierungsrat, ob die klammen Kantonsfinanzen zu Verzögerungen von Schutzmassnahmen geführt haben könnten. Denn ein Projekt zum Hochwasserschutz des Götzentalbachs wurde 2013 gestartet, musste dann aber 2014 im Rahmen von Sparmassnahmen des Kantons Luzern gestoppt werden (zentral+ berichtete). «Es war offenbar vielen Leuten bekannt, dass dieser Bach ein Sicherheitsrisiko darstellt», schreibt SP-Kantonsrat Peter Fässler für seine Fraktion im Vorstoss. Und er hakt nach: «Kann der Kanton Luzern haftbar gemacht werden?».

Zusätzlich forderte die SP mit einer Motion im Kantonsrat, dass der Kanton den heutigen Betrag für den Schutz von Naturgefahren von 18,7 auf 37,4 Millionen Franken verdoppelt. «Es besteht bis 2016 eine Finanzierungslücke für Schutz-Projekte von 73 Millionen Franken», so Fässler. Die Motion wurde allerdings am Montag vom Kantonsrat in der Abstimmung für nicht dringlich erklärt.

Reduktion sämtlicher Risiken nicht möglich

Mit den Antworten des Regierungsrates auf die Anfrage zeigte sich die SP-Fraktion dann am Dienstag grundsätzlich zufrieden. Eine Priorisierung sei schwierig, so der Regierungsrat. Der Hochwasserschutz sei zwar Aufgabe der Kantone. In erster Linie werde dieser durch den Unterhalt der Gewässer und durch raumplanerische Massnahmen gewährleistet.

«Eine Haftung käme nur in Frage, wenn eine Handlungspflicht existiert hätte.»

Luzerner Regierungsrat 

Reiche dies nicht aus, so müssen wasserbauliche Massnahmen wie Verbauungen, Eindämmungen oder Korrektionen getroffen werden. «Eine Reduktion sämtlicher durch Naturgefahren und namentlich durch Hochwasser bedingter Risiken ist nicht möglich. Auch sind konkrete Hochwasserereignisse wie jenes vom 7. Juni 2015 nicht vorhersehbar», antwortet der Luzerner Regierungsrat. 

Kosten-Nutzen-Verhältnis entscheidend

Allerdings spielen die Kosten bei solchen Entscheidungen schon eine wesentliche Rolle. Zur Einschätzung von Gefahren erstellt der Kanton zusammen mit den Gemeinden sogenannte «Gefahrenkarten». Das heisst, sie scheiden Risiko-Zonen aus und erlassen die erforderlichen Nutzungsvorschriften.

«Die Massnahmen sind mit den öffentlichen Mitteln in Übereinstimmung zu bringen.» 

Luzerner Regierungsrat

Die Massnahmen für gefährdete Gebiete seien unter Berücksichtigung des «Kosten-Nutzen-Verhältnisses und der Verhältnismässigkeit» zu priorisieren und mit den zur Verfügung stehenden öffentlichen Mitteln in Übereinstimmung zu bringen, so der Regierungsrat.

Die aktuelle Liste mit den Schutz-Projekten, die «Priorisierung», wurde im Kanton Luzern mit den Planungsberichten über den Schutz vor Naturgefahren in den Jahren 2009–2013 sowie 2014–2016 aufgezeigt. «Eine Haftung des Kantons in einem Schadensfall käme nur in Frage, wenn ihm eine konkrete Handlungspflicht obliegen hätte. Eine entsprechende konkrete Handlungspflicht ist bei unvorhersehbaren Naturereignissen jedoch in der Regel nicht gegeben.»

Keinen Einfluss auf Sanierung

Was wird nun am Götzenbach passieren? Aus aktueller Sicht habe das Unwetter vom 7. Juni keinen Einfluss auf das eigentliche Sanierungsprojekt im Siedlungsgebiet von Dierikon, schreibt der Regierungsrat weiter. «Hingegen wird der Projektperimeter über den Weiher oberstrom der Bäckerei Brunner hinaus erweitert, bis unterhalb der Querung der Kantonsstrasse im Götzental.» Ob deswegen zusätzliche Kosten entstehen werden, könne zurzeit noch nicht beurteilt werden.

Schliesslich wollte Peter Fässler noch in Erfahrung bringen, welche Projekte, die aufgrund der finanziell angespannten Situation hinausgezögert werden müssen, ähnliche oder noch grössere Schäden an Personen und Gebäuden verursachen könnten. Die Antwort der Regierung: «Schäden durch Hochwasser entstehen unabhängig davon, ob ein zu sanierendes Fliessgewässer auf einer Projekt- oder einer priorisierten Projektliste steht. Davon betroffen sind über 1’300 Hektaren Siedlungsfläche.» Ein Schutz vor noch intensiveren Schadenereignissen bestehe grundsätzlich nicht und werde unter Berücksichtigung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses der Schutzmassnahmen auch nicht angestrebt. 

Peter Fässler und die SP-Fraktion nahmen die Antworten des Regierungsrates in dieser Form hin. «Wir sind zufrieden mit den Ausführungen. Trotzdem möchten wir darauf hinweisen und festhalten, dass die Kantonsfinanzen einen Einfluss auf solche Projekte hat.» 

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